"Oft gehen die Einsätze gut aus"
ZISCH-INTERVIEW mit Stephan Wiesler, dem stellvertretenden Landesvorsitzenden der Bergwacht Schwarzwald, über sein Engagement.
Frederik Gutmann, Raphael Ortlieb, Cecilia Risterer und Sina Wiesler, Klasse 4, Abt-Columban-Schule (Münstertal)
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Die Bergwacht ist eine Hilfsorganisation, die im Sommer wie im Winter Leben in unwegsamem Gelände, beispielsweise auf Bergen, rettet. Einer dieser Retter ist Stephan Wiesler, der stellvertretende Landesvorsitzende der Bergwacht Schwarzwald. Im Interview mit den Zisch-Reportern Frederik Gutmann, Raphael Ortlieb und den Zisch-Reporterinnen Cecilia Risterer und Sina Wiesler aus der Klasse 4 der Abt-Columban-Schule in Münstertal erzählt er von seinem Ehrenamt und seinem anspruchsvollsten Einsatz.
Wiesler: Als ich 15 Jahre alt war, habe ich bei einer Zimmerei in den Ferien gejobbt. Dort hat ein Mann gearbeitet, der in der Bergwacht war. Er hat mich drauf angesprochen, ob ich nicht Lust hätte, zur Bergwacht zu kommen. Er meinte, sie brauchen unbedingt junge, motivierte Leute, die mit Spaß bei der Bergwacht mitmachen, damit sie ein größeres Team werden. Dann habe ich mir das mal angeschaut und bin seitdem dabei geblieben.
Zisch: Was machen Sie bei der Bergwacht?
Wiesler: Bei der Bergwacht bin ich aktive Einsatzkraft, Ausbilder, Rettungsspezialist für Helikoptereinsätze, Führungskraft und mittlerweile stellvertretender Landesvorsitzender.
Zisch: Was für Aufgaben haben Sie bei der Bergwacht?
Wiesler: Als stellvertretender Landesvorsitzender vertrete ich zusammen mit den anderen Vorstandsmitgliedern die Bergwacht Schwarzwald. In der Landesleitung arbeiten wir mit verschiedenen Fach- und Sachbereichen zusammen, entwickeln die Bergwacht weiter und formen eine schlagkräftige Rettungsorganisation, die ehrenamtlich tätig ist. Wir hoffen, die Weichen für die Zukunft in die richtige Richtung zu stellen, dass unsere Arbeit weiterhin möglich ist und die Bergwacht ihre Aufgaben bestmöglich erfüllen kann.
Zisch: Wie fühlen Sie sich bei einem Einsatz?
Wiesler: Es kommt ganz darauf an. Es gibt Einsätze, die mich später weiter beschäftigen, weil es schwere Einsätze waren. Wenn Menschen schwerverletzt wurden oder starke Schmerzen hatten. Dann gibt es Einsätze, bei denen man sich Sorgen macht, wenn Personen vermisst werden, man sie lange sucht und sie nicht findet. Oft gehen die Einsätze Gott sei Dank gut aus, die Leute werden gefunden und es geht ihnen gut. Manchmal nehmen Einsätze ein schlechtes Ende, beispielsweise wenn jemand einen Unfall nicht überlebt und dabei verstirbt. Dann ist das kein schönes Erlebnis.
Zisch: Wann passieren mehr Einsätze, im Sommer oder im Winter?
Wiesler: Als ich bei der Bergwacht angefangen habe, vor rund 28 Jahren, da war es so, dass mehr Einsätze im Winter passiert sind, da viel mehr Leute im Winter draußen unterwegs waren: Viele sind Ski oder Snowboard gefahren oder waren mit den Langlaufskiern unterwegs. Die ersten Schneeschuhwanderer kamen später dazu. Die Wintersportler haben sich eher eine Verletzung zugezogen. Über die vergangenen Jahre hat sich das aber verändert, weil die Leute allgemein viel mehr draußen unterwegs sind. Es gibt heute mehr Mountainbiker, Wanderer und Gleitschirmflieger. Viele andere Aktivitäten sind dazu gekommen. Mountainbiker sind auf Downhillstrecken unterwegs. Dort passieren auch immer wieder schwerere Unfälle, so dass es mittlerweile so ist, dass die Bergwacht Schwarzwald fast genauso viele Einsätze im Sommer hat, wie im Winter. Mittlerweile ist das Verhältnis zwischen Sommer und Winter fast ausgeglichen.
