Deutschland

"Bitterer Tag für München" - Asylbewerber fährt in Verdi-Demo

Ein Autofahrer fährt in einen Demonstrationszug, mindestens 28 Menschen werden zum Teil schwerst verletzt. Bayerns Ministerpräsident spricht von einem "schweren Anschlag".  

Mail

Wir benötigen Ihre Zustimmung um BotTalk anzuzeigen

Unter Umständen sammelt BotTalk personenbezogene Daten für eigene Zwecke und verarbeitet diese in einem Land mit nach EU-Standards nicht ausreichenden Datenschutzniveau.

Durch Klick auf "Akzeptieren" geben Sie Ihre Einwilligung für die Datenübermittlung, die Sie jederzeit über Cookie-Einstellungen widerrufen können.

Akzeptieren
Mehr Informationen
In der Münchner Innenstadt ist ein Aut...indestens 28 Menschen wurden verletzt.  | Foto: Alexa Gräf (dpa)
In der Münchner Innenstadt ist ein Autofahrer in eine Menschengruppe gefahren. Mindestens 28 Menschen wurden verletzt. Foto: Alexa Gräf (dpa)

Die Seidlstraße in der Münchner Innenstadt ist übersät von Trümmern und Kleidungsstücken. Dort, wo kurz vorher noch Mitglieder der Gewerkschaft Verdi für mehr Geld im öffentlichen Dienst demonstrierten, herrschen Schock und Entsetzen.

"In München hat sich ein schwerer Anschlag ereignet", schreibt Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) auf der Plattform X, nachdem er zuvor den Ort der Tat mit mehr als zwei Dutzend Verletzten besucht hatte. Die bayerische Zentralstelle für Extremismus und Terrorismus übernahm die Ermittlungen. Die Tat ereignete sich inmitten des Wahlkampfendspurts zur Bundestagswahl.

Der Vizepräsident des Münchner Polizeipräsidiums, Christian Huber, schildert den Vorfall so: Gegen 10.30 Uhr fährt ein 24 Jahre alter Asylbewerber aus Afghanistan mit seinem Auto hinter der Demo her, überholt einen Polizeiwagen zur Absicherung der Gruppe, beschleunigt - und fährt in das Ende des Demonstrationszuges, zu dem mehrere Menschen ihre Kinder mitgebracht haben. Die Polizei schießt in Richtung des Verdächtigen und nimmt ihn fest.

Der junge Afghane war nach Worten von Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) ein abgelehnter Asylbewerber. Gleichzeitig sei festgestellt worden, "dass er eben im Moment nicht abgeschoben werden kann und er deshalb sich weiter in unserem Land aufhalten durfte".

Politiker forderten nach der Tat ein hartes Durchgreifen. Bundeskanzler Olaf Scholz sagte: "Dieser Täter kann nicht auf irgendeine Nachsicht rechnen. Er muss bestraft werden, und er muss das Land verlassen", sagte der SPD-Politiker vor einem Wahlkampf-Auftritt in Fürth. Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) mahnte: "Der Rechtsstaat muss maximale Härte zeigen." AfD-Chefin Alice Weidel forderte eine "Migrationswende". Grünen-Kanzlerkandidat Habeck (Grüne) zeigt sich auf X "entsetzt angesichts dieser sinnlosen Tat".

Bayerns Ministerpräsident Markus Söder am Tatort in der Münchner Innenstadt.  | Foto: Christoph Trost (dpa)
Bayerns Ministerpräsident Markus Söder am Tatort in der Münchner Innenstadt. Foto: Christoph Trost (dpa)

"Ein bitterer Tag für München"

28 Menschen werden bei der Tat verletzt, einige von ihnen so schwer, dass Söder davon spricht, sie ringen womöglich mit dem Tod. Landesinnenminister Herrmann spricht von ein bis zwei lebensgefährlich Verletzten. Die Opfer werden in Münchner Krankenhäusern behandelt - auch in der Kinderklinik, denn unter ihnen sind laut Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) auch Kinder.

"Ein bitterer Tag für München", sagt Oberbürgermeister Reiter am Tatort. "Es schmerzt einfach", sagt Söder. "Im Januar ein Ereignis wie in Aschaffenburg und jetzt hier in München - es reicht einfach."

