Flüchtlingsunterkunft in Eschbach

Unterbringung von Flüchtlingen in Südbaden: "Wir sind am Ende unserer Kapazität"

Baden-Württemberg baut die Aufnahmekapazitäten für Geflüchtete weiter aus. Auch im Gewerbepark Breisgau soll eine Einrichtung entstehen – sie soll die Kommunen entlasten. Doch es gibt auch Kritik.  

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In der Landeserstaufnahmestelle in Ell... einer Schlange vor der Essensausgabe.  | Foto: Stefan Puchner (dpa)
In der Landeserstaufnahmestelle in Ellwangen warten Flüchtlinge in einer Schlange vor der Essensausgabe. Foto: Stefan Puchner (dpa)

Am Ende war es eine breite Mehrheit, die sich vergangenen Montag in der entscheidenden Sitzung des Zweckverbands Gewerbepark Breisgau für den Bau einer Erstaufnahmeeinrichtung des Landes für Geflüchtete aussprach. Die Chancen stehen nun gut, dass auf dem Gelände des ehemaligen Militärflughafens in Eschbach, wo auch zahlreiche Unternehmen ihren Standort gefunden haben, in naher Zukunft bis zu 1100 Geflüchtete untergebracht werden könnten. Das 16.000 Quadratmeter große Grundstück kann nun erschlossen werden.

Am Gewerbepark Breisgau sind mehrere Kommunen beteiligt, die Stadt Freiburg und der Landkreis Breisgau-Hochschwarzwald. Sie alle entsandten Vertreter, um in der Angelegenheit zu entscheiden. Ja-Stimmen kamen aus der Stadt Freiburg, dem Landkreis, aus Bad Krozingen, Ballrechten-Dottingen, Ehrenkirchen, Eschbach, Neuenburg, Staufen sowie dem Gemeindeverwaltungsverband Müllheim-Badenweiler. Die Bürgermeister aus Hartheim und Münstertal enthielten sich.

Heitersheimer Bürgermeister stimmt gegen die Einrichtung

Christoph Zachow, Bürgermeister in Heitersheim, stimmte gegen das Projekt. Er sieht seine Gemeinde von den Auswirkungen besonders betroffen. "Die Flüchtlinge werden sich schwerpunktmäßig nach Heitersheim orientieren, entweder mit dem ÖPNV oder zu Fuß oder mit dem Fahrrad." Aufgrund der Erfahrungen aus der vorläufigen Unterbringung von Flüchtlingen im Gewerbepark rechne er mit negativen Begleiterscheinungen. Auch Anwohner äußerten Sicherheitsbedenken. "Die Flüchtlingszahlen müssen runtergehen, weil es vor Ort nicht mehr bewältigbar ist, weder die Unterbringung noch im Anschluss die Integration in unsere Gesellschaft", sagt Zachow.

Von keiner einfachen Entscheidung sprach auch Sarah Michaelis von der Gemeinde Eschbach. Doch man stimme zu, wenn die Gemeinde bei der eigenen Unterbringung entlastet werde. "Wir sind am Ende unserer Kapazität."

Es sei nachvollziehbar, dass es eine große Skepsis vor Ort gebe, sagt Landrat Christian Ante. In einer zentralen Einrichtung sei das Thema Sicherheit aber besser umzusetzen. Man müsse auch die Perspektive der 50 Städte und Gemeinden im Landkreis Breisgau-Hochschwarzwald einnehmen. "Wir haben keine Gebäude und keine finanziellen Mittel mehr, um die Geflüchteten unterzubringen." Würde die Landeseinrichtung kommen, werde sie auch vom Land gebaut und betrieben. Dadurch könnte der Landkreis entlastet werden.

Hohe Belastung für die Kommunen

Wie groß die Herausforderungen im Land sind, zeigt ein Blick auf die Zahlen. Allein im vergangenen Jahr nahm Baden-Württemberg 48.000 Geflüchtete auf, im Jahr zuvor waren es rund 79.000. Im Land besteht das Unterbringungssystem aus drei Phasen: Für die Erstaufnahmeeinrichtungen, in denen Flüchtlinge direkt nach ihrer Ankunft untergebracht werden, ist das Land zuständig, für die vorläufige Unterbringung der jeweilige Land- oder Stadtkreis, für die Anschlussunterbringung die Gemeinde.

Vielerorts im Südwesten klagen Kommunen dabei über zu hohe Belastungen, entsprechend groß sind mancherorts die Widerstände. Auf der anderen Seite ist das Land dazu verpflichtet, die Menschen aufzunehmen und zu verteilen. Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) und Justizministerin Marion Gentges (CDU) hatten in der Vergangenheit nicht ausgeschlossen, Flüchtlingsunterkünfte als letzte Möglichkeit auch gegen den Willen von Städten und Gemeinden zu errichten.

Kommen bald wieder mehr Menschen nach Deutschland?

Die Unsicherheit ist auch deshalb groß, weil sich kaum einschätzen lässt, wie sich die Lage weiter entwickelt: Die Geflüchtetenzahlen lassen sich langfristig kaum prognostizieren, heißt es auf Nachfrage vom Städtetag Baden-Württemberg. Dessen Geschäftsführendes Vorstandsmitglied Ralf Broß verweist darauf, dass es sich bei der Integration von Geflüchteten auch bei niedrigen Zugängen um eine langfristige und ressourcenintensive Aufgabe handle, die bei einer Steuerung irregulärer Migration besser gelänge. "Die Vorhaben der möglichen Regierungskoalition begrüßen wir daher – insbesondere auch die Aussage, mehr in Integration zu investieren."

In Freiburg ist die Lage vergleichsweise entspannt

Indes sind die Aufnahmekapazitäten derzeit offenbar nicht überall in der Region ausgeschöpft. In der Landeserstaufnahmestelle in Freiburg etwa, wo derzeit rund 400 Personen leben, sei die Lage vergleichsweise entspannt, heißt es vom Regierungspräsidium Freiburg. Die Einrichtung habe eine Gesamtkapazität von knapp 1000 Plätzen und sei bei einer Belegung von 800 Personen nahezu voll ausgelastet.

Allerdings trifft man offenbar auch in Freiburg Vorbereitungen, um die Kapazitäten zu erhöhen. Zwei Gebäude auf dem nördlichen Areal des Geländes seien im August 2024 der LEA zugewiesen worden und müssten nacheinander grundsaniert werden. Die Planungen hierzu laufen, so das Regierungspräsidium.

Schlagworte: Christoph Zachow, Ralf Broß, Marion Gentges
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