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Nichts deutet an diesem wolkenlosen Sommermorgen daraufhin, dass das Leben hart und gefährlich sein kann als Kapitän. Nicht hier, auf dem Silsersee im Oberengadin. Franco Giani, seit 50 Jahren verantwortlich für die höchste Schifffahrtslinie Europas, setzt sich ans Steuer der "Segl Maria", einer Motorbarkasse für bis zu 30 Passagiere, und kontrolliert auf dem Armaturenbrett Öldruck und Tankfüllung. Hinter dem 75-Jährigen schimmert die Wasseroberfläche türkis und so glatt, dass man gar nicht nach oben schauen muss, um das Bergpanorama zu sehen. Felsen, Bäche und Geröllhalden spiegeln sich gestochen scharf im See – knapp 1800 Meter über Meeresniveau.
In einer Viertelstunde, um 10.40 Uhr, ist planmäßig die erste Abfahrt des Kursschiffs. Ein Kleinkind rennt über den Steg zum Boot. Ihm nach ruft die Großmutter. "Du sollst nicht alleine vorlaufen." Noch ist das Schiff nicht für Besucher geöffnet, aber Franco Giani lächelt das Kind durch seinen ergrauten Bart gütig an, reicht ihm die Hand und hilft ihm über die Reling. Der Vierjährige lässt den Seebären, der tatsächlich eine weiße Kapitänsmütze zu Jeans und Sweatshirt trägt, von nun an nicht mehr aus ...