Pizza, Joints und dreckige Socken
NEU IM KINO: Die halbdokumentarische Komödie "Wir Eltern" als Familienprojekt.
Ulrich Sonnenschein
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Michi und Vero haben drei Söhne, die spätpubertierenden Zwillinge Anton und Romeo und den Nachzügler Benji. Zwischen dreckigen Socken, gestapelten Pizzakartons, Joints, Playstation und Hausaufgaben versuchen die Fünf, ihren Alltag zu sortieren. Mutter Vero lebt ihre politischen Ambitionen aus, Vater Michi kümmert sich um die Kinder, oder auch nicht. Die Ambitionen jedoch sind hoch. Ein intellektueller Hintergrund setzt Abitur und Studium voraus, und wenn das bedeutet, dass die Eltern die Abiarbeiten vorbereiten, dann ist das eben so. Während Anton etwas verspätet noch mit seinem Abitur beschäftigt ist, hat sich Romeo ein Jahr Auszeit genommen. In der elterlichen Wohnung aber geht alles drunter und drüber, denn niemand fühlt sich für die alltäglichen Verrichtungen verantwortlich. Drohungen und ein ausgeklügeltes Strafpunktesystem, an dessen Ende der Rauswurf steht, nutzen nichts. "Halt den Mund", "Was geht dich das an", "Du nervst" – das sind die Antworten, die die abgemühten Eltern zu hören bekommen. Da die erwachsenen Kinder sich einfach nicht einfügen, aber auch nicht ausziehen wollen, bleibt den Eltern nur ein radikaler Schritt.
"Alle im Film dargestellten Figuren sind frei erfunden", heißt es gleich zu Beginn des Abspanns, tatsächlich aber ist "Wir Eltern" ein Familienprojekt. Und zwar initiiert von der Zürcher Autorin Ruth Schweikert, die ihren Ehemann, den Dokumentarfilmer Eric Bergkraut, dazu brachte, mit den gemeinsamen drei Söhnen Elia, Ruben und Orell seinen ersten Spielfilm zu inszenieren und damit auf die Erfahrungen in der Familie zurückzugreifen.
Dabei zog es Ruth Schweikert selbst nicht vor die Kamera, sie wird von Elisabeth Niederer verkörpert. Zwischen den immer drastischer werdenden erzählerischen Passagen lässt das Team Experten zu Wort kommen. Der Schweizer Kinderarzt und Autor von Erziehungsratgebern Remo Largo spricht über die Überforderung der Jugend, die heute gar nicht mehr weiß, wie sie sich verhalten soll.
Auch die Schweizer Journalistin und Initiatorin des Mamablogs Michèle Binswanger und der Familientherapeut Henri Guttmann sind mit von der Partie. Sie bleiben bei ihrem ernsten, analytischen Ton, der in dem Film weniger als Fremdkörper, sondern eher wie der gut gemeinte Rat eines Freundes erscheint. In nur 15 Drehtagen entstand dieses Porträt einer ebenso fiesen wie liebenswerten Familie, das Improvisation und Dokumentarstil verbindet.
Man möchte diese Familie vielleicht nicht unbedingt als Nachbarn haben, doch Zuschauen kann man ihr stundenlang.
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