Wie die Runde ins Eckige kam
Heiß, knusprig und mit viel Käse: So lieben wir die Pizza. Damit sie zu Hause heiß ankommt, wird ein Karton gebraucht. Wer die Box erfand, ist umstritten.
Christine Süß-Demuth (epd)
Wir benötigen Ihre Zustimmung um BotTalk anzuzeigen
Unter Umständen sammelt BotTalk personenbezogene Daten für eigene Zwecke und verarbeitet diese in einem Land mit nach EU-Standards nicht ausreichenden Datenschutzniveau.
Durch Klick auf "Akzeptieren" geben Sie Ihre Einwilligung für die Datenübermittlung, die Sie jederzeit über Cookie-Einstellungen widerrufen können.
AkzeptierenMehr Informationen
Der Patentschrift zufolge erfand Abraham L. Tunick für die Firma Chicken Delight aus Illinois einen "belüfteten, stapelbaren Container für fertig gekochtes Essen". Der Karton wurde aus einem flachen Papprohling ohne Klebstoff per Hand gefaltet und war mit Lüftungsschlitzen versehen. Unter der Nummer US3163344A wurde das Patent schließlich am 29. Dezember 1964 gewährt.
Warum die Runde unbedingt ins Eckige gehört, hat mehrere Gründe. So ist das gebackene Teigstück nicht nur gut stapelbar. Die Wellpappe hält auch die Wärme besser. Und sie ist haltbarer als dünne Verpackungen, die durch den heißen Teig feucht und durchweicht würden. Außerdem isoliert die darin enthaltene Luft den belegten Teigfladen gut. Zusammen mit dem Wasserdampf aufnehmenden Material sorgen die Ecken dafür, dass die runde Pizza heiß und knusprig bleibt. Kleine Löcher oder Schlitze lassen überschüssigen Dampf entweichen.
Die Idee, Pizzen zu verpacken und zu liefern, ist aber schon viel älter. Ab dem 19. Jahrhundert packten neapolitanische Bäcker ihre gebackenen Teigstücke in runde Kupferbehälter. Damit wurden die Verkäufer auf die Straße geschickt.
Heute ist der Pizzakarton, der immer noch manuell gefaltet wird, sogar wettbewerbsträchtig. Den Weltrekord im Zusammenfalten hält der US-Amerikaner Randy DeGregorio. Am 13. Oktober 2020 formte er 18 Boxen in einer Minute.
Auch dienen die Pappbehälter oft als Werbeträger für die Pizzeria. Umstritten war vor einigen Jahren eine Kampagne der Bundeswehr, die auf tarnfarbenen Pizzakartons um Nachwuchs warb – mit den Slogans "Ohne Mampf kein Kampf!" und "Futter frei!".
Die einfachen Schachteln können nicht nur Werbung, sondern auch Kunst: Die Künstlerin Helen Königs aus dem Landkreis München nutzt sie seit 2004 als Leinwand für ihre "Pizzakarton Art". Auch ein Waldkircher Schlosser, Klaus Schätzle, mauserte sich dank Pizzaboxen zum Künstler: Mit der Erfindung eines quadratischen Pizza-Mülleimers schaffte er es vergangenes Jahr in die Ausstellung "Ins Freie" der Pinakothek der Moderne in München.
Wohin kommen eigentlich die zahllosen gebrauchten Verpackungen? In den Rest- oder Papiermüll? Seit Anfang 2023 gibt es Pfandsysteme für Lebensmittelbehältnisse, der Pizzakarton ist davon aber ausgenommen. Allein in Deutschland landen laut Deutscher Umwelthilfe pro Jahr 435 Millionen Pizzakartons oder 50.000 Tonnen Pappe im Müll. Sind sie stark verschmutzt, sollten sie in den Restmüll wandern. Sind sie leer und nicht beschichtet, gehören sie wie Altpapier in die Recyclingtonne, mahnt die Umwelthilfe.
In die Schlagzeilen geriet ein Pizzakarton jüngst, als sich zwischen Umweltaktivistin Greta Thunberg und dem britisch-amerikanischen Influencer Andrew Tate auf Twitter ein Schlagabtausch entwickelte, in dem er auch ein Foto mit dem Karton einer rumänischen Pizzeria veröffentlichte.
Wegen des Verdachts auf Menschenhandel und Vergewaltigung wurde Tate kurz darauf in Rumänien verhaftet. Konnte er anhand des Pizzakartons lokalisiert werden? Auch wenn die Polizei einen Zusammenhang mit dem Foto dementierte, kommentierte die schwedische Umweltaktivistin daraufhin lapidar: "Das passiert, wenn man seine Pizzakartons nicht recycelt."
Kommentare
Liebe Leserinnen und Leser,
leider können Artikel, die älter als sechs Monate sind, nicht mehr kommentiert werden.
Die Kommentarfunktion dieses Artikels ist geschlossen.
Viele Grüße von Ihrer BZ