Kleine Schritte, großes Ziel
Der Gerplan macht beim Landschaftschutz nicht an der Grenze halt – mit im Boot sind auch 14 französische Kommunen.
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NEUENBURG AM RHEIN. Der grenzüberschreitende Gerplan will Landwirtschaft und Landschaftserhalt entlang des Rheins in Einklang bringen. Ein großes Vorhaben. Von der Anschubfinanzierung der EU profitieren derzeit aber zunächst Kleinprojekte, darunter ein pädagogischer Garten samt Insektenhotel, der in Neuenburg angelegt wurde.
Die ersten zarten Pflanzen gedeihen schon. Der Salat entwickelt sich prächtig und an den jungen Obstbäumen reifen bereits die ersten Früchte – winzige Äpfel und Birnen. All das interessiert an diesem Morgen aber nur am Rande. Die 2c der Neuenburger Rheinschule ist in ein Projekt vertieft, das die ganze Aufmerksamkeit der Schüler bindet und noch dazu tatkräftiges Zupacken verlangt: Der Bau eines Insektenhotels. Elisabeth Wesbecher vom trinationalen Umweltzentrum Truz leitet die Gruppe fachkundig an. Das Arbeitsmaterial hat Bauhofmitarbeiter Dirk Kalchschmidt mitgebracht: Bambus, Schilf, trockene Holunderzweige und Knöterichstängel. Außerdem Kiefernzapfen und reichlich Totholz, in das Kalchschmidt Löcher in verschiedenen Größen gebohrt hat. Und wozu das alles? Damit sich Wildbienen, Ohrwürmer, Marienkäfer, Florfliegen und andere Insekten heimisch fühlen. Dass es dieses Jahr für einige Bewohner schon etwas spät für die Eiablage ist, sei kein Problem, erläutert Elisabeth Wesbecher. Das Projekt ist auf lange Zeit angelegt. "Wir bauen hier eher Wohnungen als ein Hotel, denn unsere Gäste sollen bleiben." Deshalb sei es besonders wichtig, auf die Umgebung und das Nahrungsangebot zu achten. Im pädagogischen Garten stimmt beides. Deshalb wurde der Standort auch ausgewählt. Insgesamt 25 Nisthilfen dieser Art entstehen derzeit im Projektgebiet des Gerplan zwischen Hartheim und Steinenstadt auf deutscher Seite und in den vierzehn französischen Partnergemeinden. Sie sollen im Kleinen dazu beitragen die Biodiversität zu fördern und stehen damit stellvertretend für das, was im Ganzen gelingen soll: Der Erhalt von Rückzugsräumen in einer zunehmend besiedelten Gegend.
MITEINANDER LERNEN
Dass man dabei auf beiden Seiten des Rheins an einem Strang ziehen will, macht nicht nur mit Blick auf das gemeinsame Landschaftsbild Sinn. Voneinander und miteinander lernen – darum geht es bei fast allen Teilprojekten. Informationstafeln, wie sie etwa den Insektenhotels zur Seite gestellt werden, sind grundsätzlich zweisprachig konzipiert. Auch der pädagogische Garten, der in Nachbarschaft zum Mittelalterprojekt auf einer Fläche von etwa 700 Quadratmetern entstanden ist, greift den Aspekt auf. Das Angebot richtet sich an deutsche und französische Kindergärten aus den Gerplan-Gemeinden. Mit im Boot sind auch Naturpädagogen der Petite Camargue Alsacienne. Sie werden vom kommenden Schuljahr an jeweils an zwei Nachmittagen in der Woche Gartenprojekte für Kinder der Rheinschule in der Ganztagesbetreuung anleiten. Über die Regio VHS steht der Garten zudem für weitere Interessenten offen. Weil so ein Garten auch außerhalb der Schulzeit gepflegt werden muss, sucht die Stadt derzeit noch nach Gartenpaten, die sich in ihrer Freizeit einbringen wollen. Vorbereitet wurde die Fläche bereits von einem ortsansässigen Gartenbaubetrieb, der ein ansehnliches Gartenrefugium mit Pflanzbeeten für Gemüse und Kräuter, einem Teich und einer Feuerstelle angelegt hat. Auch ein Bauwagen zur Unterbringung der Arbeitsgeräte und als Unterstand bei schlechtem Wetter steht zur Verfügung. Probeweise wurden auch schon Möhren, Kartoffeln und Salat gepflanzt, alles Weitere aber wird den künftigen Nutzern überlassen. Sie sollen säen, jäten und ernten. Und zuletzt das Selbstangebaute auch verzehren.
