Vergrößert, verkleinert, verfremdet, selbstironisch

Bei seiner Arbeit behandelt er Patienten, in seiner Freizeit erstellt er Kunstwerke: Michael Lotzgeselle präsentiert in einer neuen Ausstellung im Haus Fischerzunft in Bad Säckingen seine Werke. Seine Collagen wirken oft surreal.  

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Michael Lotzgeselle stellt bis Mitte März im Haus Fischerzunft aus.  | Foto: Michael Gottstein
Michael Lotzgeselle stellt bis Mitte März im Haus Fischerzunft aus. Foto: Michael Gottstein
Es ist seine dritte Präsentation, und seit der Premiere im Februar 2023 ist eine Entwicklung festzustellen, denn neben der Collage spielt nun die fotografische Bearbeitung eine größere Rolle. Der Titel "Old and new, borrowed and blue" verweist auf die amerikanische Hochzeitstradition, derzufolge die Braut etwas Altes, Neues, Blaues und Geborgtes tragen soll. Blau ist die dominierende Farbe der Werke. "Und geborgt ist alles", erzählt Michael Lotzgeselle. Viele seiner Motive entnimmt er Zeitungen, Illustrierten, Werbeplakaten oder dem Internet. Besonders gerne nutzt er die Modefotografie aus den 1920er bis 1950er Jahren, die sich durch besondere Eleganz auszeichnet. Neu hingegen sind die Montage der Motive und die fotografische Umsetzung.

Michael Lotzgeselle fotografiert die Collagen, bearbeitet sie digital und sendet die Dateien an eine Spezialdruckerei. Der Raum "Alt und Neu" zeigt eine Gegenüberstellung seiner früheren Collagen, die detailverliebt ausfallen und die analoge Arbeitsweise verraten, und der neuen Werke, die etwas schlichter und auch strenger in der Komposition sind.

Seine Werke wirken oft surreal. Die Motive erfahren durch Vergrößerung oder Verkleinerung eine Entfremdung, die Kombination von Motiven aus verschiedenen Sphären ist typisch für den Surrealismus, und immer wieder stößt man auf überraschende Metamorphosen, wenn etwa Zahnräder zu dekorativen Ornamenten mutieren. Die Zusammenstellung wirkt erheiternd, wenn gegensätzliche Welten wie ein Bergdorf und ein Rokoko-Salon aufeinanderprallen.

Seine künstlerische Arbeit folgt weder einem Thema noch einem ikonographischen Programm. "Es ist ein unbewusster Prozess, dessen Ergebnis etwas bedeuten mag", sagt Michael Lotzgeselle, der im Hauptberuf Arzt, Psychiater und Psychotherapeut ist. Die Einschränkung durch das Hilfsverb ist wichtig: Obwohl Kunst ein Prozess ist, in den Unterbewusstes einfließt, sollte man nicht vorschnell Rückschlüsse vom Werk auf die Person des Künstlers ziehen, sondern bedenken, dass jede Interpretation etwas über den Interpreten aussagt, der anhand der Assoziationen, die die Werke auslösen, etwas über sich selbst erfährt.

Michael Lotzgeselle investiert viel Zeit und Arbeit in seine Kunst, nimmt den Schaffensprozess ernst, betrachtet aber die fertigen Werke mit einer gewissen Selbstironie. So erhob er alltägliche Motive wie Blätter in den Rahmen religiöser Ikonographie, arrangierte drei Naturbilder zu einem Triptychon, das er mit einem aufwendigen Rahmen versah: "Er ist fast zu dekorativ, um wahr zu sein."

Manche Werke haben auch einen ernsten Hintergrund. Sein Bild "Metropolis" zeigt ein Tanzpaar vor dem Berliner Olympiastadion aus den 1930er Jahren, aus dem sich die Strahlen des "Lichtdoms" von Albert Speer (Hitlers Lieblingsarchitekten) erheben. Die Faszination für die ästhetisch effektvolle Inszenierung mischt sich mit Schaudern über den politischen Hintergrund. Ungetrübte Farbenfreude strahlen die Collagen aus, für die er Gemälde der Fauves oder Expressionisten verwendet hat. "Die Ausstellung soll den Besuchern vor allem Spaß machen", sagt der Künstler.

Die Ausstellung im Haus Fischerzunft ist bis Sonntag, 16. März, samstags und sonntags von 14 bis 17 Uhr geöffnet.
Schlagworte: Michael Lotzgeselle, Albert Speer
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