40 Jahre lang vor der Welt versteckt
Kirsten Reinhardts Geschichte erzählt von einem Außenseiter.
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Aber selbst bei krassen Außenseitern blitzt, wenn das Ende absehbar ist, im Umfeld gern mal so etwas wie Neugier auf diesen komischen Kauz auf. Entweder bringt der Sonderling jetzt eine plausible Geschichte auf den Tisch oder sein geduldetes Refugium wird beseitigt. Für den Kaugummigrafen steht beides an. Schuld ist Eli. Die platzt mitten in Eberhart von Eberhartshausen – so heißt der Graf – planmäßige Gymnastik um 15.45 Uhr hinein. Und mit ihr ist die verkorkste Jugend des Grafen wieder präsent. Er merkt, dass in der verwahrlosten Rotzigkeit des Mädchens Ratlosigkeit mitschwingt. Schon einmal, als Kind, war der Graf in die Situation geraten, Verantwortung für einen Menschen übernehmen zu müssen. Damals hatte er versagt und war die restlichen 68 Jahre damit beschäftigt, sein Selbstbild als Loser zu zementieren.
Eli bringt ihn dazu, über diesen einzementierten Schatten zu springen. Je mehr Episoden einer vermeintlich gescheiterten Existenz er ihr anhand seiner skurrilen Kaugummisammlung erzählt, desto mehr fragt er sich selbst, ob es richtig war, sich die letzten 40 Jahre von der Welt zurückzuziehen. In der anrührenden Geschichte eines vernachlässigten Wohlstandsbubis, der alles hinter sich lässt, um jahrzehntelang in Selbstmitleid zu versinken, wird die bedrückende Erkenntnis, dass eine verkorkste Jugend das Leben bis ins hohe Alter vernichten kann, von dem befreienden Erlebnis abgelöst, dass auch ein 81-Jähriger nicht zu alt ist, doch noch das Glück zu finden.
Am Ende ist ein Mädchen mit seiner Mutter versöhnt, ein seltsamer Kauz mit seinem Schicksal, und es bleibt nur noch loszulassen und jemanden, der nun in Frieden gehen kann, ziehen zu lassen.