Schon kurz nach der erschütternden Tat ist klar: Der mutmaßliche Täter war - wie auch der Verdächtige der Bluttat von Aschaffenburg mit zwei Toten - Asylbewerber und polizeibekannt. Der 24-Jährige war laut Herrmann wegen Ladendiebstahls und Betäubungsmittelverstößen aufgefallen.

"Wir reagieren bei jedem solchen Anschlag besonnen, aber ich sage Ihnen auch, dass unsere Entschlossenheit wächst. Es ist nicht der erste Fall, und wer weiß, was noch passiert", sagt Söder am Ort des Geschehens. Neben der Aufarbeitung des Einzelfalls und der Anteilnahme müsse der Vorfall Konsequenzen nach sich ziehen. "Wir können nicht von Anschlag zu Anschlag gehen und Betroffenheit zeigen (...), sondern müssen auch tatsächlich etwas ändern."

Vorfall kurz vor der Sicherheitskonferenz

Ob die Tat Auswirkungen hat auf die am Freitag nur rund zwei Kilometer vom Tatort beginnende Münchner Sicherheitskonferenz, war zunächst unklar. Mehr als 60 Staats- und Regierungschefs und mehr als 100 Minister werden zu dem weltweit wichtigsten sicherheitspolitischen Expertentreffen erwartet - darunter US-Vizepräsident J.D. Vance, der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj und Bundeskanzler Scholz.

Es gebe keinen Hinweis darauf, "dass es irgendeinen Zusammenhang mit der Sicherheitskonferenz gibt", sagt Innenminister Herrmann nach der Tat. Das Motiv des jungen Mannes sei noch unklar. "Im Moment gehen wir in der Tat davon aus, dass die Zielgruppe hier, dass die Opfer aus den Reihen dieser Verdi-Demonstration eher zufällig waren", sagt Herrmann. "Aber auch dem muss natürlich nachgegangen werden."

Weitere Informationen folgen.

Schlagworte: Joachim Herrmann, Markus Söder, Olaf Scholz
PDF-Version herunterladen Fehler melden

Artikel verlinken

Wenn Sie auf diesen Artikel von badische-zeitung.de verlinken möchten, können Sie einfach und kostenlos folgenden HTML-Code in Ihre Internetseite einbinden:

© 2025 Badische Zeitung. Keine Gewähr für die Richtigkeit der Angaben.
Bitte beachten Sie auch folgende Nutzungshinweise, die Datenschutzerklärung und das Impressum.

Kommentare (23)

Heinrich Franzen

12470 seit 24. Feb 2010

@ Herr Huber, wir leben nicht dummerweise, sondern entschiedener - und glücklicherweise in einem Rechtsstaat. Allerdings verkommt der mehr und mehr zu einem Gesetzesstaat, der sich in seinen Uraufgaben selbst lähmt, in dem er Gebotenes verhindert. Das Völkerrecht erlaubt Internierung, warum das innerstaatliche nicht?
Internierung muß nicht dem folgen, was die USA und auch Dänemark praktizier(t)en, sondern Recht beachtendes Gewahrsam, bis die Gefahr, bzw. die Notwendigkeit, sich davor zu schützen, beseitigt ist.
In der Seemannschaft ist Gebot, eine Hand für sich, die andere fürs Schiff. Wer dagegen verstößt, auch als Staat, läuft Gefahr unterzugehen.

Wolfgang Werner

968 seit 24. Dez 2020

Herr Handel, die Zurückweisung von Asylbewerbern ist nach Meinung von Völkerrechtlern lediglich mit einer gewissen Rechtsunsicherheit behaftet, da es europarechtlich grundsätzlich zur Abwehr einer nationalen Notsituation zulässig ist. Strittig ist jetzt nur, ob die deutsche Behandlung von Asylbewerbern, die diesen Personenkreis besser stellt als fast alle anderen europäischen Staaten und damit nach wie vor eine starke Anziehungskraft hat, eine solche Notsituation wahrscheinlich werden läßt. Das Problem ist ja etwas hausgemacht. Aber ohne dies in Angriff zu nehmen, wird man es nie erfahren und unsere Politiker/innen, Menschenrechtsorganisationen und Völkerrechtler können sich bis in alle Ewigkeit ihre unterschiedlichen Standpunkte um die Ohren hauen, dieweil sich die AfD über weiteren Zulauf freuen kann.

Weitere Artikel