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Von Sissi und Softwareproblemen

FUDDER-TEST: Wie Südbadens Bundestagsabgeordnete Facebook und Twitter für die politische Kommunikation nutzen.  

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Soziale Medien werden für Politiker immer wichtiger. Sie ermöglichen eine direkte Kommunikation mit den Wählern und bieten Informationen zur politischen Stimmung, die man in anderen Medien so nicht bekommt. Etwas mehr als dreiviertel aller Vertreter im Bundestag haben daher schon eine Facebook-Präsenz, etwas mehr als die Hälfte ist auf Twitter. Wie schlagen sich die Bundestagsabgeordneten aus Südbaden?

Die gute Nachricht zuerst: Alle südbadischen Bundestagsabgeordneten sind im Social Web aktiv. Bei Facebook liegen sie sogar über dem Bundestagsdurchschnitt, denn ausnahmslos jeder hat ein eigenes Profil in dem sozialen Netzwerk. Der Grad der Aktivität variiert allerdings stark zwischen hyperaktiv und völlig passiv. Die Muffel sind in guter Gesellschaft: Eine Studie der Uni St. Gallen hat ergeben, dass nur ein Prozent aller Volksvertreter die sozialen Netzwerke tatsächlich aktiv nutzt. Bei Twitter haben immerhin zwei Drittel der südbadischen Abgeordneten einen eigenen Account. Aktiv genutzt wird er immerhin von drei Volksvertretern. Unter die Top 10 der aktivsten Bundestagstwitterer von bundestwitter.de schafft es aber keiner.

Wenn ein Politiker nun soziale Netzwerke nutzt, heißt das aber noch lange nicht, dass man als Wähler immer persönlich mit seinem Abgeordneten kommunizieren kann. Mehr als die Hälfte der Abgeordneten unseres Fudder-Tests lassen zumindest teilweise ihre Mitarbeiter posten.

Armin Schuster, ein Neuling im Bundestag, wurde das bei seinem Antritt sogar von vermeintlich erfahreneren Kollegen empfohlen. Schließlich habe man als Abgeordneter für "so etwas" nicht auch noch Zeit. Ob ein Politiker tatsächlich selbst twittert und postet, merkt man häufig daran, wie unregelmäßig er oder sie aktiv ist.

Thomas Dörflinger (CDU)
Sein Facebook-Profil kommt etwas verstaubt daher. Um Updates zu bekommen, muss man eine Freundschaftsanfrage verschicken (die nach fünf Tagen beantwortet wurde). Eine Abonnieren-Funktion gibt es nicht – Facebook anno 2008. Immerhin kann man sein Profil einsehen, ohne mit ihm befreundet zu sein. Während die Chronik zunächst noch mit Bildern von Schülergruppen vor der Reichstagskuppel zugepflastert war, mehren sich nun die nützlichen Infos, etwa über den Weiterbau der A 98. Dennoch wünscht man sich noch mehr Antworten auf Kommentare und Posts und weniger Verweise auf die Website. Immerhin erfährt man Persönliches abseits der Vita, nämlich dass Herr Dörflinger Max Raabe und den SC Freiburg gut findet.

Obwohl er verhältnismäßig früh auf Twitter war (schon 2009), hat sich das wohl nicht rentiert. Nach einem halben Jahr und sechs Tweets war Schluss.

Peter Weiß (CDU)
Nach einem hübschen Titelbild wird man auf dem Facebook-Profil leider von seiner ellenlangen Vita erschlagen. Die kriegt man auch auf Wikipedia, und das vielleicht sogar objektiver. Zudem hindert auch hier noch die Freundschaftseinladung. Positiv im Vergleich mit vielen anderen Pressemitteilungsschleudern: Sein Profil wird dominiert von Fotos und eigenen Posts, zum Beispiel von der Umstellung der Straßenbeleuchtung im Wahlkreis auf LED. Allerdings werden die (seltenen) User-Kommentare kaum beantwortet.

Armin Schuster (CDU)
Armin Schuster twittert! Und dies sogar oft! Daher weiß man jetzt auch, dass Sissi (Teil eins bis drei) für ihn an Weihnachten dazugehört. Würde der CDU-Mann aus dem Wahlkreis Lörrach-Müllheim jetzt noch etwas weniger "Ich habe ein neues Foto auf Facebook gepostet"-Beiträge veröffentlichen, wäre sein Twitter-Profil prima.

