Verfilmung von Hitler-Satire "Er ist wieder da" ist gelungen
Was wäre, wenn Hitler heute wieder auferstehen würde? Um dieses Gedankenexperiment hat Timur Vermes seinen Roman "Er ist wieder da" gebaut. David Wnendts Verfilmung ist gewagt und genial.
Do, 8. Okt 2015, 0:00 Uhr
Kino
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Als verständnisvoller Zuhörer sitzt Hitler an den Stammtischen auf Sylt und in Brandenburg, präsentiert sich in der Bayreuther Fußgängerzone als Porträtmaler und besucht sogar Parteifunktionäre. Alles bei laufender und keineswegs versteckter Kamera. Ein Borat im Hitler-Kostüm, der seine angenommene Identität als Führer nie aufgibt. Und wie reagieren die Menschen in diesem unseren Lande?
Manche finden es einfach lustig und machen erst einmal ein Selfie mit dem Führer. Nur wenige empören sich und die meisten nehmen die Kunstfigur auf geradezu gespenstische Weise als Menschen ernst. Sie schütten Hitler ihr Herz aus, ziehen über "die Ausländer" her, schimpfen auf die Demokratie und die Medien, von denen sie sich nicht vertreten fühlen, und schließen sich den kaum abgewandelten Parolen des Führers erschreckend vorbehaltlos an. "Ich würde für Deutschland sterben" entfährt es einer Frau, die sich präventiv schon ein wenig Mut angetrunken hat. Und auch der deutsche Gruß ist landauf, landab immer wieder zu sehen. Die durchaus gruselig anmutenden Dokumentaraufnahmen verwebt der Film mit den Grundzügen des Romans.
Vor dem Hintergrund der Erfahrungen seiner Deutschlandtournee beschließt Hitler sein Comeback in der modernen Mediengesellschaft, wird in einer Comedy-Show zum gefeierten Skurrilum und sogar zum Youtube-Star. Nicht nur weil seine Auftritte die Provokationsschraube um einige Umdrehungen weiterdrehen, sondern auch weil die Zuschauer im Gesagten ein Körnchen Wahrheit für sich entdecken. "Damit kann ich arbeiten" stellt Hitler am Schluss des Filmes befriedigt fest, während er im offenen Wagen die Straße hinunterfährt, die Menschen ihm zuwinken und den rechten Arm zum Gruß erheben. Und auch diese Aufnahmen sind nicht gestellt, genauso wenig wie die folgenden, aktuellen Nachrichtenbilder von Pegida-Demonstrationen und rechter Randale vor Asylbewerberheimen.
Es ist eine gewagte Mischung zwischen Satire und Dokumentarfilm, die Wnendt hier anrührt. Aber die Montagen zwischen Realität und Fiktion werden hier mit Bedacht und nie des spekulativen Effektes wegen ausgeführt. Was im Roman als skurrile Idee etwas leichtfüßig daherkommt, wird im Kino zu einer pointierten Gesellschaftssatire, bei der einem das Lachen im Halse stecken bleibt.
David Wnendts "Er ist wieder da" hält dem Deutschland von heute den Spiegel vor und zeigt eindringlich, dass sich dieses Land auch nach siebzig Jahren noch nicht von dem Gespenst seiner nationalsozialistischen Vergangenheit befreit hat.
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