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Stadtführung Freiburg

Auf den Spuren des jüdischen Lebens

Jüdisches Leben ist in Freiburg allgegenwärtig. Bei ihrer Stadtführung zeigt Lea Katzev, wie sehr das Judentum das Stadtbild prägt und spricht mit Menschen über den jüdischen Alltag in Deutschland.  

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Die alte Freiburger Synagoge (links) wurde 1938 von den Nationalsozialisten zerstört. Heute erinnert ein Flachbrunnen auf dem Platz der Alten Synagoge an sie. Foto: Stadtarchiv Freiburg
Redaktioneller Hinweis: Dieser Text wurde von einer Schülerin, einem Schüler im Rahmen des BZ-Projektes Zeitung in der Schule recherchiert und geschrieben.

Sie alle kennen Freiburg als eine überwiegend katholische Stadt. Doch wussten Sie, dass auch Freiburg viele jüdische Spuren aufweist? Kennen Sie wirklich all diese Spuren? Ich werde Sie auf eine kleine Stadtführung durch Freiburg mitnehmen, und Ihnen manche dieser Spuren zeigen.

Starten wir beim Freiburger Münster. Als Erstes denken Sie an eine rein katholische Kirche, doch wenn Sie genau hinschauen, finden Sie viele jüdische Merkmale im Münster, wie zum Beispiel die Kontraste von Synagoge und Ecclesia in den Fenstern oder auch das berühmte Edith-Stein-Fenster im hinteren Teil des Münsters. (Anmerkung der Redaktion: Edith Stein war eine deutsche Philosophin und Frauenrechtlerin mit jüdischen Wurzeln. Später ließ sie sich katholisch taufen und trat in einen katholischen Orden ein. Sie ist im Konzentrationslager Auschwitz-Birkenau 1942 gestorben und wird heute als Heilige und Märtyrerin verehrt.)

Weiter geht es zur neuen Synagoge, die sich einige Meter vom Münster entfernt befindet. Hier habe ich mit einem Freiburger Juden Nikita Karavaev über seine Einstellung zur jüdischen Religion gesprochen:
Zischup: Was fasziniert Sie an der jüdischen Religion?

Karavaev: Mich faszinieren die Beständigkeit, die Tradition und die bestimmten Regeln unserer Religion, die sich über Jahrhunderte gehalten haben. Für mich ist es auch wichtig, dass die Feste und Gebote einen realen Bezug auf unser aktuelles Leben haben.

"Wir in der jüdischen Gemeinde warten seit zehn Jahren auf einen sogenannten Sicherheitszaun ausgehend von der Stadt Freiburg, und erst jetzt merken wir Fortschritte. Es gab viele Probleme in der Vergangenheit, doch die Situation bessert sich." Nikita Karavaev
Zischup: Erleben Sie Freiburg als eine judenfreundliche Stadt? Was würden Sie sich von Freiburg in Bezug auf das Judentum wünschen?

Karavaev: Freiburg ist schön, und es gibt wesentlich problematischere Gegenden. Aber in Freiburg gibt es meiner Meinung nach einige Baustellen. Ein Beispiel dafür ist die Sicherheit. Wir in der jüdischen Gemeinde warten seit zehn Jahren auf einen sogenannten Sicherheitszaun ausgehend von der Stadt Freiburg, und erst jetzt merken wir Fortschritte. Es gab viele Probleme in der Vergangenheit, doch die Situation bessert sich. In den vergangenen Jahren wurde die Kommunikation mit der Stadt deutlich besser, sodass die Anzahl an Problemen im Alltag gesunken ist. Meiner Meinung nach ist das Bewusstsein der Situation gegenüber nicht wirklich vorhanden. Das ist ein Punkt, den wir uns wirklich wünschen würden: dass die Menschen in dieser Hinsicht ein größeres Bewusstsein entwickeln.

Zischup: Welche Botschaft wollen Sie den Menschen auf den Weg geben?