WIE GEHT ES WEITER?
Der Anfang ist gemacht. Der Gerplan wurde 2011 mit 480 000 Euro aus dem Interreg-Fördertopf angeschoben Einiges konnte zwischenzeitlich umgesetzt werden. In Neuenburg ist auf der Rheininsel ein pädagogischer Lehrpfad entstanden, demnächst wird es auch einen mobilen Biotopinfoweg geben, im elsässischen Rumersheim wurde eine Kiesgrube renaturiert, in Hartheim ist man dabei, einen Panoramaweg anzulegen. Nisthilfen für Falken, Schwalben, Mauersegler und Fledermäuse wurden vielerorts angebracht – wo sie noch fehlen, wie an der Eisenbahnbrücke in Neuenburg, wird bis September nachgerüstet. Dann geht das Projekt in seine vorläufig letzte aber auch entscheidende Phase.
Ab Herbst 2014 nämlich sind die beteiligten Kommunen auf sich alleine gestellt, was die Finanzierung der im Gerplan formulierten Maßnahmen angeht. Drei Jahre lang hat ein gemeinsamer Lenkungsausschuss die Grundlagen dafür zusammengetragen. Ein "Muss" gibt es aber nicht, der Landschaftsentwicklungsplan ist auf Freiwilligkeit angelegt. Allerdings, betont Barbara Vallois, Leiterin des Fachbereichs Lebenswerte Stadt in der Neuenburger Stadtverwaltung, dürfen sich die Kommunen bei der Umsetzung der festgesteckten Ziele etwas Zeit lassen. Die Rede ist von einem Zehn-Jahres-Rahmen. Geplant ist etwa eine Infobroschüre zu Hofläden und regionalen Produkten, grenzüberschreitende Blühstreifen und Multifunktionsbiotope.
Der Gerplan
Der Begriff Gerplan (Plan de Gestion de l’Espace rural et périurbain) ist ein Landschaftsentwicklungsplan für den ländlichen Raum und den Verdichtungsraum. Das Planungsinstrument wurde im Jahr 2000 im Departement Haut-Rhin erstmals eingesetzt. Seit 2011 sind auch die Gemeinden Hartheim, Neuenburg am Rhein, Eschbach und Heitersheim, der Gewerbepark Breisgau sowie der Landkreis Breisgau-Hochschwarzwald beteiligt. Der Gerplan soll dazu dienen, für den Maßnahmen zur nachhaltigen Entwicklung sowie zum Schutz von Natur und Umwelt des Gebietes zu initiieren.Der Ablauf: Phase1:Diagnose des Planungsraumes mit Grundlagenstudien zu Naturerbe, Landwirtschaft und Gewässern. Phase 2:Landschaftsentwicklung, Historische Landschaftsanalyse, Entwicklungsszenarien, Ausstellung der Ergebnisse und Umfrage in den Gemeinden. Phase 3 : Ausarbeitung des Gerplan mit Maßnahmenvorschlägen. Phase 4:Fertigstellung Gerplan (Herbst 2014).
Zum Hintergrund: Die ursprüngliche Landschaft im Projektgebiet hat sich durch Zersiedelung und die Zusammenlegung kleinparzelliger Ackerflächen zu großen Anbauflächen stark verändert. Ziel des Gerplans ist es, bestehende Freiräume zu vernetzen und landschaftstypische Elemente wie Baumalleen oder Felgehölze zu erhalten. Ein weiteres zentrales Anliegen ist der Gewässerschutz.
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