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Wo ist der Hund?

Michael Saurer
  • Fr, 04. Oktober 2024
    Unterm Strich

     

Dass Wahlplakate kaum die Realität abbilden, ist bekannt. Doch der Fall eines US-Politikers wirft Fragen auf.

  | Foto: BZ-Grafik
Foto: BZ-Grafik
Neulich im Media Markt. Da steht ein Regal voller Kopfhörer – und darüber ein Schild: Mietservice. Man kann ja heutzutage so ziemlich alles mieten: Autos, Flugzeuge, temporäre Partner – aber möchte man einen Kopfhörer mieten? Jetzt rein aus hygienischen Erwägungen gefragt.

Noch kurioser ist aber etwas anderes. Der US-Politiker Derrick Anderson hat sich nämlich eine Familie gemietet. Eine Frau und drei Töchter, scheint ein Set gewesen zu sein. Natürlich war das nicht offiziell. So wie ein Fahranfänger einen dicken Mercedes mietet, Fotos macht, die auf Instagram postet und hofft, dass alle denken, was für ein cooler Macker er ist.

Das wollte Anderson nicht sein. Aber ein Familienmensch. Denn in Wirklichkeit lebt er alleine mit seinem Hund. Das wiederum kommt bei den Wählern seiner Partei, den Republikanern, nicht gut an. Und diese sollen ihm am 5. November in den Kongress verhelfen. Was tun? Ganz einfach: eine Frau und drei Kinder mieten, ein Foto machen, dieses auf Wahlplakate drucken und so tun, als ob dies die heile Welt des Derrick Anderson sei. Immerhin: Die Familie hat er nicht von einer finsteren Verleihagentur vermittelt bekommen, sondern von einem Freund, wie die New York Times herausfand.

Nun mag man einwenden, dass wir halt im postfaktischen Zeitalter leben und dieses im US-Wahlkampf ohnehin freidreht. Schließlich werden da noch viel abwegigere Dinge diskutiert. Etwa ob Hunde und Katzen von Flüchtlingen gegessen werden. Im Vergleich dazu ist das postfaktische Familienidyll des Derrick Anderson kaum eine Meldung wert.

Was aber verwundert, ist, dass auf dem Plakat sein einzig echtes Familienmitglied, sein Hund, gar nicht auftaucht. Dabei wird gerade Werbung mit Hunden ein hoher Aufmerksamkeitsgrad nachgesagt. Der Klopapierhersteller Andrex soll dank seiner Werbung mit Hunden seinen Marktanteil von 3 auf 33 Prozent gesteigert haben. Was für eine verpasste Chance, lieber Derrick Anderson.

Ressort: Unterm Strich

  • Artikel im Layout der gedruckten BZ vom Fr, 04. Oktober 2024: PDF-Version herunterladen

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