Re-Tweets sind aber ebenso Mangelware wie Tweet-Antworten. Die Mischung aus politischen Informationen (zum Beispiel zur Rheintalbahn) und persönlichen Anekdoten (wie das Aussuchen des Narrenbaums) ist auch auf Facebook gelungen und man kann ihn abonnieren, ohne sich zu befreunden. Eine für Politikerprofile sinnvolle Option.
Wolfgang Schäuble (CDU)
Wolfgang Schäubles Facebook-Seite spricht eine eindeutige Sprache: Der Bundesfinanzminister rettet gerade den Euro und den Haushalt, daher hat er leider keine Zeit für angemessene Wählerkommunikation. Kein Titelbild, keine Interaktion, kein Pep und eine Chronik gepflastert mit Links zur eigenen Website und dem Finanzministerium. Was 2009 mit Videos und Fotos gut angefangen hat, wurde alsbald vernachlässigt. Schade. Das Alter ist da keine Ausrede, der nur zwei Jahre jüngere Kollege Erler macht vor, wie es besser geht.

Gernot Erler (SPD)
Gernot Erler veröffentlicht zwar zu viele Pressemitteilungen oder Artikel von der eigenen Website. Immerhin ist aber auch mal ein Video aus dem eigenen Youtube-Kanal oder ein Foto, zum Beispiel von der Nominierungskonferenz seiner Partei, dabei. Die persönliche Note in seinen Statusmeldungen tendiert leider gegen Null. Man merkt deutlich, dass er das nicht selber macht. Unterm Strich aber ein zufriedenstellender Mix in einem klassischen Politikerprofil. Von einem gestandenen Abgeordneten wie Erler könnte man allerdings auch erwarten, dass er auf Twitter ist.

Kerstin Andreae (B90/ Die Grünen)
Kerstin Andreae ist die erfahrenste Twittererin in unserem Test. Sie ist am längsten dabei, hat die meisten Tweets und Follower. Man findet auch richtige Gespräche, etwa über den Schuldenabbau. Kurz: Sie nutzt das Medium im Sinne des Erfinders. Nur dieses automatische Twittern von eigenen Website-Artikeln nervt ein bisschen. Auf Facebook begrüßt den Nutzer kein knallig grünes Titelbild, sondern nur gähnende Leere. Dafür stimmt der Inhalt, so fordert sie zum Beispiel in der Sexismusdebatte eine klare Stellungnahme von Rainer Brüderle. In die mehr als 50 Kommentare umfassende Diskussion unter diesem Post greift sie allerdings nur einmal ein. Da geht noch mehr. Daran, dass sie ihre Freunde auch mal um Hilfe bei einem Softwareproblem bittet, merkt man, dass sie das Medium und die Nutzer ernst nimmt.

Elvira Drobinski-Weiß (SPD)
Auf der Facebook-Seite von Elvira Drobinski-Weiß weiß man sofort, woran man ist. Die Farbe Rot dominiert das Titelbild. Deutlich wird auch darauf hingewiesen, dass die Seite, die mehr als 550 "Gefällt mir" vorweisen kann, von ihr und dem Team gemeinsam betreut wird. Trotzdem wirkt alles etwas steril. Das schlägt sich dann auch in einer etwas mauen User-Resonanz nieder, obwohl sie nicht nur eigene Links postet, sondern auch mal einen Spiegel- oder Zeit-Artikel, etwa zu Datenlecks bei Instagram. Noch mehr Facebook-Freunde wären möglich, würde sie Facebook auf ihrer Internetseite einbinden.

Sibylle Laurischk (FDP)
Sibylle Laurischk kann man fast einen sozial-medialen Totalausfall nennen. Auf Facebook ist sie zwar vertreten, jedoch ohne Titelbild und Abonnement-Funktion. Posts sind nicht sichtbar, zumindest nicht, bevor man befreundet ist. Unsere Freundschaftsanfrage wurde innerhalb von zehn Tagen nicht angenommen. Die parteipolitische Zugehörigkeit ist das einzige, was man erfährt. Kurzum: Sibylle Laurischk legt keinen Wert auf Social Media. Muss erwähnt werden, dass sie nicht auf Twitter ist?

Rita Schwarzelühr-Sutter (SPD)
Rita Schwarzelühr-Sutter verfügt über ein frisches Facebook-Profil – leider für ein kleines Publikum von nur 75 Freunden. Und dies, obwohl vorbildlich auf der Startseite ihrer Homepage auf Facebook verwiesen wird. Im Gegensatz zum Twitter-Account, den man mit der Lupe suchen muss. Ein direkter Austausch mit dem Wähler findet selten statt. Der Mix aus Fotos (etwa von Besuchern aus Waldshut in Berlin), Videos, Posts sowie eigenen und fremden Links überzeugt allerdings. Die Frequenz der Beiträge ist noch etwas niedrig – da könnte das Social-Media-Team von Rita Schwarzelühr-Sutter noch mehr machen.

– Fabian Fechner kommt aus Breisach und hat Internationale Beziehungen in St. Gallen sowie Europäische Politik in London (LSE) studiert. In seiner Masterarbeit untersuchte er die Web- und Social-Media-Auftritte von Europaabgeordneten.

Ressort: fudder

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