Whatsapp und die Verschlüsselung
Die Neuerung verspricht mehr Datensicherheit für die Nutzer, aber die Firma riskiert nun ebenfalls Konflikte mit den Behörden.
Rob Lever (AFP) und Till Simon Nagel (dpa)
Wir benötigen Ihre Zustimmung um BotTalk anzuzeigen
Unter Umständen sammelt BotTalk personenbezogene Daten für eigene Zwecke und verarbeitet diese in einem Land mit nach EU-Standards nicht ausreichenden Datenschutzniveau.
Durch Klick auf "Akzeptieren" geben Sie Ihre Einwilligung für die Datenübermittlung, die Sie jederzeit über Cookie-Einstellungen widerrufen können.
AkzeptierenMehr Informationen
Der weit verbreitete Kommunikationsdienst Whatsapp hat den Datenschutz für seine Nutzer erhöht: Für alle verschickten Nachrichten gilt nun die sogenannte Ende-zu-Ende-Verschlüsselung. Damit können nur noch Absender und Empfänger auf die Inhalte zugreifen. Kritik an dem Schritt kommt von Behörden, die Schwierigkeiten etwa bei der Terrorbekämpfung befürchten.
Nun zieht das Unternehmen nach und rüstet seine Applikation so um, dass Textnachrichten, Fotos und andere Inhalte ebenso wie Anrufe auf dem Gerät des Absenders verschlüsselt und erst beim Empfänger oder einer Gruppe von Empfängern wieder entschlüsselt werden.
"Niemand kann in diese Nachrichten schauen. Keine Hacker. Keine unterdrückenden Regimes. Nicht einmal wir", teilte Whatsapp mit. Die Kommunikation werde nun so privat "wie eine Unterhaltung von Angesicht zu Angesicht". Die Ende-zu-Ende-Verschlüsselung funktioniere in der neuesten Whatsapp-Version automatisch und könne nicht abgeschaltet werden.
Whatsapp-Mitgründer Jan Koum führte auch persönliche Gründe dafür an, dass der Schutz privater Kommunikation für ihn "einer der wichtigsten Punkte" sei. "Ich bin während der Herrschaft der Kommunisten in der Sowjetunion aufgewachsen und die Tatsache, dass Menschen nicht frei sprechen konnten, ist einer der Gründe, warum meine Familie nach Amerika ausgewandert ist."
Allerdings droht der Firma nun gerade mit den US-Behörden Ärger. Zuletzt hatte sich die US-Bundespolizei wochenlang mit Apple gestritten, weil sie die Entschlüsselung eines iPhones durchsetzen wollte, das einAttentäter benutzt hatte. Einer entsprechenden gerichtlichen Anordnung widersetzte sich Apple. Letztlich knackte das FBI das Smartphone selbst. Whatsapp und Facebook hatten in dem Verfahren Apple den Rücken gestärkt.
Medienberichten zufolge ist Whatsapp in den USA bereits in einen ähnlichen Rechtsstreit mit Behörden verwickelt. Der Messenger-Dienst soll wie das Konkurrenzprodukt Telegram von den Attentätern benutzt worden sein, die im November in Paris 130 Menschen töteten.
In den USA wird bereits über eine Gesetzesinitiative diskutiert, die Technologieunternehmen verpflichten könnte, "Schlüssel" zu den Nutzerdaten in ihren Diensten vorzuhalten und im Falle von Ermittlungen herauszugeben. Ähnliche Debatten gibt es auch in Frankreich und Großbritannien. Kritiker fürchten, dass solche Regelungen Hackern und autoritären Regierungen den Zugriff auf die Daten erleichtern würden.
Amnesty International begrüßte das Vorgehen von Whatsapp. Es handele sich um "einen großen Sieg für die Menschenrechte" und einen "kräftigen Schub für die Fähigkeit der Menschen, sich auszudrücken und ohne Angst zu kommunizieren", so Sprecherin Tanya O’Connell.
Ende-zu-Ende bedeutet, dass Inhalte auf dem Gerät des Absenders verschlüsselt und erst beim Empfänger wieder entschlüsselt werden. Auf dem Transportweg durchs Internet und auf den Servern des jeweiligen Dienstanbieters bleiben die Daten geschützt. Würde jemand eine Nachricht unterwegs abfangen, erhielte er nur unverständlichen Datensalat.
"Ein gewisses Maß an Grundvertrauen muss da sein", sagt Ronald Eikenberg von der Fachzeitschrift c’t. Die angewandte Verschlüsselung mit dem Signal-Protokoll von Open Whisper Systems, dem Entwickler des Kryptomessengers Signal, nennt er zuverlässig. Künftig lassen sich auch Gesprächspartner verifizieren. Scannt man einen QR-Code auf dem Telefon eines Freundes oder vergleicht eine 60-stellige Zahlenfolge, kann man sicher sein, dass Nachrichten nur an jenes Telefon gesendet werden. Auch ältere Smartphone-Plattformen wurden damit ins Verschlüsselungsboot geholt.
Doch einige Schwachstellen gibt es noch. Zwar ist es nun für Dritte extrem schwierig, Inhalte mitzulesen. Nach wie vor kennt Whatsapp aber die Telefonnummern seiner Nutzer, durchsucht deren Adressbücher und kennt die Metadaten einer Unterhaltung. Also: wer wann wen wie lange kontaktiert hat. Diese Daten könnten Strafverfolgungsbehörden oder Geheimdienste im Ernstfall vom Anbieter fordern. Auf dem Telefon lagern die Chats nach wie vor unverschlüsselt, und auch wer Whatsapp-Unterhaltungen mit iCloud synchronisiert, legt sie unverschlüsselt in seinem Onlinespeicher ab.
"Sie haben im Rahmen ihrer Möglichkeiten viel getan", urteilt Ronald Eikenberg. "Letztlich bestand auch Handlungsbedarf." Denn gerade die fehlende Verschlüsselung hat bislang viele abgehalten, Whatsapp zu nutzen. Solche Nutzer setzen oft auf alternative Messenger wie Threema, Signal oder Wire, die auch mit starker Verschlüsselung arbeiten, aber weniger über ihre Nutzer wissen wollen.
Kommentare
Liebe Leserinnen und Leser,
leider können Artikel, die älter als sechs Monate sind, nicht mehr kommentiert werden.
Die Kommentarfunktion dieses Artikels ist geschlossen.
Viele Grüße von Ihrer BZ