„Panama Papers“

Briefkästen am Ende der Welt

In den "Panama Papers" stehen viele Namen von Politikern und Prominenten – ob sie gegen Gesetze verstoßen haben, ist unklar.  

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Ein gewaltiges Datenleck bei der Kanzlei Mossack Fonseca aus Panama hat diverse internationale Politiker und Prominente mit Offshorefirmen – sogenannten Briefkastenfirmen – in Verbindung gebracht. An sich ist es durchaus legal, Vermögen in solchen Unternehmen zu haben – solange es ordnungsgemäß versteuert wird. Ein Überblick zur Affäre.

Was sind die "Panama Papers"?
Ein anonymer Informant hat der Süddeutschen Zeitung 11,5 Millionen interne Dokumente der Kanzlei Mossack Fonseca mit Sitz in Panama übermittelt. Sie enthalten Angaben zu 215 000 Briefkastenfirmen, welche die Kanzlei für Kunden seit 1977 weltweit in Steueroasen eingerichtet hat.

Was sind Briefkastenfirmen?
Briefkastenfirmen werden oft in Steueroasen gegründet. Es sind Unternehmen, die an dem entsprechenden Sitz nur mit einem Briefkasten vertreten sind. Häufig befinden sich dort auch keine Geschäftsleitung oder Mitarbeiter, sondern das Unternehmen wird – wie im Falle von Mossack Fonseca – von einer Finanzkanzlei vertreten. Die Konstruktion mit einem Strohmann kann dazu genutzt werden, die Herkunft der Gelder zu verschleiern. Der Inhaber der Firma kann dann über das Vermögen verfügen, indem er beispielsweise Kreditkarten der Scheinfirma nutzt. Nach außen hin tritt der Inhaber der Firma nicht in Erscheinung. Standorte für Briefkastenfirmen finden sich auch in den USA oder Europa – etwa in Liechtenstein, Zypern und Andorra. Allerdings wurde die Gesetzgebung in Europa in den vergangenen Jahren verschärft.

Wer sind die Kunden von
Mossack Fonseca?

Geschäftsleute aus aller Welt. In den Unterlagen der Kanzlei tauchen aber auch die Namen von 140 Politikern – darunter zwölf aktive oder frühere Staatsoberhäupter – oder ihrer Familienmitglieder sowie Vertrauter – auf. Auch prominente Künstler und Sportler nahmen demnach die Dienste der Kanzlei in Anspruch, darunter Fußballer Lionel Messi (Seite 13). Nach einem weiteren Bericht der Süddeutschen Zeitung (Dienstag) sollen mehrere tausend Deutsche Briefkastenfirmen der Kanzlei in Panama genutzt haben. Deutsche Banken hätten bei dem Offshore-Dienstleister mehr als 1200 Briefkastenfirmen gegründet oder diese für ihre Kunden verwaltet.

Wurde gegen Gesetze verstoßen?
Viele deutsche Großunternehmen besitzen Briefkastenfirmen, um etwa auf legale Weise Steuern zu sparen. Sie sind für Unternehmen ein Weg, von niedrigen Steuern in einem Land zu profitieren, ohne dafür große Niederlassungen aufbauen zu müssen. Nicht selten werden damit aber auch Geldtransfers verschleiert. Wenn Privatleute dem Finanzamt Kapitalerträge verschweigen oder Geld waschen, ist dies strafbar. Ob die "Panama Papers" illegale Geschäfte enthüllen, müssen nun Ermittlungsbehörden klären. Nicht jeder, dessen Name damit in Verbindung gebracht wird, muss gegen Gesetze verstoßen haben. Es gilt die Unschuldsvermutung.

Worin besteht die Brisanz
der Enthüllungen?

