Leverkusen - SCF 1:0

Aus kraftlos wird mutlos

Der SC Freiburg ist beim 0:1 in Leverkusen nicht in der Lage, offensive Akzente zu setzen / Felix Klaus muss mit Sprunggelenksproblemen ausgewechselt werden.  

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LEVERKUSEN. Die innere Zerrissenheit ist Christian Streich anzusehen. Sein Blick ist leer. Der Trainer des SC Freiburg weiß nicht so recht, wie er mit der 0:1-Niederlage bei Bayer Leverkusen umgehen soll. "Eigentlich", sagt Streich, "muss ich zufrieden sein. Ich bin es aber nicht." Er kann es nicht sein. Wer bei einem Spitzenteam der Bundesliga nur einen Gegentreffer kassiert, hat defensiv ordentlich agiert. Um zu punkten, muss man aber mehr bieten als das. Dazu waren die Breisgauer nicht in der Lage.

Das vermeintliche Hauptproblem hatte der Sportclub gelöst, mehr als 53 Prozent der Zweikämpfe gewonnen. Keine Selbstverständlichkeit gegen körperlich robuste Kontrahenten wie Simon Rolfes, Lars Bender und Co. Auch die defensive Organisation stimmte. Gegen die nachweislich hochwertige Bayer-Offensive mit den Rasanzspezialisten Son und Bellarabi ließen die Gäste nur vier, fünf Chancen zu. Eine akzeptable Bilanz. Die Leverkusener taten sich schwer. "Das Spiel hätte einen anderen Charakter gehabt, wenn uns Freiburg mehr Räume gegeben hätte", mutmaßte Rolfes: "Aber die haben das so durchgezogen."

Darüber hinaus war es schwierig, Vorzüge des SC-Auftritts zu identifizieren. "Wir wollten mutig sein", beteuert Torhüter Roman Bürki, muss aber resigniert einräumen: "Wir waren nicht mutig." Und das, obwohl die Konstellation günstig schien. Die Leverkusener mussten nach ihrem famosen, aber anstrengenden Champions-League-Auftritt gegen Atlético Madrid (1:0) mit ihren Kräften haushalten. "Wir sind davon ausgegangen, dass der Gegner nicht ganz auf diesem Toplevel spielen kann", verrät Streich. Die Bayer-Elf ärgern, eine Überraschung anstreben, das sei der Plan gewesen. Er ist überzeugt: "Wenn wir besser gespielt hätten, wäre auch mehr drin gewesen."

War es aber nicht. Die Sportclub-Aktionen wirkten harmlos, weil mutlos. Zu sehr auf Sicherheit bedacht, versuchten Streichs Akteure, sich irgendwie durchzumogeln. Balleroberungen mündeten ins fußballerische Nichts. Räume waren da, doch sie blieben ungenutzt. Anstatt den Pass in die Tiefe zu suchen, verkrochen sich die Freiburger hinter ihrem Sicherheitskonzept, das ursprünglich nur als Basis dienen sollte. "Es ist schade, wenn man so tief steht und fast nur quer spielt", findet Roman Bürki. "Wir hätten es wenigstens versuchen sollen."

So verbrachte Bayer-Schlussmann Bernd Leno einen geruhsamen Samstagnachmittag. Nur nach einer knappen halben Stunde war er abrupt aus seiner komfortablen Beobachterrolle gerissen worden. Nachdem Jonathan Schmid bei einem Konter zunächst die falsche Passoption gewählt hatte, zwang der Elsässer Leno mit einem gefährlichen Freistoß zu einer Flugeinlage (27.). Gleich darauf musste der Keeper bei Klaus’ Distanzschuss nochmals eingreifen. Bis in die Nachspielzeit hinein, als erneut Schmid per Kopf den möglichen Ausgleich verpasste, blieben diese beiden Versuche das Einzige, was der Sportclub offensiv zustande brachte.

Das kurze Aufblühen war nämlich jäh unterbrochen worden. Karim Bellarabi hatte den zögernden Christian Günter auf der rechten Seite mit einem seiner Blitzantritte überrumpelt, Bürki konnte die scharfe Flanke nur notdürftig klären, Rolfes staubte vehement ab (33.). "Mitten in unserer besten Phase kriegen wir das Gegentor", lamentiert Julian Schuster später. Wobei die Restspielzeit ausreichend gewesen wäre, um selbst noch initiativ zu werden.

In Freiburg ist ein

Qualitätsvakuum

entstanden

Dass der SC kurz vor der Pause Felix Klaus verlor, der mit lädiertem Sprunggelenk vom Platz musste, passte ins Gesamtbild. Und verdeutlichte, warum die Freiburger nicht so konnten, wie sie wollten. Die äußerst angespannte Personalsituation ist für den Kader zu einer erdrückenden Belastung geworden. "Wir können in Freiburg mit viel leben, mit Niederlagen, mit schwierigen Phasen, aber das ist zu viel", klagt Streich. Ein Qualitätsvakuum ist entstanden.

Marc-Oliver Kempf, Oliver Sorg, Mike Frantz, Nils Petersen, Mats Möller Daehli, der gesperrte Marc Torrejón – die Liste der Ausfälle hat bedrohliche Ausmaße angenommen. "Seit drei Wochen haben wir eine Trainingsgruppe von gerade mal zwölf, 13 Mann", berichtet Streich. Zu wenig, um eine Leistungsfähigkeit am oberen Limit gewährleisten zu können. "Das zermürbt", gesteht der SC-Coach. Auch Roman Bürki macht die Misere ratlos: "In der Vorbereitung waren wir eine der wenigen Mannschaften, die keine Verletzten hatte. Und jetzt so etwas. Das ist für eine Mannschaft wie uns besonders bitter."

Hinzu kommt, dass Spieler wie der lange verletzte Admir Mehmedi nicht von heute auf morgen eine Hilfe sein können. "Ich kann von Admir momentan nicht verlangen, dass er nach der vielen Defensivarbeit bei gegnerischem Ballbesitz auch noch die offensiven Situation gut löst", weiß Streich. Es fehle an Energie. Zu viele seiner Profis seien derzeit schlicht nicht in der Lage, 100 Prozent Leistung abzurufen. "Es macht einen schon traurig, dass wir fußballerisch nicht so können, wie wir wollen."

Die Partie gegen Bayer verdeutlichte, wie ernst die Lage für die Freiburger ist. Um den Klassenerhalt realisieren zu können, braucht es Rückkehrer. Doch am Dienstag steht bereits das Pokal-Achtelfinale gegen den 1. FC Köln an, am Samstag gastiert dann Werder Bremen im Schwarzwaldstadion. Zumindest Sorg und Frantz sollten kurzfristig wieder einsetzbar sein. In welcher physischen Verfassung, bleibt abzuwarten. Das Anforderungsprofil, um als SC Freiburg erfolgreich sein zu können, ist bekannt. "Voller Hammer durchpowern", fasst Streich es prägnant zusammen. Die Diskrepanz zwischen Anspruch und Realität war in Leverkusen enorm.

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