Auswanderer
Zwei Deutsche erfüllen sich ihren Traum von Island
Island ist in. Bei Touristen sowieso und bei Pferdeliebhabern ebenso. Aber auch bei deutschen Zuwanderern. Caroline Kerstin Mende und Hanný Norland Heiler haben sich einen Traum erfüllt.
Do, 6. Aug 2015, 10:39 Uhr
Liebe & Familie
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Caroline Kerstin Mende, die sich auf isländisch Karólína nennt, ficht das nicht an. Sie lebt zusammen mit ihrem Border Collie Baugur, sieben Schafen und vier Pferden auf einen kleinen Hof am Skagafjörður im Norden der Insel. Das Wetter sei kein Problem. Klar, die Natur hier oben könne bisweilen gewaltsam und gefährlich sein. Das merke jeder schnell, der sich auf Island einlasse. Für die 1970 in der Nähe von Bremen Geborene begann dieses Einlassen gleich nach dem Abitur, als sie eine Stelle auf einem Hof 30 Kilometer von Selfoss entfernt antrat. "Es hat mich gleich am ersten Tag gepackt", erinnert sie sich. "Mir war sofort klar: Das ist es!" Zwar ging es im Jahr darauf wieder nach Deutschland, wo sie Ingenieurwissenschaften studierte. Aber wen das Islandfieber erst einmal gepackt hat, den lässt es nicht wieder los. 2010 kehrte sie endgültig in das, laut aktuellem Global Peace Index, friedlichste Land der Erde zurück.
Karólína spricht perfekt Isländisch und fühlt sich voll in die isländische Gesellschaft integriert: "Zuwanderer werden hier durchaus als ‚richtige‘ Isländer angesehen, wenn sie sich mit dem Land identifizieren", erzählt sie. Wichtig sei, die Sprache zu erlernen und den Leuten zu signalisieren, dass man Teil ihrer Gemeinschaft sein möchte. Menschen werden in dem dünnbesiedelten Land nicht nach ihrer Herkunft beurteilt, sondern nach dem, was sie für das Gemeinwesen tun.
Karólína bringt sich auf vielfältige Weise ein. Auch politisch. Derzeit treiben sie Pläne chinesischer Investoren um, die ausgerechnet am nahezu unberührten Skagafjörður ein Aluminiumwerk bauen wollen. Ein völlig unnötiges Vorhaben findet sie, das einzig im Zusammenhang mit geopolitischen Strategien der Chinesen Sinn macht. Denen gehe es darum, einen Fuß in die Region zu bekommen, um später ihre Interessen bei der Ausbeutung der Bodenschätze in der Nordpolarregion besser geltend machen zu können.
Ihre eigenen wirtschaftlichen Grundlagen nehmen sich eher bescheiden aus. Die sympathische Einsiedlerin bestreitet ihren Lebensunterhalt mit Veröffentlichungen in der Fachzeitschrift "Das Islandpferd", mit Isländisch-Sprachkursen, die sie über Skype organisiert und mit Tourismusangeboten. Wichtigstes Standbein ist ihr eigener Buchverlag Alpha Umi, in dem sie bereits zwei vielbeachtete und erfolgreiche Bücher veröffentlicht hat: "Das Islandschaf" und "Forystufé – immer einen Schritt voraus". Zwei weitere Bücher, "Border Collies in Island" und "Alte Pferdezuchtlinien" folgen in Kürze.
Letzteres basiert auf einer beliebten Artikelserie, die im "Islandpferd" erschienen ist. Die Arbeit daran brachte Karólína in Kontakt mit Hanný Norland Heiler. Deren überaus spannende und abwechslungsreiche Lebensgeschichte entspricht nur auf dem ersten Blick dem gängigen "Islandpferdeklischee". Mit dem Islandvirus infizierte sie sich bereits im frühen Teenageralter. An einen konkreten Anlass kann sie sich nicht mehr erinnern, wohl aber daran, dass sie mit wachsender Begeisterung sämtliche Werke des isländischen Literaturnobelpreisträgers Halldór Laxness verschlang und alles, was die Bibliothek ihrer Allgäuer Heimatstadt an Isländersagas in den Regalen hatte. Auch sie zog es nach dem Abitur – "noch bevor ich die Ergebnisse hatte" – mit aller Macht nach Island, sie jobbte auf einem Pferdehof, machte dann in Deutschland eine Ausbildung zur Pferdewirtin und kehrte 1984 endgültig nach Island zurück. Eine Zeit lang arbeite sich auf verschiedenen Gestüten, bekam dann aber unbändige Lust, zur See zu fahren. Sie heuerte – "obwohl ich gar nicht kochen konnte" – als Köchin auf einem isländischen Trawler an. "Isländer stehen Neuem meist skeptisch gegenüber", erinnert sich die 53-Jährige. "Wenn sie aber merken, dass man sich anstrengt, öffnen sie sich sofort." Die Kombüsenzeit endete schnell, sie lernte ihren ersten Mann kennen, wurde schwanger und nach zwei Jahren war "die wirklich tolle Zeit auf See" vorüber. Mit ihrem Mann kaufte sie ein Gestüt bei Höfn am Fuße des riesigen Gletschers Vatnajökull und machte sich schnell einen Namen als Züchterin der mutigen und ausdauernden Hornafjörður-Pferde, als Bereiterin und als Richterin bei Islandpferdeturnieren.
Leider scheiterte die erste Ehe, doch bei einem Landsmót, der alle zwei Jahre stattfindenden Meisterschaft für Islandpferde, funkte es zwischen ihr und Ástmundur Agnar "Tobbi" Norland. Ihn, den Bewahrer der bekannten Hindisvík-Zuchtlinie, kennt sie bereits seit sie in Island ist. Und nun passte es halt, erinnert sie sich. Die beiden heirateten und kauften bei Hvammstangi im Süden der Halbinsel Vatnsnes einen Hof. Pferde züchten sie weiter, doch die wichtigste Einnahmequelle ist die arbeitsaufwändige Brutpflege einer großen Eiderentenkolonie mit anschließender Daunenernte. Im Auftrag des Jugendamtes kümmern sie sich zudem um gestrandete Jugendliche.
"Eigentlich müsste ich ja mal ein Buch schreiben", sinniert Hanný, als sie aus ihrem erfüllten Leben erzählt...