Agenda-Gruppe Energie
Zweifel an der Nachhaltigkeit der Lahrer Surfpark-Pläne werden laut
Ein Lahrer Geophysiker äußert sich kritisch zum geplanten Surfpark. Wasser- und Energieverbrauch erfüllten nicht die postulierte Nachhaltigkeit. Der Initiator spricht von teils falschen Annahmen.
Mi, 13. Nov 2024, 16:27 Uhr
Lahr
Thema: Surfpark Lahr
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"Statt belastbarer Daten herrschen Euphorie und Wunschdenken vor", schreibt er in einer Pressemitteilung. Während Verwaltung und ein Teil des Gemeinderats dazu aufriefen, mutig zu sein, fordert Auer den Mut, Nein zu sagen, wenn nicht alle Kriterien für den Bau des Surfparks erfüllt seien. Auer hat zwei der sechs Kriterien untersucht, die die Stadtverwaltung für eine Entscheidung vorgegeben hat: der Wasserverbrauch und der Stromverbrauch des Surfparks. Beide können laut Auer unabhängig vom Standort betrachtet werden. Sein Fazit: "Beide Punkte erfüllen nicht die postulierte Nachhaltigkeit."
Mehrere Park-Betreiber behaupten laut Auer, dass am Anfang nur eine Wasserfüllung notwendig sei. Danach bliebe der Wasserpegel über das Jahr in etwa gleich hoch, weil Verdunstung und Regen sich die Waage halten. "Wer aber einen Gartenteich besitzt, der weiß, dass dem nicht so ist", hält Auer dem entgegen. Insbesondere im Sommer sei ein beträchtliches Nachfüllen des Teichs mit Trink- oder Grundwasser erforderlich. Das zeige sich beim Stegmattensee.
Laut Auer hat der Deutsche Wetterdienst über drei Jahrzehnte einen zwei Meter tiefen Teich für jeden Monat untersucht, ob die Verdunstung vom Regen ausgeglichen wird. Das Ergebnis: Selbst am Jahresende sei die Verdunstung noch um 15 Prozent höher als die Wasserzufuhr durch Regen. In der Hauptnutzungszeit des Surfparks zwischen April und September seien es sogar 82 Prozent.
Falk Auer
Bei einer geplanten Beckenoberfläche von 36.000 Quadratmetern sind das allein im Sommer 10.500 Kubikmeter, die der Betreiber nachfüllen muss, rechnet Falk Auer vor. Das entspreche dem 60-fachen jährlichen Wasserverbrauchs eines Vier-Personen-Haushalts, der dafür rund 30.000 Euro bezahlen müsste. Da die vergangenen Jahre aber immer wärmer geworden sind und die trockenen Perioden zunehmen, dürfte die Verdunstung sogar höher sein, so Auer. "Es ist also immer mehr Wasser zum Nachfüllen des Surfbeckens erforderlich", heißt es in der Pressemitteilung. Hinzu kämen die Verluste durch einen Wasseraustrag auf das Land durch die Kleidung und Bretter der Nutzer. Falk Auers Fazit: "Bei einer Zugabe von Trink- oder Grundwasser allein im Sommer in Höhe von mehr als 10.000 Kubikmetern kann von Nachhaltigkeit keine Rede sein."
Die Wellenerzeugung benötigt laut dem Hersteller 350 Kilowattstunden pro Stunde. Das sind laut Auer bei einem täglichen Betrieb von 14 Stunden fast 1.800.000 Kilowattstunden pro Jahr. Ein ICE mit sieben Wagen könnte damit ohne einen Stopp und mit voller Leistung 80 Mal von Basel nach Hamburg fahren, stellt Auer einen Vergleich her. Der Krefelder Surfpark rechne bei voller Auslastung mit jährlich 2.300.000 Kilowattstunden, bei einer mittleren Nutzung des Beckens aber nur mit 1.500.000 Kilowattstunden. Dazu komme noch die elektrische Energie für die vielen Nebengebäude.
Surfparks planen Photovoltaikanlagen, um den enormen Stromverbrauch wenigstens zum Teil mit Ökostrom zu decken, heißt es weiter. Während Krefeld nur mit einem solaren Stromanteil von elf Prozent rechne, wolle München 90 Prozent erreichen. Um dieses ehrgeizige Ziel zu erreichen, soll eine Photovoltaikanlage mit einer Leistung von 10.000 Kilowatt installiert werden. Das entspreche einer Fläche von rund zehn Hektar oder 14 Fußballfeldern. Rechnerisch könnte eine solche Anlage 2800 Haushalte mit Ökostrom versorgen. Das ist eine Bilanz über ein Jahr.
Die Praxis sieht laut Auer jedoch anders aus: Im Sommerhalbjahr 2023 betrug in Lahr die Strahlungsenergie der Sonne 74 Prozent des Jahresertrages und im Winterhalbjahr nur 26 Prozent. Die Folge: Von April bis September müsse an Sonnentagen ein beachtlicher Überschuss ins Verbundnetz eingespeist oder gar abgeregelt werden. Dieser sei für den Winter nicht mehr nutzbar. Und in der übrigen Zeit sei es umgekehrt: Da könne die Sonne den Stromverbrauch des Surfparks nur zu einem geringen Teil decken. "Deshalb kann auch beim Stromverbrauch von einer Nachhaltigkeit keine Rede sein", so Auers Fazit.
Surfpark-Projektentwickler Mario Gerlach sprach in einer ersten Reaktion von "teilweise falschen Annahmen". Für eine seriöse Stellungnahme zum Energie- und Wasserverbrauch benötige es aber erst ein geeignetes Grundstück für den Surfpark. Wie berichtet, soll der Gemeinderat erst nächstes Jahr über den Standort entscheiden. Anschließend sei Gerlach gern bereit, auf verschiedene Interessenvertreter zuzugehen und über Belange des Naturschutzes und Technologien zu informieren, sagt der städtische Pressesprecher Nicolas Scherger. Auch er verweist auf die Standortsuche. Bei den bisherigen Befassungen des Gemeinderats sei deutlich geworden, dass der Fokus der Stadt Lahr auf die Ressourcenschonung und die Nachhaltigkeit des Projekts ausgerichtet sei. Welche Maßnahmen erforderlich sind, werde sich im weiteren Verfahren zeigen.
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