Afrika
Bauern leiden unter Preissturz am Kakaomarkt
Die bittere Seite der Schokolade: Bauern aus der Elfenbeinküste erhalten deutlich weniger für den Stoff, aus dem die Schokoosterhasen gemacht sind. Eine Kampagne soll dies ändern.
Tanja Tricarico
Di, 11. Apr 2017, 0:00 Uhr
Wirtschaft
Wir benötigen Ihre Zustimmung um BotTalk anzuzeigen
Unter Umständen sammelt BotTalk personenbezogene Daten für eigene Zwecke und verarbeitet diese in einem Land mit nach EU-Standards nicht ausreichenden Datenschutzniveau.
Durch Klick auf "Akzeptieren" geben Sie Ihre Einwilligung für die Datenübermittlung, die Sie jederzeit über Cookie-Einstellungen widerrufen können.
AkzeptierenMehr Informationen
In diesen Tagen sind die Regale in den Supermärkten voll von Schokohasen, Schokoeiern, Pralinen, die zum Osterfest verschenkt werden. Für wenige Euro sind die Süßigkeiten zu haben. Bis die bunt verpackten süßen Hasen, Eier und Küken in den Läden ausliegen, hat der Rohstoff der Schokolade, der Kakao, eine weite Reise hinter sich gebracht.
Rund 60 Prozent der Kakaobohnen, die in Deutschland verkaufter Schokolade stecken, kommen aus der Elfenbeinküste. Tausende Bauern leben von der Ernte der Pflanzen in dem rund 5000 Kilometer entfernten westafrikanischen Land. Die ivorische Regierung zahlt ihnen einen Mindestpreis, den der Conseil Café Cacao – eine Art staatlicher Vermarktungsplattform – benennt.
Für den europäischen Markt sind besonders die an der Terminbörse in London gehandelten Preise für Rohkakao wichtig. "Dank spekulativen Handels ist der Preis seit 2013 stark gestiegen", sagt Andreas Christiansen, Vorsitzender des Verbands der am Rohkakaohandel beteiligten Firmen. Unter anderem hohe Ernteverluste, bedingt durch das Klimaphänomen El Nino, bewogen Hedgefonds und andere Finanzmarktakteure, auf steigende Preise zu spekulieren. Solche Geschäfte können die Preisentwicklung nach oben oder nach unten verstärken.
Andererseits bieten sie die Möglichkeit für Händler, sich gegen Preisschwankungen abzusichern. Für die Lieferung in einem Jahr kann so schon jetzt der Preis festgesetzt werden. "Wenn Sie heute Ihr Osterei essen wollen, dann hat die Schokoladenindustrie bereits im vergangenen Jahr, die Preissicherung für das Osterei zu diesem Jahr gemacht", sagt Christiansen. Mittlerweile ist wieder mehr Ware auf dem Markt und der Preis fällt. Die ivorische Regierung hat nun auf diese Entwicklung reagiert. Seit 1. April bekommen die Bauern 30 Prozent weniger für ein Kilo Kakaobohnen.
Evelyn Bahn von der Kampagne "Make Chocolate fair" hat der enorme Preissturz beim Kakao aus der Elfenbeinküste nicht überrascht. "Die Unternehmen haben in den vergangenen Jahren sehr stark darauf gesetzt, dass die Kakaobauern höhere Ernteerträge erzielen", sagt die Entwicklungsexpertin. Was gut für die Schokoladenindustrie sei, hätte die Bauern jedoch nicht aus ihren ärmlichen Lebensverhältnissen befreit. Die Bauern haben zwar mehr produziert, doch sie verdienen letztlich weniger.
Laut Bahn stehen Kakaobauernfamilien pro Tag zwischen 50 und 80 Cent zur Verfügung – das ist deutlich weniger als ein Schokohase bei uns kostet. "Um aus der absoluten Armut herauszukommen, müssten sie mindestens viermal so viel verdienen", sagt Bahn. Teurer müssten Schokohasen und Pralinen hierzulande aber nicht werden. Nur ein geringer Teil des Verkaufspreises landet bei den Bauern. Den größten Anteil haben die Industrie und der Lebensmittelhandel. Für Bahn ist klar: Der Wert, der in einer Tafel Schokolade steckt, muss gerechter verteilt werden.
Die Elfenbeinküste ist der weltgrößte Kakaoproduzent. Auch in Ghana, Kamerun oder Nigeria wird die Pflanze angebaut. Nur ein kleiner Teil kommt heute aus Lateinamerika. Es ist billiger, den Kakao in Afrika einzukaufen. 5,5 Millionen Kakaobauern weltweit leben von der Ernte. Der Anbau ist harte Arbeit, der Verdienst gering. Viele Kinder müssen auf den Feldern mithelfen, der Arbeitsschutz ist dürftig. Viele junge Erwachsene in den afrikanischen Staaten zieht es heute eher in die Städte als auf die Plantagen.
Mit Sorge blickt die Industrie auf diese Entwicklung. In den nächsten Jahren wollen die Unternehmen fünf Millionen Euro in Farmprojekte in der Elfenbeinküste investieren. "Nichts ist schlimmer für einen Markenartikler, wenn er ohne Rohware dasteht", sagt Christiansen. Es geht um mehr Nachhaltigkeit beim Anbau, um Bildungsprojekte. Die westafrikanischen Regierungen gehen verstärkt gegen schädliche Kinderarbeit vor. Sklavenarbeit, der Umgang mit Giftspritzen und Macheten werden nicht toleriert, sagt Christiansen. Die Industrie könne sich solche Vorfälle nicht leisten. Der Verbraucher will heute viel stärker wissen, unter welchen Umständen die Produkte, die er kauft, auch hergestellt wurden.
Um die Bauern zu unterstützen, hat die Bundesregierung das Forum Nachhaltiger Kakao gemeinsam mit Verbänden, Unternehmen und Nichtregierungsorganisationen initiiert. Die Mitglieder verpflichten sich, für mehr Transparenz und bessere Arbeits- und Umweltbedingungen entlang der Lieferkette zu sorgen. Aber: "Allein mit der Zertifizierung des Kakaos werden die Bauern nicht aus der Armut kommen", sagt Entwicklungsexpertin Bahn. Sie werden zwar geschult, ihre Felder besser zu bewirtschaften. Doch durch die Prämie, die die Bauern über die Zertifizierung bekommen, steigt ihr Einkommen nur um zehn Prozent.