Zisch: Was für Fähigkeiten braucht man bei der Bergwacht?
Wiesler: Wenn man bei der Bergwacht ist, muss man Interesse an der Bergrettung und der Notfallmedizin haben. Dazu sind unter anderem technisches Verständnis, Ausdauer, Zuverlässigkeit und Teamfähigkeit wichtig. Man sollte belastbar sein und sich bei jedem Wetter in jedem Gelände sicher bewegen können und außerdem einen gesunden Menschenverstand besitzen. Die Bereitschaft haben, sich aus- und fortzubilden, ist ebenfalls wichtig. Man lernt in der Bergrettung nie aus.
Zisch: Was macht Ihnen bei der Bergwacht Spaß?
Wiesler: Man ist draußen in der Natur, kann anderen Menschen helfen, ist Teil eines Teams. Man hat Freunde bei der Bergwacht und verbringt viele Stunden gemeinsam in Ausbildung oder in Diensten und in Einsätzen. Man erlebt schöne Dinge miteinander, man durchsteht auch schwere Phasen bei einem Einsatz. Ich kann mich auf die anderen verlassen und das gibt einem ein gutes Gefühl.
Zisch: Was war der anspruchsvollste Einsatz, den Sie je hatten?
Wiesler: Das war ein Einsatz am Belchen. Da ist ein dreijähriges Kind tödlich verunglückt. Eine junge Familie hat einen Ausflug auf den Belchen gemacht. An einem wunderschönen, sonnigen Wintertag, oben auf dem Berg war Schnee. Der Schnee war hart gefroren, es war sehr glatt. Eines der Kinder ist ausgerutscht und konnte sich nicht mehr halten, ist auf dem gefrorenen Schnee abgerutscht und den Nordhang des Belchen ganz weit runter gerutscht. Dabei hat es sich mehrfach überschlagen. Der Papa des Kindes wollte dem Kind natürlich helfen und ist hinterhergerannt. Er ist dann aber auch ausgerutscht und gestürzt, aber er hat sich noch an Sträuchern festhalten können. Dann ist ein großer Einsatz für die Bergwacht gestartet. Mehrere Ortsgruppen der Bergwacht rund um den Belchen wurden alarmiert und waren im Einsatz. Denn es war nicht ganz genau klar, was passiert ist, denn die Mutter des Kindes, die den Notruf gewählt hatte, hatte eine schlechte Handyverbindung und war völlig außer sich. Mit zwei Hubschraubern, den Einsatzfahrzeugen der Bergwacht, Rettungswagen und der Polizei sind wir dann auf den Belchen hoch. Dort mussten wir zuerst die Verunglückten suchen. Den Vater fanden wir zuerst. Damit er nicht weiter abstürzte, haben wir ihn gesichert. Währenddessen lief die Suche nach dem Kind weiter. Bis der Junge einige hundert Meter unterhalb des Gipfels gefunden wurde. Leider hat er den Absturz nicht überlebt und wir konnten ihn nur noch tot aus dem Nordhang bergen. Sehr schwierig war es dann, den Angehörigen die schlimme Nachricht zu überbringen. Dieser Einsatz war für uns alle belastend. Deshalb wurde dann ein Team zur psychologischen Nachsorge für alle Beteiligten an den Belchen geholt.
Zisch: Wie viele Mitglieder hat die Bergwacht Schwarzwald?
Wiesler: Die Bergwacht Schwarzwald hat rund 1400 ehrenamtliche Mitglieder. Sie sind in 22 Ortsgruppen von Karlsruhe bis an die Schweizer Grenze organisiert. Darunter sind rund 700 Mitglieder als aktive Bergretterinnen und Bergretter einsatzfähig. Die anderen Mitglieder befinden sich in der Ausbildung, sind Teil der Jugendbergwacht oder unterstützen unsere Organisation bei anderen Aufgaben, wie zum Beispiel im Naturschutz. In der Landesgeschäftsstelle in Kirchzarten beschäftigt die Bergwacht sechs hauptamtliche Mitarbeiter, die Verwaltungstätigkeiten ausüben und organisatorische Dinge erledigen, um das Ehrenamt zu entlasten.
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