Sicherheit im Netz
Wie sich Baden-Württemberg gegen Cyberangriffe wappnen will
Baden-Württemberg hat eine Cybersicherheitsstrategie verabschiedet. Sicherheitsbehörden sollen personell wie technisch gestärkt werden. Die Opposition spricht derweil von Nebelkerzen.
Di, 21. Dez 2021, 21:48 Uhr
Südwest
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Tatsächlich dürften sich die Sphären mischen.
Laut dem Branchenverband der Informations- und Telekommunikationsfirmen, Bitkom, waren in den Jahren 2020/2021 neun von zehn deutschen Firmen von digitalen Angriffen betroffen. Den jährlichen Schaden durch digitale Kriminalität, Spionage und Sabotage beziffert Bitkom für ganz Deutschland mit über 220 Milliarden Euro pro Jahr. Baden-Württemberg, sagte Strobl, sei ein besonders beliebtes Ziel, als Land der Weltmarktführer habe man viel zu verlieren. Dazu komme, dass sich die Zeit seit Ausbruch der Pandemie für die Digitalisierung als Turbo erwiesen habe – Staat, Wirtschaft und Gesellschaft dadurch aber auch angreifbarer geworden seien.
Um sich gegen die zunehmende Bedrohung zu wappnen, hat das Kabinett am Dienstag die "Cybersicherheitsstrategie Baden-Württemberg" beschlossen, die in den nächsten fünf Jahren umgesetzt werden soll. Konkret sieht sie neun Handlungsfelder vor, Herzstück ist die im Februar 2021 gegründete Cybersicherheitsagentur Baden-Württemberg (CSBW) als zentrale Koordinierungs- und Meldestelle.
Die Agentur unterstützt vor allem Landesbehörden bei der Gefahrenabwehr und ist bei akuten Gefährdungen mit mobilen Teams vor Ort im Einsatz, sie berät aber auch kleine und mittlere Unternehmen. Eine weitere Aufgabe der CSBW sind regelmäßige Lagebilder. Dazu sammelt die Agentur Daten zu Sicherheitslücken, Schadprogrammen und erfolgten oder versuchten Angriffen. Aus den Lagebildern sollen zielgerichtete Maßnahmen zur Wiederherstellung des Normalzustands der IT-Services abgeleitet werden – oder strategische Entscheidungen zur künftigen Gefahrenabwehr. Es sei angezeigt, die Cybersicherheitsagentur "personell zu stärken", heißt es in dem knapp 50-seitigen Strategiepapier.
Aber auch die Einstellung von Digitalexperten sowie Ermittlungsassistenten für die Polizei und die Schaffung neuer Stellen bei den Staatsanwaltschaften fordert Strobl ein. Nicht nur die Fallzahlen seien enorm gestiegen, heißt es in dem Strategiepapier, zudem habe sich die Bedrohungslage durch die zunehmende Fokussierung der Cyberkriminellen auf bedeutsame Ziele wie wirtschaftlich starke Unternehmen, kritische Infrastrukturen und öffentliche Einrichtungen stark erhöht.
Die Strategie setzt bereits in der Schule an. Einerseits, um "die digitalen Kompetenzen zur Vermeidung von Cybersicherheitsrisiken frühzeitig zu vermitteln", wie es in dem Papier heißt. Und um digital kundige junge Menschen für Berufe in der Informationstechnik zu gewinnen. Um dem Fachkräftemangel abzuhelfen, sollen zusätzliche Studienplätze im Bereich IT/Digitalisierung geschaffen und berufsbegleitende Studienplätze angeboten werden. Die Landesbediensteten sollen in Sachen Cybersicherheit weitergebildet werden. Im Bereich Verbraucherschutz strebt die Strategie eine höhere Sensibilisierung für die Gefahren im Cyberraum an. Nicht alle Punkte der Strategie sind schon finanziert, die Mittel sollen größtenteils im Doppelhaushalt 2023/24 bereitgestellt werden.
Leider sei bei Strobls Plänen "wenig sicher", monierte der parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Fraktion, Sascha Binder. So habe die Cybersicherheitsagentur noch große Anlaufschwierigkeiten. Obwohl der Landtag schon in den Beratungen zum Doppelhaushalt 2019/20 insgesamt 83 Stellen bewilligt habe, seien bislang nur 46 Stellen besetzt. Mit Blick auf die Personalprobleme warf der Digitalisierungsexperte der FDP, Daniel Karrais, Strobl vor, Nebelkerzen zu zünden: "Eine Cybersicherheitsstrategie, die auf einer Agentur ohne Personal basiert, wird nicht erfolgreich sein können."
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