Textilbranche

Zwei Konzepte, die Näherinnen zu höheren Einkünften verhelfen sollen

Wie werden die Löhne fair?  

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Die Kunden in Europa sollen jetzt mehr...ie Näherinnen in Indien besser leben.   | Foto: dpa
Die Kunden in Europa sollen jetzt mehr bezahlen, damit die Näherinnen in Indien besser leben. Foto: dpa

BERLIN. Die britische Textilfirma Continental Clothing zahlt nun Arbeiterinnen bei ihren indischen Zulieferbetrieben einen Lohnaufschlag, damit sie ein erträgliches Leben führen können. Ketten wie Kik, H & M und Tchibo lehnen dieses Modell ab. Sie setzen stattdessen auf den Druck der Gewerkschaften.

Die Idee klingt erstaunlich. Mit nur 14 Eurocent Preisaufschlag pro T-Shirt könnten die Arbeiterinnen einer indischen Textilfabrik existenzsichernde Löhne erhalten. Ihre Einkünfte liegen so um gut die Hälfte über dem gegenwärtigen Niveau. Das hat die britische Firma Continental Clothing gemeinsam mit der Unternehmensberatung BSD berechnet – und sie verlangt fortan von ihren Käufern einen entsprechend höheren Preis. Kann dieses Modell für faire Löhne zum Vorbild werden für die großen, konventionellen Hersteller? Diese sind jetzt herausgefordert.

Der Verein Fair Fashion Network, ein Zusammenschluss ethisch orientierter Firmen, sammelt derzeit Unterschriften. 2000 Unterzeichner sprechen sich bislang dafür aus, dass auch Konzerne wie H & M und Kik den Beschäftigten ihrer Zulieferbetriebe wesentlich höhere Löhne ermöglichen. Heute erhalten die Arbeiterinnen in Indien, Bangladesch, Kambodscha und anderen Ländern der Textilproduktion oft karge Monatslöhne zwischen 50 und 100 Euro, die sich an staatlich festgesetzten Mindestlöhnen orientieren. Diese decken meist nur Grundbedürfnisse wie Essen und Unterkunft. Der Lohn müsste höher sein, soll er auch dafür reichen, dass die Beschäftigten sich im Krankenhaus behandeln lassen können, dass sie ihre Kinder zur Schule schicken und etwas für das Alter sparen können.

Akzeptieren die Kunden

im Westen die höheren
Textilpreise?

Der deutsche Textildiscounter Kik hält nichts von der 14-Cent-Idee. Er teilt mit: "Verkaufspreise wie die von Kik beruhen auf einer sehr straffen Kalkulation. Jede zusätzliche Erhöhung des Einkaufspreises muss daher entweder dadurch abgefedert werden, dass alle Anbieter ihre Preise erhöhen und die Mehrkosten damit an die Verbraucher weiterreichen oder dass an anderer Stelle eingespart wird." Das Unternehmen fürchtet, gegenüber weniger zahlungsfreudigen Konkurrenten in Nachteil zu geraten, wenn man einseitig existenzsichernde Löhne einführe.

Kik sieht zwei Wege, um die Bezahlung der Arbeiterinnen zu verbessern. Die Regierungen, Gewerkschaften und Zulieferfirmen in den Produktionsländern müssten dafür sorgen, dass dort die Mindestlöhne steigen. Außerdem sollten die Zulieferbetriebe ihre Produktionskosten – abseits der Lohnkosten – pro hergestelltem Kleidungsstück verringern. Dann könnten die Arbeiterinnen entsprechend mehr Geld bekommen.

Der schwedische Textilhändler H & M argumentiert ähnlich wie Kik, handelt aber konsequenter. "Unsere Rolle als Marke und Käufer besteht nicht darin, die Lohnhöhe festzusetzen", erklären die Schweden. Allerdings hat sich das Unternehmen ein weitreichendes Programm verordnet, das auf der "Methode des fairen Lohnes" basiert. Dabei hilft der Konzern seinen Zulieferern, die Arbeitsabläufe zu verbessern und somit produktiver zu machen. Mit Fortbildungskursen unterstützt H & M Beschäftigte und Gewerkschaften. Das soll sie in die Lage versetzen, mit den Zulieferfirmen bessere Verdienste auszuhandeln. H & M hat es zum Unternehmensziel erklärt, dass die Beschäftigten der wichtigsten Zulieferer von 2018 an existenzsichernde Löhne bekommen. Mittlerweile werden 100 Produktionsstätten weltweit umgestellt.

Auch der Hamburger Einzelhändler Tchibo plädiert für diesen Ansatz. Zusammen mit 14 Textilverkäufern, unter anderem Esprit, H & M, Primark und Tesco, hat man sich in der Initiative on living wages (Initiative für Existenzlohn) zusammengeschlossen. Mit dem globalen Gewerkschaftsbund Industriall besteht eine Kooperation. "Unser Ziel ist es, Kollektivverhandlungen zwischen den Sozialpartnern in den Produktionsländern zu ermöglichen", sagt Nanda Bergstein von Tchibo. "Der große Vorteil: Höhere Löhne gelten dann für alle Marktteilnehmer."

Continental Clothing meint also, den durch höhere Löhne verursachten Preisaufschlag bei ihren an fairen Bedingungen interessierten Kunden durchsetzen zu können. Das Argument für den höheren Preis dient gar als Werbebotschaft, um den Verkauf anzukurbeln. Konventionelle Firmen scheuen Preisaufschläge, weil sie fürchten, dass Konkurrenten billiger anbieten und die Kunden abwandern. Dann wäre den Näherinnen nicht geholfen. Höhere Löhne lassen sich unter dieser Voraussetzung nur realisieren, wenn alle Händler sie finanzieren – daher die Betonung von Gewerkschaften und Regierungen in den Produktionsländern. Ein Nachteil dieser Strategie besteht aber darin, dass die Beschäftigten vieler Textilfabriken nicht frei verhandeln können.

Eine Onlinepetition zur      14-Cent-Kampagne findet sich hier:      http://mehr.bz/livingwages

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