Magersucht
Studie der Uni Freiburg hält Betroffenen den Spiegel vor
Eine neue Studie der Freiburger Universität befasst sich mit der Körperbildstörung von Magersüchtigen / Betroffen sind vor allem junge Frauen.
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Sich länger als eine Stunde im Spiegel zu betrachten, dürfte für viele eine befremdliche und auch anstrengende Vorstellung sein. Erst recht für Menschen, die ihren Körper nicht leiden können. Zu ihnen gehört Lara S. (Name von der Redaktion geändert), Studentin aus Freiburg, 23 Jahre alt und magersüchtig. Sie ist eine der ersten Patientinnen, die sich an einer neuen Studie der Freiburger Universität um die Körperbildstörung von Magersüchtigen beteiligt hat. Zwölf Mal hat sich Lara mit Psychologin Dalia Lehmann vor einem Spiegel getroffen, jeweils 90 Minuten ihren Körper betrachtet, beschrieben und versucht, ihn anders zu sehen als zuvor.
Es gibt bereits Studien, für die Patientinnen mit Essstörung therapeutisch geleitet und wiederholt mit dem eigenen Körper im Spiegel konfrontiert wurden, allerdings nur für Bulimie (Ess-Brechsucht) und die Binge-Eating-Störung (Ess-anfallstörung). Dabei habe es erfolgversprechende Ergebnisse gegeben, die sich Jennifer Svaldi auch für die Übertragung auf Patientinnen mit Magersucht erhofft. "Das ist aber eine deutlich schwerere Störung", erklärt die Professorin für Klinische Psychologie und Psychotherapie. "Ich bin sehr überzeugt von der Methode, sie muss aber in einen Gesamtbehandlungsplan einbezogen werden." Das heißt, die Teilnehmerinnen sollten idealerweise in therapeutischer Behandlung sein, die sich allerdings nicht auf die Körperbildstörung beziehen darf.
"Anorexiepatientinnen empfinden gegenüber ihrem Körper sehr starke Ekel-und Schamgefühle", sagt Svaldi. Wenn dies am Ende einer psychotherapeutischen Behandlung weiterhin so sei, bestehe ein deutlich höheres Rückfallrisiko. Die Spiegel-Konfrontation sei eine sehr aufwändige Methode, die in der ambulanten Therapie oft zu kurz komme. Mit Experimenten vor und nach der Behandlung will Svaldi herausfinden, ob sich Verbesserungen messen lassen. Magersucht sei eine sehr seltene Krankheit, an der fast ausschließlich junge Frauen erkrankten, "aber sie hat einen chronischen Verlauf und eine zehnfach höhere Mortalitätsrate als andere psychischen Erkrankungen".
Auch Lara S. hat bereits einen Selbstmordversuch hinter sich. Mit 17 Jahren ging ihre erste Beziehung in die Brüche und sie hatte eine Ausbildung angefangen, die ihr nicht gefallen hat. "Ich habe versucht, das mit Essen zu regulieren." Innerhalb von fünf Monaten nahm sie 20 Kilo ab. "Ich hatte keine Kraft mehr, kam kaum noch die Treppe hoch und habe viel geweint." Ihre Familie brachte sie dazu, zum Hausarzt zu gehen. Er wies sie für mehrere Wochen in eine Klinik ein. Inzwischen hat die 23-Jährige mehrere stationäre Aufenthalte und ambulante Therapien hinter sich. Sie hat ihr Abitur gemacht und ein Gesundheitspädagogik-Studium angefangen, das sie aber wegen ihrer Krankheit unterbrechen musste.
"Ich konnte mich überhaupt nicht mehr konzentrieren", erzählt Lara. Ihr Körper war geschwächt und trotzdem kreisten ihre Gedanken nur darum, bloß nicht zuzunehmen. Über eine Frau aus ihrer Selbsthilfegruppe erfuhr sie von der Studie an der Uni. "Ich fand es spannend und ich hatte ja nichts zu verlieren." Anfangs sei es ihr – wie erwartet – schlechter gegangen, "aber dann habe ich langsam realisiert, dass ich eine verzerrte Körperwahrnehmung habe". Als geheilt und gesund würde sich Lara weiterhin nicht bezeichnen, aber ihr Studium hat sie wieder aufgenommen.
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