Wirtschaftskrise

Rezession und mehr Defizit: Druck auf neue Regierung steigt

Sinkende Exporte und die Krise der Industrie belasten die deutsche Wirtschaft. Ende 2024 schrumpft das Bruttoinlandsprodukt, das Staatsdefizit wächst. Einen Lichtblick für die Politik gibt es aber.  

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Schwache Exporte belasten die deutsche Wirtschaft zum Jahresende 2024 Foto: Daniel Reinhardt/dpa

Quelle: Deutsche Presse-Agentur (dpa).
Die BZ-Redaktion hat diese Meldung nicht redaktionell bearbeitet.

Wiesbaden (dpa) - Schwache Exporte, sinkende Industrieproduktion, gestiegenes Staatsdefizit: Auf die künftige Bundesregierung kommt inmitten von Haushaltszwängen viel Arbeit zu, um die deutsche Wirtschaft wieder in Fahrt zu bekommen. Ökonomen fordern nach der Bundestagswahl einen schnellen Bürokratieabbau und Investitionen in die Infrastruktur. Zugleich nimmt die Debatte um eine Lockerung der Schuldenbremse Fahrt auf. 

Ende 2024 drückte ein schwacher Außenhandel die Wirtschaft ins Minus, wie neue Detailzahlen des Statistischen Bundesamts zeigen. Zwar legten die Konsumausgaben der Verbraucher dank gestiegener Löhne etwas zu und der Staat gab mehr Geld aus. Doch die Exporte sanken um 2,2 Prozent zum Vorquartal - so stark wie zuletzt im Frühjahr des Corona-Jahres 2020.

Wirtschaft schrumpft Ende 2024

Die Konjunkturflaute trifft das verarbeitende Gewerbe, dort sank die Wirtschaftsleistung das siebte Quartal in Folge. Insbesondere im Auto- und Maschinenbau gab es starke Produktionsrückgänge. Unter dem Strich ging das Bruttoinlandsprodukt im vierten Quartal um 0,2 Prozent zum Vorquartal zurück, wie die Statistiker eine frühere Schätzung bestätigten.

"Die Schwäche im globalen verarbeitenden Gewerbe trifft die exportabhängige deutsche Wirtschaft im Schlussquartal ins Mark", schrieb Thomas Gitzel, Chefvolkswirt der VP Bank. "Es bedarf nun einer raschen Regierungsbildung und im Anschluss daran langfristige Finanzierungszusagen für Infrastrukturmaßnahmen."

Ökonom: Politik muss Abwanderungen stoppen

Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer forderte, eine künftige Regierung müsse ein schnelles Zeichen setzen, um die Abwanderung von Firmen zu stoppen. "Wir haben viele tolle Mittelständler in Deutschland. Es braucht aber ein Signal, dass sich etwas ändert, um zu verhindern, dass immer mehr Unternehmen ins Ausland gehen und dort investieren", sagte Krämer der Deutschen Presse-Agentur.

Ein Aufbruchssignal könne am ehesten von Bürokratieabbau ausgehen, etwa wenn eine neue Bundesregierung das deutsche Lieferkettengesetz abschaffe oder Berichtspflichten in Sachen Nachhaltigkeit reduziere, meint er. "Ein solcher Bürokratieabbau kostet kein Geld, bringt viel und wäre direkt umsetzbar."

Sorgen um Zollkonflikte

Die deutsche Wirtschaft steckt in der längsten Rezession seit mehr als 20 Jahren. 2024 schrumpfte das Bruttoinlandsprodukt um 0,2 Prozent, es war das zweite Minus-Jahr in Folge. Zudem drohen der deutschen Wirtschaft Zollkonflikte mit ihrem wichtigsten Handelspartner, den USA. 

Für 2025 erwarten Bundesregierung und führende Ökonomen allenfalls ein Mini-Wachstum. Die staatliche Förderbank KfW rechnet sogar mit einem erneuten Rückgang der Wirtschaft um 0,2 Prozent. Drei Rezessionsjahre in Folge gab es noch nie in der Geschichte der Bundesrepublik. 

Staatsdefizit wächst trotz Rekordeinnahmen

Knackpunkt für Reformen einer neuen Regierung bleibt die Finanzierung. 2024 stieg das Staatsdefizit um 15 Milliarden Euro auf knapp 119 Milliarden Euro - obwohl die Staatseinnahmen erstmals die Marke von zwei Billionen Euro überschritten. Doch zugleich gab der Staat mehr für Sozialleistungen aus wie Renten, Pensionen und Bürgergeld. Zudem wurden Kredite angesichts gestiegener Zinsen teurer. 

Während der Bund sein Defizit senken konnte, wuchs die Finanzlücke bei Ländern und Gemeinden und die Sozialversicherung rutschte ins Minus. Erstmals seit 2009 gab es damit in allen vier Bereichen ein Defizit.

Allerdings hält Deutschland mit einer Defizitquote von 2,8 Prozent gemessen an der Wirtschaftsleistung die europäische Verschuldungsregel ein, die ein Haushaltsdefizit von 3,0 Prozent erlaubt. Auch ist die Gesamtverschuldung mit rund 63 Prozent gemessen am Bruttoinlandsprodukt (2023) im globalen Vergleich relativ niedrig. 

Debatte um Schuldenbremse

Angesichts der Wirtschaftskrise und des Drucks, mehr Geld für Verteidigung auszugeben, mehren sich Forderungen nach einer Lockerung der Schuldenbremse. "Höchste Priorität muss jetzt eine Reform der Schuldenbremse haben, die mehr Spielräume für Wachstumspolitik und Investitionen schafft", sagte Ökonom Sebastian Dullien vom Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung der Hans-Böckler-Stiftung. Für eine Reform braucht es allerdings eine Zwei-Drittel-Mehrheit, die die potenziellen Regierungspartner Union und SPD im neuen Bundestag nicht haben. 

Lichtblicke für die Konjunktur 

Immerhin könnten sich die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen für eine neue Bundesregierung bessern. Es deute einiges darauf hin, dass die deutsche Wirtschaft im ersten Quartal geringfügig wachsen könnte, schreibt die Bundesbank in ihrem jüngsten Monatsbericht. So sei die Nachfrage nach Industrieprodukten und Bauleistungen zuletzt etwas gestiegen und der private Konsum könnte etwas anziehen. 

Commerzbank-Ökonom Krämer sieht ein allmählich besseres Umfeld seitens der Weltkonjunktur. So erhalte die Industrie seit einigen Monaten mehr Aufträge aus dem Ausland. Das stütze zusammen mit gesunkenen Energiepreisen die Wirtschaft. "Allerdings leiden die Unternehmen darunter, dass sich die Rahmenbedingungen seit den Merkel-Jahren massiv verschlechtert haben." Er erwarte für 2025 nur ein kleines Wachstum von 0,2 Prozent – der Abstand zur Nulllinie sei also gering.

 

 

 

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© dpa‍-infocom, dpa:250225‍-930‍-386188/2

Schlagworte: Sebastian Dullien, Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer, Thomas Gitzel
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