AKW Tschernobyl
Selenskyj: Russische Drohne hat Tschernobyl-Hülle beschädigt
Immer wieder beschießt Russland strategisch wichtige Objekte in der Ukraine. Nun soll eine Drohne mit dem stillgelegten AKW Tschernobyl ein besonders sensibles Objekt getroffen haben.
dpa
Fr, 14. Feb 2025, 18:47 Uhr
Politik Ausland
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![Der Schutzschild um das AKW Tschernoby...hne getroffen worden sein (Archivbild) | Foto: Efrem Lukatsky/AP/dpa Der Schutzschild um das AKW Tschernoby...hne getroffen worden sein (Archivbild) | Foto: Efrem Lukatsky/AP/dpa](https://ais.badische-zeitung.de/piece/18/73/3c/3d/410205245-w-640.jpg)
Quelle: Deutsche Presse-Agentur (dpa).
Die BZ-Redaktion hat diese Meldung nicht redaktionell bearbeitet.
Kiew (dpa) - Eine russische Drohne hat nach Angaben des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj die Schutzhülle des vor fast 40 Jahren havarierten Atomkraftwerks Tschernobyl beschädigt. Ein Feuer sei gelöscht worden, die Strahlenwerte seien zunächst nicht erhöht, schrieb Selenskyj bei Telegram. Die Schäden seien aber bedeutend. "Es gibt ein Land in der Welt, das solche Objekte attackieren kann, dass die Territorien von Atomkraftwerken besetzt und Kampfhandlungen führt, ohne überhaupt über die Konsequenzen nachzudenken - und das ist das heutige Russland."
Später fügte er auf einer Pressekonferenz auf der Sicherheitskonferenz in München hinzu, dass die Drohne in einer Höhe von 85 Metern geflogen sei. "Mir scheint, dass es wichtig ist zu begreifen, dass die Radare auf dieser Höhe nicht sehen", sagte er. Er wertete dies im Zusammenhang mit dem Zeitpunkt des Beschusses unmittelbar vor der Konferenz als Hinweis darauf, dass das russische Militär das AKW gezielt beschossen habe und der Treffer kein unglücklicher Zufall sei. Die aus Stahl bestehende Schutzhülle hat eine Höhe von 110 Metern.
Greenpeace sah Russland ebenfalls in der Verantwortung für den Zwischenfall. "Wir haben mehrere Beweisstücke, dass dies eine russische Attacke war", sagte der Greenpeace-Nuklearexperte Jan Vande Putte der Deutschen Presse-Agentur. Demnach wurden Teile einer russischen Geran-2-Drohne gefunden.
Die Internationale Atomenergiebehörde IAEA bestätigte den Vorfall. In der Nacht gegen 1.50 Uhr Ortszeit (0.50 Uhr MEZ) hätten die dort stationierten internationalen Atombeobachter eine Explosion am Sarkophag um den havarierten Reaktor vier gehört. Sie seien dann darüber informiert worden, dass eine Drohne die Überdachung des AKW getroffen habe, heißt es in einer Mitteilung der IAEA.
Der Generaldirektor der IAEA, Rafael Grossi, sprach von kleineren Schäden am Meiler. "Wir haben einen Angriff gesehen, bei dem es sich im Grunde um eine Drohne mit einer konventionellen Sprengladung handelte, die das Dach des Sicherheitsbehälters, den Sarkophag traf, der die angeschlagene Einheit dort bedeckt. Glücklicherweise gab es keine bedeutenden strukturellen Schäden, und es ist keine Strahlung nach außen gedrungen", sagte Grossi im Gespräch mit RTL und ntv am Rande der Münchner Sicherheitskonferenz (MSC).
Zu den Hintergründen des Angriffs auf das AKW konnte Grossi nur spekulieren. "Sie haben dort nukleares Material. Ich nehme an, dass es ein Versuch ist, Panik zu erzeugen, vielleicht durch die Möglichkeit einer Freisetzung von Radioaktivität in die Atmosphäre."
Tweet: https://x.com/iaeaorg/status/1890290202599633111
#Russland bestreitet Beschuss und spricht von Provokation
Der Kreml hat einen russischen Angriff auf das AKW hingegen dementiert. Sprecher Dmitri Peskow sagte, er kenne zwar die genauen Umstände nicht. "Ich weiß aber eins: Es kann nicht sein, dass Schläge gegen irgendwelche Objekte der atomaren Infrastruktur oder der Infrastruktur der Atomenergie geführt werden", sagte er. Daher seien alle solchen Anschuldigungen falsch. "Das russische Militär tut so etwas nicht."
Die Sprecherin des russischen Außenministeriums, Maria Sacharowa, warf dem ukrainischen Präsidenten sogar eine gezielte Provokation vor. "Es gibt keinen Zweifel daran, dass Selenskyj nicht mit leeren Händen zur Münchner Konferenz gefahren wäre". Sie verwies dabei darauf, dass Moskau mehrfach vor derartigen von Kiew arrangierten Zwischenfällen gewarnt habe.
Im damals sowjetischen Kernkraftwerk Tschernobyl explodierte am 26. April 1986 ein Reaktor. Die Nuklearkatastrophe von Tschernobyl gilt als weltweit schwerster Reaktorunfall. Wegen der Strahlung musste nicht nur das Kraftwerk stillgelegt, sondern es mussten auch anliegende Ortschaften evakuiert werden. Bei den Rettungs- und Bergungsarbeiten erlitten Tausende Menschen schwere Strahlenschäden. Über dem ersten Schutzschild wurde mit internationaler Hilfe ab 2010 ein neuer Sarkophag gebaut, der offiziell 2019 eingeweiht wurde.
2022, kurz nach Beginn des von Kremlchef Wladimir Putin befohlenen Angriffskriegs, besetzten russische Truppen das Gelände des AKW. Sie mussten sich aber später wieder zurückziehen.
© dpa-infocom, dpa:250214-930-374985/5