"Zeitungen sollten so bleiben, wie sie sind"
Drei ehemalige Zischler erzählen vom Erstkontakt mit der Badischen Zeitung.
Aufgezeichnet von Thomas Steiner
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ie drei jungen Menschen, die hier zu Wort kommen, haben die kritische Zeit ihrer Pubertät offenbar ohne größere Blessuren überstanden, sie haben Distanz zum elterlichen Nest gewonnen, studieren, stehen am Beginn eines eigenständigen Lebens. Das Zeitunglesen war für sie auf dem Weg dorthin wichtig – und das Zischprojekt, an dem sie vor zehn Jahren als Grundschüler teilgenommen hatten, die Initialzündung dafür. Auch heute noch wissen sie eine gute Tageszeitung zu schätzen, auch wenn sie sie oft nicht mehr gedruckt, sondern im Internet lesen.
ROBIN TRITSCHLER
"Zu Besuch bei französischen Brieffreunden" hieß der Bericht, den Robin Tritschler vor zehn Jahren für Zisch geschrieben hat. Damals war er in der Klasse 4b der Grundschule Merdingen, heute studiert der 19-Jährige Deutsch-französische Rechtswissenschaften in Köln.
Für mich war es damals wunderbar, jeden Tag die Zeitung zu bekommen. Am Frühstückstisch habe ich den Sportteil durchgelesen. In der Klasse haben sich die Jungs mehr um den Sportteil gekümmert, die Mädchen mehr um das Lokale. Es hat uns viel Spaß gemacht, und wir waren traurig, als das Projekt zu Ende gegangen ist. Unser Lehrer, Herr Becker, wohnte im Elsass, er hat schon in der zweiten Klasse mit uns eine Brieffreundschaft mit einer französischen Klasse geführt. Er kam auf mich zu, ob ich den Bericht über unsere Fahrt zu unseren Brieffreunden in Grenoble machen wollte. Ich habe eine ganze Seite geschrieben, der Lehrer hat sie um die Hälfte gekürzt und die Zeitung nochmal um die Hälfte. Da war ich ein bisschen enttäuscht, als ich es in der Zeitung gesehen habe. Die Reise zum Austausch mit Grenoble war damals eine große Sache für uns, acht Stunden Zugfahrt hatte davor noch keiner gemacht. Journalismus hat mich seit der ersten Klasse interessiert, bei Zisch habe ich gesehen, wie das funktioniert. In der zehnten Klasse habe ich auch noch ein Praktikum beim SWR gemacht. Zeitungsleser bin ich heute aber nicht mehr. Wahrscheinlich bin ich ein typischer Student, ich informiere mich im Internet, oft übers Smartphone. Was ich mit Zeitung in Verbindung bringe, sind die Probeabos, die einem an der Uni hinterhergeworfen werden von Süddeutscher Zeitung und Frankfurter Allgemeine. Eigentlich ist das aber schade, denn ich verbinde Journalismus mit der Zeitung, nicht mit dem Internet.
ALINA HEITZLER
"Ein Leben als Star. Gute Seiten, schlechte Seiten – ein Langzeitthema" hieß der Bericht, den Alina Heitzler vor zehn Jahren für Zisch geschrieben hat. Damals besuchte sie die Klasse 4a der Grundschule March-Hugstetten, heute studiert die 20-Jährige Wirtschaftsingenieurwesen in Lörrach.
