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Viele Notrufe ohne Not

Auch Freiburger Polizei von falschen Notrufen betroffen

Wer die 110 wählt, sollte dies aus triftigem Grund tun – und nicht aus Spaß oder Langeweile. Auch bei der Polizei Freiburg wird es manchmal skurril: Leute fragen nach der Uhrzeit oder dem verlegtem Lidl-Prospekt.  

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Im Führungs- und Lagezentrum der Polizei an der Bissierstraße gehen rund um die Uhr die Notrufe für ganz Südbaden ein. Von hier aus werden die täglich bis zu 650 Einsätze koordiniert. Foto: Rita Eggstein
Die überwiegende Mehrheit der Anrufer, welche die Notrufnummer 110 wählen, suchen aus triftigem Grund die Hilfe der Polizei – etwa weil sie als Betroffene oder Zeugen einen Unfall oder eine Straftat melden wollen. Bei 450 bis 650 Einsätzen in Südbaden pro Tag lässt sich ausrechnen, wie oft die Polizei gerufen wird. Aber: Es gibt auch eine gewisse Zahl an Anrufen, die keine Notrufe sind. Hier geht es oft um Auskünfte oder Alltagsprobleme. Das ist manchmal lustig, oft nervig – aber jeder dieser Anrufe blockiert die Leitung für einen echten Notruf.


Die Polizei hat schon länger damit zu kämpfen, dass viele Anrufer aus Spaß, Langeweile, Unwissenheit oder aus purer Lust am Ärgern die 110 wählen. Das verlängert die Wartezeiten für Menschen, die wirklich in Not sind. Die Berliner Polizei hat in dieser Woche auf das ernste Problem auf lustige Art aufmerksam gemacht. Sie veröffentlichte beim Kurznachrichtendienst Twitter überflüssige Anrufe im Wortlaut. In Berlin sind 300.000 der jährlich 1,3 Millionen Anrufe bei der 110 keine Notrufe.

85 Mitarbeiter arbeiten rund um die Uhr im Schichtdienst

Die Polizei in Freiburg nennt keine Zahlen. "Wir sind mit dem Notrufverhalten der Bevölkerung ganz zufrieden", sagt Polizeidirektor Achim Zitzer, der Chef des Führungs- und Lagezentrums (FLZ).

Im obersten Stockwerk des Polizeipräsidiums an der Bissierstraße arbeiten rund 85 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Schichtdienst – rund um die Uhr an 365 Tagen im Jahr. Hier gehen die polizeilichen Notrufe aus dem Stadtkreis Freiburg, aus den Kreisen Breisgau-Hochschwarzwald, Emmendingen, Waldshut und Lörrach ein. Dass bei bis zu 650 Einsätzen täglich nahezu pausenlos das Telefon klingelt, ist offensichtlich. Denn bei manch einem Einsatz – etwa einem Unfall auf der Autobahn, den viele Verkehrsteilnehmer mitbekommen – bekommt die Polizei oft gleich eine Serie von Notrufen.

Aber klar ist auch: Auch im Freiburger Lagezentrum müssen die Beamten oft Fragen beantworten oder Themen diskutieren, die nichts mit der Polizeiarbeit zu tun haben. Skurril sind Nachfragen nach der Uhrzeit oder dem verlegtem Lidl-Prospekt. Vom kuriosesten Anruf, den er bislang entgegengenommen hat, berichtet Jörg Lorenz, erster Polizeihauptkommissar und Polizeiführer vom Dienst im Lagezentrum: "Einmal rief abends eine junge Frau an und fragte, wann ich Schichtende habe – sie suchte jemanden, mit dem sie ausgehen konnte."

Manchmal sind es erkennbar auch Kinder, die anrufen

Oft geht es um Auskünfte ("Wo ist das Fundbüro?"), Beschwerden ("Nachbar macht keine Kehrwoche") oder einfach nur um menschliche Kommunikation: wenn Leute nicht mehr weiterwissen und jemanden zum Reden brauchen. "Wenn’s geht, geben wir eine kleine Hilfestellung, und die meisten dieser Anrufer sind dann auch schnell zufrieden", sagt Jörg Lorenz. Dann werde das Gespräch kurz und prägnant gehalten, damit die Leitung schnell wieder frei wird. Und manchmal sind es erkennbar auch Kinder, die mehrmals anklingeln. Da, sagt Lorenz, schaffe dann ein Rückruf und das Gespräch mit den Eltern meist schnell Abhilfe.

Es gibt auch Anrufe, bei denen ein erfundener Sachverhalt gemeldet wird. Wenn wegen so etwas Streifenwagen ausrücken müssen, kann schon einmal eine Strafanzeige drohen. Oft rufen Bürger die 110 wegen Ruhestörungen – obwohl dafür eigentlich die Reviere zuständig sind. Und vielfach wird medizinische Hilfe benötigt und der Anrufer hat statt der 112 die 110 gewählt. Dann verbindet die Polizei mit der zuständigen der vier Integrierten Leitstellen in Südbaden.

Wenn Vollmond ist, gibt es mehr Anrufe

Der Juli ist der Monat mit den meisten Anrufen, danach folgen Januar und Februar. Ein hohes Aufkommen gibt es immer auch in den Ausgehnächten zu Freitagen und Samstagen. Es gibt auch andere Faktoren, welche die Zahl der Anrufe beeinflussen. Die Polizisten am anderen Ende der 110 merken stets auch, wann Vollmond ist.

Die besondere Situation in Südbaden nach den beiden Frauenmorden in Freiburg und Endingen hat dazu geführt, dass es aktuell ein höheres Aufkommen an Notrufen gibt – und das ist ganz im Sinne der Polizei, die um Meldungen ausdrücklich gebeten hat, wenn jemand etwas Verdächtiges beobachtet. FLZ-Leiter Zitzer rät denn auch: "Lieber einmal zu viel die 110 wählen, als einmal zu wenig."

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Ressort: Freiburg

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