Serie: Treffpunkte
Abschalten an der Drehscheibe
Unter Leute? Oder doch lieber wieder nur aufs Sofa? Wir stellen Orte vor, für die es sich lohnen könnte, sich mal wieder aufzuraffen. Heute: die Keramikwerkstatt in der Fabrik in Freiburg.
Mia Dumont
Mi, 26. Feb 2025, 12:19 Uhr
Freiburg
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Im zweiten Obergeschoss in der Fabrik ist am Dienstag kurz nach 17 Uhr schon einiges los. Im schmalen Eingangsbereich kann man die ersten fertigen bunt glasierten Töpferkunstwerke bestaunen, die darauf warten, von ihren Besitzern abgeholt zu werden.
Ein paar Schritte weiter: Ein Blick in den Werkstattraum mit den hohen Fenstern zeigt geschäftiges Werkeln. Es wird geknetet, bemalt und sich unterhalten. In einer Ecke des Raumes sind zehn Drehscheiben aufgebaut – alle Plätze sind belegt. Auf den insgesamt 110 Quadratmetern sind heute knapp 40 bis 50 Kreative zusammengekommen. Obwohl es voll ist, herrscht eine angenehme und entspannte Atmosphäre. Eine Wand ist rot gestrichen, von der Decke hängen große Lampen, die ein warmes Licht verbreiten.
Die gute Seele der Werkstatt
Mitten drin findet man Nona Otarashvili-Becher: kurze braune Haare, grüne Ohrringe und Schürze. Die gebürtige Georgierin, die in Tiflis Keramikdesign studiert hat, ist die Leiterin der Werkstatt und seit 25 Jahren dabei. Ihr zur Seite steht ein fünfköpfiges Team, dazu Praktikanten und junge Menschen, die ein freiwilliges soziales Jahr absolvieren. Im Team seien alle gleichberechtigt, das ist ihr wichtig zu betonen.
Nona Otarashvili gibt Tipps, hilft beim Durchforsten der Regale nach bereits getrockneten Kunstwerken. Aus der Ruhe bringen lässt sie sich vom Gewusel an diesem Dienstagabend nicht.
Mehr als nur Töpfern
40 Leute seien immer da, oft helfen sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer auch gegenseitig aus: "Es ist nicht nur ein Töpferort, sondern auch sozialer Treffpunkt", erzählt Nona Otarashvili. Ein Viertel sind heute Männer, und auch wenn alle Generationen vertreten sind, die meisten sind zwischen 20 und 30. "Mit mir ist die Werkstatt nicht alt geworden – da bin ich stolz drauf", sagt die Keramikdesignerin mit einem Augenzwinkern.
Zwei der jungen Frauen sind Lena und Patricia, beide Anfang 30 und seit etwa drei Jahren dabei. Angefangen habe sie zu Hause mit dem Handtöpfern, erzählt Lena. Dann haben die Freundinnen einen der heißbegehrten Drehkurse ergattert – und sind dabeigeblieben. Lena töpfert eine Tasse an der Drehscheibe, "auch wenn zu Hause der Schrank schon voll mit Keramik ist", sagt sie und lacht. Für beide ist die Töpferwerkstatt "ein Wohlfühlort zum Abschalten". "Und noch etwas", ergänzt Patricia: "Man weiß die Arbeit, die beispielsweise hinter solch einer Tasse steckt, wieder zu schätzen".
Die Box to go
Neben der offenen Werkstatt gibt es Workshops mit ausgewählten Künstlerinnen und Künstlern, die besondere Techniken vermitteln, Töpferkurse für Betriebsausflüge und Kindergeburtstage, Kooperationen mit Schulen und Kindergärten. "Wenn man unseren Kalender anguckt, ist es voll – hier findet ganz viel statt", sagt Nona Otarashvili. Teilweise kämen sie gar nicht hinterher mit den Anfragen.
Und für alle, die in der Werkstatt keinen Platz finden, gibt es seit Corona ein besonderes Angebot: die Töpferbox to go. Bestellt werden kann die Box per E-Mail. Die Abholung erfolgt dann zu den offenen Werkstattzeiten oder in einem Regal vor der Tür. "Und das Geld kann man einfach in den Briefkasten werfen", ergänzt Nona Otarashvili.