Saftiger Sex trotz strenger Eltern
In "Ken Park" werden junge Amerikaner samt Sex und Gewalt in ihren tristen Vorstadt-Familien gezeigt. Ein JuZ-Gespräch.
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Manche Kinofilme flimmern einfach so an einem vorbei. "Ken Park" ist anders. Dieses von Larry Clark und Ed Lachman verfilmte Drama gibt Einblicke in die Welt junger Vorstadtamerikaner, die man so schnell nicht vergisst. "Schockierend" ist ein vielbenutztes Wort in den Filmkritiken - und das nicht nur wegen höchst freizügiger Sexszenen, sondern auch wegen diverser familiärer Gewalt und Unmoral, die nicht leicht zu konsumieren sind. Für die JuZ haben sich vier Mitarbeiter den Film angeschaut und darüber gesprochen: Bettina Korintenberg (20), Eva Müller (21), Aurea Steiner (22) und Martin Müller (22).
Eva Müller: Ich hab' zuerst gedacht, wow, was leb' ich doch in einer heilen Familie! Und dann kam der Gedanke, wie krass das ist, dass solche Sachen wie die in "Ken Park" eben auch Realitäten sind. Also zum Beispiel der Alkoholikervater, der seinen Sohn Claude quält, weil er dessen Skaterei schwuchtelig findet - um dann später selbst an seinem schlafenden Sohn rumzufummeln. Und die ganze Gewalt, auch vom Enkel gegen die Großeltern - ich glaube, da ist mehr Realität dran, als man wahrhaben will.
Bettina Korintenberg: Ich fand an dem Film voll gut, dass von allen Personen bei allen Schrecklichkeiten irgendwann mal auch so was "Menschliches" zu sehen war. Das Ende vom Film war mir zu flach, wo alle Schrecklichkeiten wie ausgeblendet sind und die drei - Peaches, Claude und Shawn - so scheinbar sorglosen und entspannten Sex zu dritt haben.
Aurea Steiner: Mir hat gefallen, wie in dem Film die Probleme zwischen der jungen Generation und der alten gezeigt wurden. Auf irgendeine Art existieren diese Probleme ja in jeder Familie.
Martin Müller: Mein erster Gedanke war, der Drehbuchautor hat einen an der Waffel. Dann hab' ich mich gefragt, gibt's so was überhaupt? Ich fürchte, ja. Wie dieser sadistische fromme Vater, der seine Tochter Peaches mit so irrer Strenge "hält", immer betet und im Knien isst - total schräg. Wie der Peaches prügelt, als er sie mit Clark beim Vögeln erwischt . . . ich kenne hier Leute, die würden genau so abgehen.
JuZ: Kamen euch auch andere von diesen krassen Figuren "bekannt" vor?
Eva: Der Claude redet von seinem Vater - irendwie zu Recht - als "Arsch", das kenn' ich gut von einer Freundin.
Martin: Und als Claudes Vater mit seinem widerlichen Kumpel im Auto den Straßenstrich abfährt, um da Mädels aufzugabeln - das war doch ein Klischee, das man hier auch kennt.
Aurea: Claudes Vater ist auf jeden Fall irgendwie typisch. Wie der seinen Sohn für 'ne schwule Memme hält, weil der nicht seine Muckis trainiert . .
Eva: Ja, und selbst wenn man das nicht aus seiner eigenen Familie kennt, ist es doch ein typisches Phänomen, dass sich hinter heilen Fassaden schreckliche Sachen abspielen.
Im Kern ist im übrigen auch der Mutter-Tochter-Konflikt allgegenwärtig. Dass er wie hier im Film stattfindet, ist natürlich hart: dass da die Mutter mit dem Freund ihrer Tochter schläft.
Martin: Aber irgendwie auch ein Klassiker. Diese reizvolle Vorstellung vom Mutter-Tochter-Ding. Da hat dieser Shawn die Hannah zum Verlieben - und ihre Mutter obendrein, die beim Sex eben offensichtlich viel erfahrener ist.
Aurea: So unrealistisch ist die Konstellation nicht. Ich kenne das auch, dass eine Mutter mit dem Freund ihres Sohnes zusammen ist und den Mann verlassen hat.
