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Sind Amateurspiele verschoben worden?

  • dpa &

  • Mi, 18. September 2024
    Fussball

     

Die Nachricht von einem möglichen Wettskandal geht seit ein paar Wochen durch Fußball-Deutschland. Betroffen sein sollen auch viele Amateurspiele. Das hat verschiedene Gründe.

Deutschlandweit sollen 17 Partien wohl seit November 2022 manipuliert worden sein. Die Behörden ermitteln. Foto: IMAGO/Ulrich Wagner
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Fußball-Deutschland ist womöglich von einem neuen Wettskandal betroffen. Mehrere Amateurspiele sollen in den vergangenen zwei Jahren manipuliert worden sein. Belegt ist das noch nicht, trotzdem sorgt allein schon der Verdacht für Aufsehen. Es geht zum Beispiel um sogenannte Datenscouts und ihre Rolle bei Live-Wetten auf Partien in der 5. Liga. Und auch um die Rolle von Proficlubs und ihre Verbindungen zu Wettanbietern. Ein Überblick.

Was ist passiert?
Deutschlandweit sollen 17 Partien wohl seit November 2022 manipuliert worden sein. Demnach könnten Spiele aus der 3. Liga, zwei Regionalligen und mehreren Oberligen zum Zweck des Wettbetrugs beeinflusst worden sein. In diesen Spielen soll es teils auffällige Fehlentscheidungen von Schiedsrichtern oder schwere Patzer von Torhütern und Abwehrspielern gegeben haben. Zuerst hatte die Hamburger Morgenpost darüber berichtet. Informationen über die zu erwartenden Spielergebnisse sollen zuvor im Dark-net verkauft worden sein. So konnten womöglich hohe Wettgewinne erzielt werden. Entsprechende Chatverläufe sollen die kriminellen Deals belegen.

Sind Sportwetten im

Amateurfußball überhaupt erlaubt?

In Deutschland sind sie laut Glücksspielstaatsvertrag verboten. Über ausländische Anbieter ist es allerdings möglich, auch Wetten auf Spiele unterhalb der drei deutschen Profiligen zu platzieren. Über Unternehmen wie Sportradar, die Daten erfassen und digital verarbeiten, werden Informationen zum jeweiligen Spielverlauf verbreitet. Sie können Clubs aber auch darauf hinweisen, wenn in einem Land auffällig hohe Beträge auf bestimmte Ereignisse in einer Partie gesetzt werden und so bei der Aufklärung möglicher Manipulationen helfen.

Wieso können sogar auf Amateurspiele Live-Wetten platziert werden?
Das gelingt vor allem durch den Einsatz sogenannter Datenscouts. In einer aktuellen ARD-Dokumentation ist zu sehen, wie sie arbeiten (Die vom Bayerischen Rundfunk erstellte Dokumentation heißt "Angriff auf den Amateurfußball – Die Gier der Wettindustrie" und ist in der ARD-Mediathek erhältlich). Mit dem Handy sitzen die Datenscouts beispielsweise in der 5. Liga am Spielfeldrand und laden in Echtzeit Informationen zum Spielverlauf ins Netz. So verändern sich minütlich die jeweiligen Quoten, je nachdem, wie die Mannschaften spielen. Über ausländische Anbieter kann man so den Verlauf der Partie in Echtzeit verfolgen und Live-Wetten platzieren. Ihr Auftraggeber? In der ARD-Doku waren sie jeweils von Sportradar beauftragt worden. Sportradar versorgt weltweit Wettanbieter mit Daten und Quoten – und greift dafür auch auf Datenscouts zurück.

Warum ist der Amateurfußball so

anfällig für Spielmanipulation?

Je niedriger das Gehalt, desto größer womöglich die Verlockung durch schnelle und vermeintlich einfache Nebeneinkünfte. Sowohl Spieler als auch Schiedsrichter können gegen Schmiergeldzahlungen durch gezielte Aktionen Einfluss auf eine Partie und deren Ausgang nehmen – im Amateurbereich in der Regel ohne große öffentliche Aufmerksamkeit.
Wie sehr profitiert die Bundesliga von Sportwetten?
Werbung für Sportwetten ist bei den Übertragungen der Spiele und in den Stadien selbst mittlerweile omnipräsent. Fast alle Vereine haben Partnerschaften und Sponsoringverträge mit Wettanbietern, Glücksspiellotterien oder Spielbanken, auch die Deutsche Fußball Liga (DFL) selbst. Eine Ausnahme unter den aktuellen Erstligisten ist der VfL Bochum.

Beim VfB Stuttgart sorgte der Einstieg eines Wettanbieters mit Sitz in Frankreich als Haupt- und Trikotsponsor vor gut einem Jahr für heftige Kritik – vor allem aus der Fankurve, aber auch von Investor Porsche. Der Vertrag war ursprünglich für drei Jahre abgeschlossen worden und soll dem Club Medienberichten zufolge mehr als acht Millionen Euro jährlich einbringen. Nach dieser Saison wird die Zusammenarbeit nun aber vorzeitig beendet.

Was wird dagegen getan?
Die Behörden ermitteln in den aktuellen Fällen. Aber diese Ermittlungen ziehen sich. Der Deutsche Fußball-Bund (DFB) betonte zuletzt, dass man mit BKA und LKA kooperiere, belastbare Erkenntnisse lagen dem Verband zu den unter Verdacht stehenden Spielen zunächst nicht vor. Manche Vereine wehren sich mit ihren Möglichkeiten. Es gibt etwa Oberliga-Clubs, die sich bei ihren Heimspielen auf die Suche nach Datenscouts machen und diese vom Gelände verweisen. So unterbrechen sie den Datenstrom an ausländische Wettanbieter und verhindern die Fortsetzung von Live-Wetten.

Ressort: Fussball

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