Karavaev: Ich finde den Gedanken, dass man den anderen so behandeln soll, wie man selbst behandelt werden will, sehr richtig und wichtig.
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Weiter mit der Führung: Als Nächstes kommen wir in der Freiburger Altstadt an und gehen an einigen ehemaligen jüdischen Kaufhäusern vorbei, zum Beispiel dem Kaufhaus Knopf. Die jüdischen Kaufhäuser wurden alle nach den Novemberpogromen 1938 zu einem Spottpreis verkauft, genauer gesagt wurden die Inhaber zum Verkauf gezwungen. (Anmerkung der Redaktion: In der Nacht vom 9. auf den 10. November 1938 wurden in Deutschland tausende jüdische Geschäfte, Synagogen und Wohnungen ausgeraubt und zerstört. Hunderte jüdische Menschen wurden von Nationalsozialisten getötet und Tausende in Konzentrationslager gebracht.) Ein Ausnahmefall ist das Geschäft, das viele Freiburger kennen – das Lederwarengeschäft Rees. Dies gehörte früher der jüdischen Familie Mayer, die ihr Geschäft zu einem guten Preis an ihren Angestellten, Herrn Rees, verkaufen konnte. Als Letztes kommen wir zum Platz der Alten Synagoge. Hier können Sie alle den schwarzen Flachbrunnen sehen, welcher den Umriss der alten Synagoge nachzeichnet und das Denkmal zur alten Synagoge bildet. Auch die alte Synagoge ist in der Novemberpogromnacht 1938 zerstört worden. Ich hoffe, Ihnen hat die kleine imaginäre Stadtführung gefallen und vielleicht haben Sie ja sogar selbst Faszination an der jüdischen Geschichte in Freiburg gefunden. Ich kann Sie nur motivieren, hinauszugehen und die jüdischen Spuren selbst zu entdecken.

Zum Abschluss werde ich Frank Hack, Geschichts- und Ethiklehrer am Deutsch-Französischen Gymnasium noch ein paar Fragen stellen. Hack hat sich ebenfalls mit der jüdischen Geschichte beschäftigt und eine Arbeitsgruppe (AG) gegründet, um Schüler zu Stadtführern zur jüdischen Geschichte auszubilden.

"Zum anderen die enorme Bedeutung von Bildung in der jüdischen Kultur, die seit dem 19. Jahrhundert dazu geführt hat, dass eine kleine Minderheit von weniger als einem Prozent der Bevölkerung, einen enormen Beitrag zur deutschen Geistesgeschichte geleistet hat." Frank Hack
Zischup: Was fasziniert Sie an der jüdischen Geschichte?

Hack: Das sind drei Dinge: Zum einen die verbindende Kraft der Religion, die es ermöglicht hat, dass die jüdische Kultur 2000 Jahre lang nicht unterging, obwohl die Juden seit 70 nach Christus in alle Welt zerstreut wurden. Zum anderen die enorme Bedeutung von Bildung in der jüdischen Kultur, die seit dem 19. Jahrhundert dazu geführt hat, dass eine kleine Minderheit von weniger als einem Prozent der Bevölkerung, einen enormen Beitrag zur deutschen Geistesgeschichte geleistet hat. Man denke nur an Namen wie Albert Einstein, Heinrich Heine, Karl Marx, Rosa Luxemburg und viele mehr. Mich fasziniert auch die Komplexität, die einfache Antworten schwer macht. In Deutschland gibt es seit dem Jahr 1800 einerseits immer mehr Emanzipation für jüdische Menschen, sodass zum Beispiel ab 1862 Juden in Baden wieder in die Städte ziehen durften. Und andererseits auch neuen rassistischen Antisemitismus, den dann später die Nazis aufgegriffen haben. Aber auch die israelisch-palästinensische Geschichte ist für mich vor allem spannend, weil es nicht eindeutig Gut und Böse, aber leider auch keine einfachen Lösungen gibt.

Zischup: Wie kamen Sie auf die Idee, eine AG zu gründen?

Hack: Größere Geschichtsprojekte mache ich schon seit Jahren. Dabei arbeite ich auch mit den Verantwortlichen zusammen, die in Freiburg das NS-Dokuzentrum planen. Diese hatten die Idee, digitale Lernspiele zur jüdischen Geschichte mit Schülerinnen und Schülern zu entwickeln. Um dafür genügend Interessenten zu haben, habe ich die AG gegründet. Bevor sie an den ersten Workshops mit dem Dokuzentrum teilnehmen, wollte ich sie fachlich fit machen.

Ressort: Schülertexte

  • Artikel im Layout der gedruckten BZ vom Fr, 29. April 2022: PDF-Version herunterladen

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