Wie Orkanböen am Schauinsland
Die New Yorker Brass-Coverband Lucky Chops, die durch ein Youtube-Video bekannt wurde, gastiert zum ersten Mal in Freiburg.
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Paradoxes Bild: Von einem Schlagzeugset abgesehen, herrscht gähnende Leere auf der Bühne, dafür drangvolle Enge unter den Zuschauern. Während Kevin Congler, schwarz und hochaufgeschossen, den Platz hinten am Schlagwerk einnimmt, postieren sich die anderen vier Musiker: links außen Raphael Buyo mit seinem Sousaphon, Trompeter Joshua Gawel, mittig Josh Holcomb an der Posaune und rechts Daro Behroozi am Tenorsaxophon. Alle urban, sportlich und lässig gekleidet. Schon beim Reinkommen der optische Knaller sind die silbernen Adidas-Treter mit Flügeln, die der Posaunist trägt. Ein weiterer Blickfang ist der quirlige kleine Filipino-Amerikaner Raphael Buyo im schwarzen Kickerdress – und in seinem Sousaphon. Er passt gerade so unter den mächtigen Schalltrichter.
Die Lucky Chops spielen einen Haufen Coversongs, die sie auf ihre eigene Art in einen starken Bläsersound überführen. Dabei fegen die Jungs über die Bühne wie Orkanböen am Schauinsland. Energiegeladen pulsiert der Groove, die Posaune quiekt, das Sousaphon pumpt und grundiert, das Schlagzeug marschiert, das Saxophon bebt und alles schiebt und treibt. Egal, ob der Beatles-Klassiker "Helter Skelter", der Gospelsong "I’ll Fly Away", die Rocky-Hymne "Eye Of The Tiger" oder der Seventies-Discokracher "Funkytown" – die Jungspunde hauen die Lieder in funky-fettem Bläsergewand raus, und zwar ultraschnell. Der Drummer wuchtet und fuchtelt ausgeklügelt am Schlagwerk, kräftig, urwüchsig, zugleich virtuos und filigran, lässt Beckenkaskaden erklingen, zwischendurch bekommt er sein umjubeltes Solo. Agil und athletisch kommen die Fünf rüber, nur Trompeter Joshua Gawel, der vor Jahren schon mal mit der Dave Matthews Band aufgetreten ist, wirkt im Vergleich etwas behäbig. Musikalisch feuern die vier Bläser aus alle Rohren, wobei vor allem der Sousaphonist in kurzer Hose tänzelt und trippelt, wie man es mit dem Rieseninstrument nicht für möglich gehalten hätte.
Der Höhepunkt ist erreicht, als die Band Ben E. Kings "Stand By Me" mitten im Publikum spielt. Ein Zaubermoment. Der natürlich von allen gefilmt werden muss. Die gereckten Smartphones erklären auch, warum die Stimmung während des Konzerts größtenteils im Keller ist – die Generation YouTube ist mit sich selbst beschäftigt, die Bewegungen beschränken sich auf Finger und Hände. Wie bei jenem Touristen damals.
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