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"Alita: Battle Angel": Die Zukunft ist monströs gentrifiziert
Arme im Müll, Reiche im Himmel : Robert Rodriguez’ Film "Alita: Battle Angel" zeigt eine radikalisierte Version der gesellschaftlichen, von der Gentrifizierung erfassten Gegenwart.
Di, 12. Feb 2019, 20:00 Uhr
Kino
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Menschen aller Hautfarbe und Sprachen sowie Cyborgs in verschiedensten Größen und Formen leben in der abgewrackten Metropolis auf engstem Raum miteinander. Sie schuften in Fabriken, um die unsichtbaren Eliten in Zalem zu versorgen, in der vagen Hoffnung es selbst einmal nach oben in die Himmelsstadt zu schaffen. Ähnlich wie "Die Tribute von Panem" ist auch Robert Rodriguez’ "Alita: Battle Angel" in einer dystopischen Welt angesiedelt, in der die soziale Kluft zwischen Arm und Reich fest in die Gesellschaft einbetoniert ist. Oben am Himmel Zalem, unten auf der verbrannten Erde Iron City: Die Zukunft ist hier von einer monströsen Gentrifizierung geprägt und damit – wie es sich für gute Science-Fiction gehört – eine überspitzte, radikalisierte Version der gesellschaftlichen Gegenwart.
Der Film beginnt auf der Müllhalde, wo sich der Cyber-Chirurg Dr. Dyson Ido (Christoph Waltz – endlich mal als Sympathieträger) auf die Suche nach Hi-Tech-Schrott aus der hoch entwickelten, vorapokalyptischen Vergangenheit macht. Als er zwischen dem Müll Kopf und Rumpf einer Cyborg-Frau findet, erweckt er das Wesen mit einer neuen Ganzkörperprothese zum Leben. Schon bald ahnt er, dass in dieser Alita (Rosa Salazar) besondere Kräfte und ein nuklear betriebenes Hi-Tech-Herz schlummern. Aus jahrhundertelangem Dornröschenschlaf erwacht, kann sich die Patientin an ihr früheres Leben nicht erinnern und lernt die neue Welt mit jugendlichem Abenteuer-Elan kennen.
Fantastisch sieht diese Iron City aus, die Rodriguez mit dem digitalen Tuschekasten herbeizaubert. Zwischen den stählernen Ruinen der Vergangenheit hat sich hier mit unorganisiertem Improvisationstalent eine chaotische Multikulti-Tech-Metropole etabliert, in der Roboterwesen und buntes Menschenvolk wild durcheinander wuseln. Es sind immer wieder diese Momente, wenn ein Film die Tür zu seiner Welt aufstößt, die die Qualität eines Science-Fiction-Werkes bestimmen. Und hier fährt "Alita" die volle Punktzahl ein. Ursprünglich sollte in diesem Projekt James Cameron Regie führen, bis er das Zepter an Rodriguez weitergeben musste, um in den Dreh zu vier weiteren "Avatar"-Fortsetzungen einzusteigen. Für Buch und Produktion zeichnet Cameron jedoch weiterhin verantwortlich und das Budget von 200 Millionen Dollar, das er seinem Nachfolger überlassen hat, wird hier in vollen Zügen auf der Leinwand sichtbar verprasst.
Schon bald wird die jugendliche Cyborg-Heldin von ihrer Vergangenheit eingeholt. In dem Mädchen erwachen der Elan und die Kampfkraft jener Kriegerin, die sie in ihrem früheren Leben einmal war. Als zartgliedrige Amazone mit riesengroßen Bambiaugen ist Alita aus den Manga-Comics des japanischen Zeichners Yukito Kishiro entsprungen. Rodriguez und Cameron extrahieren daraus eine klassische Superheldinnen-Geschichte, die vor allem durch ihr schlüssiges dystopisches Setting funktioniert.
Die Himmelsstadt Zalem fungiert hier als plastische Metapher auf den amerikanischen Traum, dem umso mehr Menschen hinterherjagen, desto weiter die Illusion in die Ferne rückt. Eine Mauer muss um Zalem nicht herum gebaut werden. Die Stadt in den Wolken ist nur noch durch wenige, gut bewachte Versorgungsleitungen mit dem profanen Erdenleben verbunden und hat die eigene Abschottung zum obersten Paradigma erklärt. Auf dem soliden Subtext-Fundament ruht aber auch ein handfestes Fantasy-Spektakel, das mit regelmäßigen Actioneinlagen das Publikum bei der Stange hält und durch gestalterische Fantasie und Tiefe überzeugt. Das offene Ende ruft förmlich nach einer Fortsetzung, der man hier ausnahmsweise mit Spannung entgegensieht.
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