Vor allem in der Prominenz der Namen, die in den "Panama Papers" auftauchen. Hunderte Politiker, Künstler und Prominente müssen sich nun teils unangenehme Fragen zu ihren Finanzgeschäften gefallen lassen. In Island könnten die "Panama Papiere" zu ersten politischen Konsequenzen führen: Ministerpräsident David Gunnlaugsson soll mit seiner Frau auf den Britischen Jungferninseln Millionen Dollar hinterzogen haben. Er bestritt am Montag illegales Handeln und lehnte einen Rücktritt ab. Die Opposition will einen Misstrauensantrag stellen. Auch Verwandte der ranghöchsten Mitglieder der Kommunistischen Partei Chinas verstecken den "Panama Papers" zufolge ihr Vermögen mit Hilfe von Briefkastenfirmen. Demnach gibt es Verbindungen zu mindestens acht amtierenden oder ehemaligen Mitgliedern des Ständigen Ausschusses des Politbüros, dem wichtigsten Gremium der Kommunistischen Partei. Genannt wird unter anderem der Schwager von Präsident Xi Jinping, Deng Jiagui. Auch mehr als 500 Banken oder deren Töchter sollen den Recherchen zufolge über die panamaische Kanzlei Mossack Fonseca für ihre Kunden Briefkastenfirmen in Steueroasen registriert haben lassen – darunter auch die Deutsche Bank.

Was tut die Politik
gegen illegale Geschäfte
in Steueroasen?

Die internationale Politik hat seit Jahren erkannt, dass mit Briefkastenfirmen Geld am Fiskus vorbei geschleust wird. Die großen Industrie- und Schwellenländer (G 20) beschlossen Maßnahmen um künftig zu verhindern, dass Unternehmen Gewinne ins Ausland verlagern. Vor allem multinationale Konzerne wie Apple, Ikea und Google sorgten dafür, dass ihre Gewinne in Niedrigsteuerländern anfielen, obwohl sie dort vergleichsweise wenig Umsatz machten. Dazu gründeten sie Briefkastenfirmen. Dies wird mit dem OECD-Aktionsplan verhindert, den die G-20-Staatschefs im Herbst 2015 verabschiedeten. Künftig sollen Firmengewinne dort versteuert werden, wo sie anfallen. Die Staaten sind sich einig, dass es künftig nicht mehr so leicht sein soll, etwa mit Hilfe von Lizenzgebühren Gewinne zu verschieben. Aus Sicht der OECD verlieren damit Briefkastenfirmen an Bedeutung.

Reichen die Maßnahmen aus?
Wenn der Gesetzgeber ein Steuerschlupfloch schließt, tun sich sofort neue auf. Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) kündigte an, dass er vor der Frühjahrstagung des Internationalen Währungsfonds (IWF) Mitte April weitere Maßnahmen gegen Steuerbetrug und Geldwäsche vorstellen will. Die Bundesregierung verfolgt seit Jahren den Ansatz, die Zusammenarbeit der Länder untereinander zu verstärken. "Wir brauchen mehr Transparenz", sagte der Sprecher des Finanzministeriums. Es soll versucht werden, Staaten wie Panama stärker in die Pflicht zu nehmen. Dieses Vorgehen war in der Vergangenheit im Umgang mit der Schweiz und Liechtenstein erfolgreich. Die G 20 drohte seinerzeit Steueroasen an, sie auf eine "schwarze Liste" zu setzen. Das zeigte Wirkung.

Inwiefern ist die EU
aktiv geworden?

Der Sprecher von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble hat Recht, wenn er sagt, dass auf dem Weg zu mehr Steuergerechtigkeit "in drei Jahren mehr passiert ist als in den 30 Jahren zuvor". Nach langer Blockade durch Österreich und Luxemburg hat die Europäische Union zum Beispiel 2014 das Ende des Bankgeheimnisses für Steuerausländer beschlossen. Geldinstitute müssen nun automatisch Kontobewegungen an die Finanzämter in den Heimatstaaten ihrer Kunden melden – damit haben diese viel größere Möglichkeiten, Steuerhinterziehern auf die Schliche zu kommen. Gleichzeitig schließt die EU entsprechende Informationsaustauschabkommen etwa mit der Schweiz oder Liechtenstein ab. Auch die Anti-Geldwäsche-Richtlinie der Gemeinschaft ist erst kürzlich auf Vordermann gebracht worden. Der öffentliche Druck nach der ersten großen Enthüllung namens Offshore-Leaks im Frühjahr 2013 hat ebenso dazu beigetragen wie die Tatsache, dass die USA inzwischen schärfer gegen eigene Steuerhinterzieher vorgehen und dabei auch Druck etwa auf die Schweiz oder Luxemburg ausgeübt haben.

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