Stilfrage: Wie wär’s mit "Tut mir leid"?
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Klar. Kann man. "Da Sie mir Unannehmlichkeiten bereiten, können Sie mich in aller Bescheidenheit um Verständnis bitten, aber setzen Sie es nicht einfach voraus." Natürlich sollte der, der einen Nachteil für Sie verursacht, Ihnen Wertschätzung und Verständnis für Ihre Lage entgegenbringen. Eine kleine Unterwerfungsgeste, mindestens eine Bitte, wäre in diesem Statusspiel angebracht.
Jedoch ist diese Floskel gang und gäbe. Man steht seit einer halben Stunde im Stau und liest auf Plakatwänden "Bauarbeiten noch bis 2020. Danke für Ihr Verständnis."
Oder man sitzt in einem um 55 Minuten verspäteten Zug und hört: "Leider wird keiner der Anschlüsse erreicht. Die Deutsche Bahn dankt für Ihr Verständnis." Den Leidtragenden wäre mit einer Bitte um Verzeihung faktisch nicht geholfen, aber sie stünden dem Malheur bestimmt gnädiger gegenüber.
Statusspiele lauern überall. So beklagt eine Leserin, dass sie beim Arzt aufgefordert wird: "Sie dürfen sich noch ins Wartezimmer setzen." Und kommentiert: "Diese Auszubildende hat doch mir als Patientin im Rentenalter, die ihr zudem noch den Arbeitsplatz mitfinanziert, keine Erlaubnisse zu erteilen." Genau genommen hat auch diese Leserin recht. Wir alle sollten unsere Worte abwägen und dürfen die Worte und Wörter etwa von Politikern, Lehrern oder Ärzten sogar auf die Goldwaage legen.
Sie schreiben nun, dass Sie bei Alltagsfloskeln "allergisch" reagieren. Eine allergische Reaktion ist eine überschießende Abwehrreaktion auf harmlose Umweltstoffe. Ist das sprachliche Ungeschick anderer es wert, dass wir unser Immunsystem überstrapazieren?
Die Autorin ist Kommunikationstrainerin
und lebt in Freiburg.
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