Ich habe damals über Ozzy Osbourne geschrieben und wie es ist, ein Star zu sein – und ganz ehrlich: Ich habe keine Ahnung, wie ich darauf gekommen bin. Wahrscheinlich hat mich mein älterer Bruder beeinflusst. Das Schreiben hat total Spaß gemacht – klar haben meine Eltern etwas geholfen. Das Ende meines Textes klingt witzig, ist aber immer noch wahr: "Für mich käme das Star-sein nicht in Frage, denn mir ist meine Familie wichtiger als Geld." Der Besuch bei der BZ hat mir damals super gefallen. Mir ist die Druckerpresse in Erinnerung geblieben, und die Erklärung, wie früher Zeitung gemacht wurde: mit der Hilfe von Schriftsetzern. Zudem haben wir geholfen, B. Zetti zu entwickeln: Wir wurden gefragt, welcher Name uns gefiele. Mit Journalismus hatte ich nur bei dem Zisch-Projekt zu tun. Mein Artikel war mein erster längerer Schreibversuch. Eigentlich wollte ich Tierärztin werden. Jetzt studiere ich Wirtschaftsingenieurwesen an der Dualen Hochschule Lörrach und arbeite bei einer Maschinenbaufirma. Zeitung lese ich heute gedruckt, im Internet gar nicht. Ab und zu gelange ich mal von einem Facebook-Link auf Artikel. Meine Oma hat die BZ abonniert und an meiner Arbeitsstelle liegen auch Zeitungen aus. Zeitungen sollten bleiben, wie sie sind, und sich nicht verändern, nur um etwa Jugendliche mehr anzusprechen. Mit 14 Jahren habe ich auch noch nicht alles verstanden, was in der Zeitung steht, aber deshalb sollten sie nicht so werden wie die Bild-Zeitung. Jugendliche müssen sich einfach mehr mit den Themen auseinandersetzen.
ANJA DEBALD
"Dann ruft der Auerhahn die Auerhenne", heißt der Beitrag, den Anja Debald vor zehn Jahren für Zisch geschrieben hat. Sie besuchte damals die Klasse 4 a der Paul-Hindemith-Schule in Freiburg, heute studiert die 19-Jährige International Business Management in Villingen-Schwenningen.
Zuhause haben wir zwar auch die "Badische", aber richtig cool am Zisch-Projekt war, dass ich jeden Tag meine eigene Zeitung bekommen habe. Die durften wir sogar in der Schule lesen, wir mussten wichtige Passagen markieren und daheim die Artikel für unser Thema ausschneiden. Die wurden in ein dickes Heft geklebt. Ich habe mich mit Barack Obama beschäftigt, der damals zum Hoffnungsträger der amerikanischen Demokraten aufgestiegen ist. Der Artikel, den ich für Zisch geschrieben habe, ist entstanden, als wir im Schullandheim am Feldberg waren. Wir haben das Ranger-Abzeichen gemacht und jeden Abend aufgeschrieben, was wir am Tag erlebt hatten. Als sie meinen Bericht gelesen hat, hat unsere Klassenlehrerin Frau Köhler gesagt, der ist gut, den schicken wir jetzt an die Zeitung. Die Zisch-Seite hing für den Rest des Schuljahres in unserem Klassenzimmer, und ich war ziemlich stolz darauf. Nach dem Zisch-Projekt habe ich jeden Morgen die Zeitung durchgeguckt und geschaut, was Obama macht. Natürlich habe ich als Viertklässlerin nicht alles verstanden. Auch im Gymnasium habe ich jeden Tag fünf bis zehn Minuten Zeitung gelesen. Jetzt studiere ich und kann mir eine eigene Zeitung, die jeden Morgen einfach so daliegt, nicht leisten. Außerdem fangen die Seminare früh an und ich habe davor keine Zeit zum Lesen. Ich höre viel Radio und informiere mich im Internet. Auf der Startseite meines Anbieters stehen ja auch Nachrichten, aber leider auch viel Unnötiges. Außerdem ist das so bildzeitungsmäßig. Wenn mich etwas interessiert wie zum Beispiel der Ukrainekonflikt, dann google ich das Thema und lese dazu etwas auf einer seriösen Nachrichtenseite. Wenn ich eine Familie habe, haben wir auf alle Fälle ein Zeitungs-Abo. Die Kinder sollen ja auch die Möglichkeit haben, sich selber informieren zu können.
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