Weltverbesserung mit Youtube-Clips
Wie vier Studenten aus Offenburg mit einem gestellten Wohnungslosen -Video eine Internetsensation schufen .
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16 Millionen Views! Ein Video, in dem vier Studenten in der Freiburger Innenstadt scheinbar einem Obdachlosen helfen, ging um die Welt. US-Amerikanische TV-Sender, die BILD und heftig.co berichteten darüber. Doch wer steckt eigentlich hinter dem viralen Hit?
Die Macher
Andreas Zimmermann und Peter Wilhelm haben mit ihren Kommilitonen Julian Wagner und Yannick Grewe den Verein Be Japy e.V. gegründet. Die Mittzwanziger studieren Medien- und Informationswesen an der Hochschule Offenburg. Ihr Verein war ursprünglich eine Projektarbeit. Die vier ergänzen sich gut: Einer ist Filmer, ein anderer Musiker, einer Tontechniker und einer Internetexperte. Mehr braucht es nicht für die Netzsensation.
Die Idee
"Wir haben uns überlegt, was die sozialen Netze eigentlich sozial macht", sagt Abdreas Zimmermann. "Dann sind wir zu dem Schluss gekommen, dass sie eigentlich überhaupt nicht sozial sind!"
Ihre Überzeugung: Die sozialen Netzwerke können mehr als nur Katzenvideos. Mit ihren Aktionen wollen die Studenten zeigen, dass auch kleine Gesten etwas bewegen können – und andere Menschen ermuntern, es ihnen gleichzutun. "Wir helfen durch Inspiration", ist sich Peter Wilhelm sicher.
Die Sensation
Mehr als 16 Millionen mal wurde das Video mit dem Obdachlosen mittlerweile auf Youtube angesehen. Die Macher können das noch gar nicht fassen – mit 10 000 Views hatten sie optimistisch gerechnet. Über Nacht verselbstständigte sich das Video, fast minütlich erhielten sie Facebook-Nachrichten, irgendwann meldete sich die BILD. Die vier Studenten waren überfordert. "Wir sind im Chaos versunken", sagt Wilhelm. "Man lädt 20 Leute zu seinem Geburtstag ein und auf einmal kommen 2 000 – damit kann man die Situation vergleichen." Das Video ging um die Welt, landete auf koreanischen Blogs, nachts klingelte ein US-Fernsehsender an. Auch die deutsche Webseite heftig.co lud den Clip hoch, verletzte das Urheberrecht der Macher. Wer sich das Video dort anschaut, bekommt zuerst Werbung zu sehen, zum Beispiel für Aftershave. Gut finden die Filmemacher das nicht. Sie selbst hätten auf Youtube viel Geld verdienen können, haben sich aber dagegen entschieden. Jetzt verdienen eben andere – ohne ihr Einverständnis. Tun können die Studenten dagegen wenig: Die Verbreitung hat längst Ausmaße angenommen, die sie nicht mehr kontrollieren können. Auch ein Dutzend anderer Youtube-Benutzer hat das Video erneut hochgeladen. "Letztendlich ist es auch egal, wo es auftaucht", findet Wilhelm. "Was zählt, ist schließlich der Inhalt."
Die Kritik
Doch über den wurde gerade am Anfang viel diskutiert. Als erstes Medium überhaupt hatte fudder das Video am 10. Juli verbreitet. Dort wurde Be Japy stark kritisiert. "Wer uneigennützig Gutes tun will, braucht keine Egoselbstbefriedigung auf Youtube", schimpfte ein fudder-Kommentator. Der Ärger schwappte auch auf Facebook über, die Macher kamen ins Grübeln. Sie nahmen die Vorwürfe ernst und erwogen gar, das Projekt einzustellen. In einem zweiten Video stellten sie dann klar: Auch wenn Be Japy solche Aktionen schon mehrfach veranstaltet hat, war die Szene im Video nur gespielt, der scheinbar wohnungslose Protagonist ein Schauspieler. "Aber die Kommentare wurden schnell persönlich beleidigend", berichtet Wilhelm. Die Kritik machte ihm zu schaffen. "Teilweise bin ich morgens aufgewacht und dachte: Scheiße, was ist hier eigentlich los?!" Knapp 5 000 Menschen haben das Video schon auf YouTube kommentiert. Mittlerweile lesen die vier gar nicht mehr alles, was geschrieben wird – aus Selbstschutz. Wilhelm versucht die Hintergründe zu erklären: "Es war nicht unser Ziel, die neuen Social Heroes zu sein. Wir wollten in die sozialen Netzwerke, mehr Publikum für unsere Aktionen finden." Dann ergänzt er: "Wir sind das Gesicht von Be Japy, aber am liebsten würde ich einen schwarzen Sack überziehen, weil das alles nicht so wichtig ist."
Die Zukunftspläne
Fast 128 000 Fans hat der Verein derzeit auf Facebook. "Ihr seid Stars", schreibt dort jemand. Be Japy hat jetzt eine Plattform, um auch in Zukunft viele Menschen zu erreichen. Doch wie es weitergehen wird, das wissen die vier Studenten noch nicht so recht. Die ersten Management-Angebote liegen schon vor. "Wir haben aber nicht vor, professionelle Youtuber zu werden", stellt Wilhelm klar. "Es ist nicht unser Ziel, als Boyband vermarktet zu werden." Nur ein Fünftel der Anhänger kommt überhaupt aus Deutschland. Deshalb will Be Japy die ganze Welt erreichen. Am 30. August soll es den ’Japy Day’ geben, weltweit sollen Menschen an diesem Tag Gutes tun. Parallel wollen die Vereinsgründer derweil stabilere Strukturen schaffen. "Weiter als zwei bis drei Wochen können wir zurzeit nicht planen", sagt Zimmermann. Weitermachen wollen sie aber auf jeden Fall.
Auf Youtube ist schon die nächste Aktion zu sehen. Peter Wilhelm steht vor dem Freiburger Hauptbahnhof und sammelt High Fives – für jeden Handschlag gibt es einen Euro. 130 Euro kommen so zusammen – für den Freiburger Verein Kinderherzen retten. Den Großteil davon spenden die vier Studenten selbst.
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