Sinnloses Rasen
Bewährungsstrafe nach tödlichem Autorennen in Pforzheim
Wird schon nix passieren - oder? Eine Spritztour mit einem schnellen Wagen endet in einer Katastrophe. Ein Unbeteiligter stirbt. Das Gericht fällt ein eher mildes Urteil gegen einen 21-Jährigen.
Anika von Greve-Dierfeld & dpa
Do, 10. Apr 2025, 14:47 Uhr
Südwest
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Nur kurz mal das schnelle Auto testen, unbekümmert und gedankenlos rasant beschleunigen und über die Bundesstraße stadteinwärts rasen - das endet im Januar vergangenen Jahres in einer Katastrophe. Weil er bei einem verbotenen Autorennen in Pforzheim einen unbeteiligten Autofahrer totfuhr, ist ein 21-Jähriger zu einer Jugendstrafe von zwei Jahren verurteilt worden. Die Vorsitzende Richterin am Amtsgericht Pforzheim erkannte auf fahrlässige Tötung, setzte die Strafe jedoch zur Bewährung aus. Der junge Mann sei nicht vorbestraft gewesen, habe sich vor dem verhängnisvollen Geschehen nie etwas zuschulden kommen lassen und eine sehr günstige Sozialprognose, sagte sie in der Urteilsbegründung.
Angeklagter bietet Entschuldigung an
Der 21-Jährige hatte in seinem letzten Wort der Familie des Opfers, das eine Frau und fünf minderjährige Kinder hinterlässt, erneut eine Entschuldigung angeboten, "auch wenn das nichts ändert", sagte er. Die Familie nahm das Angebot zunächst nicht an. Die Richterin hielt dies dem bedrückt und in sich gekehrt wirkenden Mann jedoch zugute. Er leide sichtlich unter dem Geschehenen, sagte sie. Da er durch die Trennung seiner Eltern sowie schulische Turbulenzen in seiner Entwicklung verzögert sei, sei eine Jugendstrafe angemessen.
Der Mann war zum Zeitpunkt des Unfalls erst 20 Jahre und galt damit als Heranwachsender. Die Verhandlung war daher vor dem Jugendschöffengericht geführt worden. Eine Verurteilung nach Erwachsenenstrafrecht wäre ebenfalls möglich gewesen.
Die Richterin hob aber die hohe Fahrlässigkeit und auch Schwere der Schuld hervor. Der Mann habe ein geliehenes, ihm völlig unbekanntes und sehr schnelles Auto bestiegen. Dann raste er los, im innerstädtischen Feierabendverkehr, in der Dämmerung, auf feuchter Straße. "Das war grob verkehrswidrig", sagte sie. Der Führerschein werde einbehalten und mit einer Sperre von 24 Monaten belegt.
Staatsanwältin und Nebenklage forderten Haftstrafen
Die Staatsanwältin hatte zuvor zwei Jahre Haft für den Angeklagten gefordert. Er habe zwar ohne Vorsatz, aber in hohem Maße fahrlässig gehandelt, sagte sie. Kurz vor dem tödlichen Unfall habe er weiter beschleunigt - obwohl das Auto wegen der überhöhten Geschwindigkeit bereits ins Rutschen geraten war. Eine Jugendstrafe hatte sie für den Mann nicht in Betracht gezogen. Der Anwalt der Nebenklage forderte eine Haftstrafe von drei Jahren.
Der Verteidiger hatte auf eine Jugendstrafe von einem Jahr und zehn Monaten plädiert. Sie solle zur Bewährung ausgesetzt werden, hatte er gesagt. Ob er Rechtsmittel gegen das Urteil einlegen will, ließ er noch offen. Stellvertretend für seinen Mandanten bat er die Familie des Opfers um Vergebung.
Bei dem Unfall war der Deutsche zusammen mit einem Beifahrer fast doppelt so schnell über die Bundesstraße gerast, wie dort erlaubt war. Er prallte frontal in das Auto eines 42-Jährigen, den keine Schuld traf. Durch die Wucht des Aufpralls wurde der Fahrersitz auf die Rückbank seines vollkommen zerstörten Wagens geschoben. Für ihn kam jede Hilfe zu spät. Der Angeklagte und sein Beifahrer waren hingegen nur leicht verletzt worden.
Familie des Opfers im Gerichtssaal
Die Familie des Opfers war mit im Gerichtssaal. Der 42-Jährige sei Alleinverdiener gewesen und die Familie habe seit seinem Tod mit finanziellen Problemen zu kämpfen, war während der Verhandlung deutlich geworden. An der Unfallstelle stehen noch immer ein Grablicht und ein steinerner Engel.
Illegale Autorennen gelten seit 2017 als Straftat, kommen aber immer wieder vor. Nach früheren Angaben des Innenministeriums registrierte die Polizei im Südwesten im Jahr 2024 fast 400 solcher Rennen. Neben klassischen Autorennen mit mehreren Beteiligten sind, wie in dem nun in Pforzheim verhandelten Fall, auch sogenannte Allein- beziehungsweise Einzelrennen strafbar.
Erst im März hatte ein mutmaßliches verbotenes Autorennen mit mehreren Beteiligten in Ludwigsburg für Entsetzen gesorgt. Dabei waren zwei unbeteiligte junge Frauen gestorben, die in ihrem Wagen unterwegs gewesen und in das Rennen geraten waren.