Bettina: Dass eine ältere Frau mit einem jüngeren Mann zusammen ist, ist nicht das Problem, aber dass die Mutter die Tochter mit deren Freund hintergeht, finde ich unmöglich. Das ist einfach der maximale Vertrauensbruch innerhalb einer Familie.
JuZ: Wie schockierend waren für euch die "schonungslosen" Bilder? Vom Selbstmord vor laufender Videokamera bis zum Fußnägelknipsen - und den vielfach genannten freizügigen Sexszenen: waren das Bilder zum hingucken oder zum weggucken?
Eva: Gerade die Sexszenen fand ich sehr klasse. Die hatten nicht diesen Rosenduftromantikkitsch, sondern waren "wie im echten Leben". Sex ist nicht so klinisch rein wie sonst oft in Filmen.
Aurea: Da werden auch so ein bisschen diese "Bravo"-Standards rausgenommen, das was Jugendlichen immer so Druck macht - wer hat den größten, wie oft bist du gekommen? Und dazu gab's hier Gegenmodelle. Ein bisschen unglaubwürdig ist für mich, wie routiniert diese Jugendlichen da alles Mögliche anstellen, zu dritt, alleine, mit Fesseln und so. Das hat man mit 18, glaub' ich, so noch nicht drauf.
Bettina: Auffällig fand ich, dass es im ganzen Film keine einzige Szene gab, in der die jungen Hauptfiguren glücklich schienen, ohne dass Sex im Spiel war. Und was das Hin- oder Weggucken angeht: alle Szenen gingen irgendwie. Aber richtig schlimm war die Szene, als der Enkel Tate seine Großeltern ermordet. Wie das aussah, hat mich nicht geschockt, sondern wie er das durchzieht. So ungerührt. Völlig kalt.
Martin: Schockierend ist Tate schon am Anfang. Da sammelt er Zeitungsfotos von Hungernden und gibt denen Namen. Wir wissen gar nicht, wieso er bei seinen Großeltern lebt - und deswegen ist seine maßlose Aggression überhaupt nicht nachvollziehbar.
Aurea: Stimmt. Nachvollziehbar ist zum Beispiel Peaches. Die macht natürlich genau das Gegenteil von dem, was ihr Vater ständig predigt. Der redet von Keuschheit - und sie probiert ziemlich hemmungslose Sexspielchen aus.
Eva: Die anderen verhalten sich auch nachvollziehbar. Claude skatet und muss sich gegen seinen versoffenen Vater wehren. Und Shawn macht auch sein Ding. Skatet, flirtet mit Hannah und vögelt mit ihrer Mutter. Richtig krass find' ich Tate. Und manche von den Eltern.
Bettina: Vor allem die Väter. Die haben so ein unsympathisches Männerklischee verkörpert.
JuZ: Ist euch der Film nahe gegangen?
Aurea: Ja. Ich glaube, es wird viel genauso kaputtgemacht, wie's zum Beispiel Claudes Vater macht. Anstatt dass er froh ist, dass er so einen lieben, sanften Sohn hat. Diese Kälte und dieses Wehtunwollen - das macht einen betroffen.
Bettina: Aber wie bei den Jugendlichen auch hatte ich bei diesem Vater das Gefühl, dass er sehr wohl Momente hat, wo er weiß, dass er Scheiße baut, dass er da aber nicht raus kann.
JuZ: Bringt das jungen Leuten was, so einen Film anzugucken?
Eva: Mehr als jeder "romantische" Liebesfilm. Du setzt dich mit viel mehr Themen und Gedanken auseinander.
Bettina: Es geht ja beim Filmgucken nicht um "Nutzen". Ich selbst find' den Film gut, weil er Dinge ins Bewusstsein rückt, die man so vage ahnt. Und man kann sich beim Filmgucken durchaus auch was zumuten. Richtig grauenvoll sind doch die üblichen Hollywoodschinken, die sind ihr Eintrittsgeld nicht wert.
Eva: Bei solchen Filmen wie "Ken Park" ist nur wichtig, dass man danach in Ruhe mit jemandem darüber reden kann.
Ken Park läuft in Freiburg im Apollo 2 um 21.20 Uhr ([TEL] 0761 / 36031). Infos zum Film: http://www.kenpark.de
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