Bildungspolitik
Baden-Württemberg stockt Lehrerstellen auf – und erntet Kritik
Mehr Lehrer braucht das Land, vor allem weil die Schülerzahlen stark steigen. Trotzdem ist kaum Geld da. Nun gibt es eine Lösung - mit der nicht alle zufrieden sind.
Nico Pointner & dpa
Fr, 22. Nov 2024, 22:15 Uhr
Südwest
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Die 300 Lehrkräfte sollen vorwiegend an den Grundschulen im Land, aber auch an den sonderpädagogischen Bildungs- und Beratungszentren (SBBZ) und den Gymnasien eingesetzt werden. Insgesamt kosteten die zusätzlichen Stellen 27 Millionen Euro, so Rösler.
Immer mehr Schüler Das Kultusministerium hatte zusätzliche Lehrerstellen bereits zu Beginn der Haushaltsverhandlungen mit Blick auf die demografische Entwicklung gefordert. Allein in den nächsten beiden Jahren werden laut Statistischem Landesamt 28.000 zusätzliche Schülerinnen und Schüler an den allgemeinbildenden Schulen im Südwesten erwartet. Im Haushaltsentwurf der Regierung von Winfried Kretschmann (Grüne) waren zunächst aber überhaupt keine zusätzlichen Stellen vorgesehen. Erst in der letzten Sitzung der Haushaltskommission kam das Thema wieder auf den Tisch, weil das Statistische Landesamt 28 000 zusätzliche Schülerinnen und Schüler prognostiziert. Die CDU hatte sich verärgert gezeigt, dass die Grünen so kurz vor der Ziellinie über Lehrerstellen verhandeln wollen.
Die Bildungsgewerkschaft GEW freut sich nicht über das Stellenplus, sondern rechnet mit steigendem Unterrichtsausfall trotz der Aufstockung. Es brauche nicht 300, sondern 990 zusätzliche Lehrerstellen. Zudem gingen die zusätzlichen Stellen nun auf Kosten des Förderprogramms Rückenwind. "Das ist peinlich und eine Zumutung für die 1,5 Millionen Schüler*innen, Eltern und Lehrkräfte, die im nächsten Schuljahr noch mehr jonglieren müssen", sagte die GEW-Landesvorsitzende Monika Stein. Die GEW forderte in dem Kontext auch eine Reform der Schuldenbremse, um mehr Ausgaben in die Bildung zu ermöglichen.
Einige Bildungsverbände hatten zuletzt sogar mindestens zusätzliche 1.500 Vollzeit-Deputate im Südwesten im Doppelhaushalt gefordert, um den Bedarf zu decken. Ministerpräsident Kretschmann selbst sprach von einem Mehrbedarf von 990 Deputaten.
In der Tat ist die geplante Aufstockung verhältnismäßig überschaubar. Laut Ministerium gibt es rund 120 000 Lehrerinnen und Lehrer an öffentlichen Schulen im Land - da wirken 300 zusätzliche Stellen verhältnismäßig gering.
Auch der Verband Bildung und Erziehung (VBE) ist erbost, dass man Mittel aus dem Förderprogramm abzieht. "Da beißt sich die Katze doch in den Schwanz! So richtig es ist, an den Schulen neue Stellen zu schaffen, so unsinnig ist es, ihnen dafür im Gegenzug die Fördermittel zusammenzustreichen", kritisierte Landeschef Gerhard Brand. Das Rückenwind-Programm habe sich in den letzten Jahren als feste Stütze an den Schulen etabliert. Man verhindere mit der Kürzung dort die wichtige Aufbauarbeit nach Corona - und eine gezielte Förderung der Schüler auch abseits des reinen Fachwissens.
Das Programm "Lernen mit Rückenwind" läuft seit November 2021. Damit soll Kindern und Jugendlichen geholfen werden, Corona-Folgen und Lernlücken zu bewältigen. Arbeitslose Lehrer, Pensionäre, Lehrkräfte in Elternzeit oder beurlaubte Pädagogen werden ebenso eingesetzt wie Lehramtsstudierende, Sozialpädagogen und Erzieherinnen.
Die FDP vergleicht die Landesregierung in dem Kontext gar mit einem fiesen Weihnachtsmann, der ein Geschenk bringe und dafür drei andere wegnehme. Grün-Schwarz täusche Lehrer und Schüler, sagte der bildungspolitische Sprecher der Fraktion, Timm Kern: "Ein bisschen mehr Lehrkräftestellen auf Kosten der Sprachförderung, der Gesundheit der Lehrkräfte und der Krankheitsvertretung." Mit einem Entschließungsantrag wollen die Liberalen den echten Lehrkräftebedarf ermitteln und darauf drängen, dass dieser im Haushalt verankert wird.
Das Haus von Theresa Schopper allerdings wehrt sich gegen die Kritik. Die Unterrichtsversorgung habe höchste Priorität, mit dem Stellenzuwachs werde sich diese strukturell verbessern. Und bei einem Gesamtfördervolumen für das Rückenwind-Programm von ursprünglich 60 Millionen Euro im Jahr werde das Programm weiterlaufen, nur in einem etwas geringeren Umfang - eben mit 7,5 Millionen Euro weniger jährlich.
Einigung auf Deckungskonzept für Milliardenlücke Derzeit arbeitet der Landtag noch am Haushaltsentwurf für die Jahre 2025 und 2026. Die Verabschiedung des Haushalts ist laut Finanzministerium für den 18. Dezember vorgesehen. Baden-Württemberg muss der jüngsten Steuerschätzung zufolge in den beiden Jahren insgesamt mit 1,85 Milliarden Euro weniger auskommen als ursprünglich gedacht. Laut Rösler haben sich Grüne und CDU zwischenzeitlich auf ein Deckungskonzept geeinigt. Das beinhalte unter anderem die Nutzung einer im Haushaltsentwurf eingeplanten Reserve und die Kürzung von Geldern für den Pensionsfonds des Landes.
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