Kaffeebecher
Nachschub geordert: Freiburg-Cups sind der Renner
Die Pfandbecher "to go" gehen weg wie warme Weckle. Die Abfallwirtschaft muss 10.000 Freiburg-Cups nachordern. Doch die Kaffeetrinker üben am Becher auch Kritik. Der Cup im Faktencheck.
Robin Wille, Jan von Berg & Simone Höhl
Do, 24. Nov 2016, 9:11 Uhr
Freiburg
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Freiburg hat das Pfandsystem mit 5000 Freiburg-Cups am Montag eingeführt, am Mittwoch beschloss die Abfallwirtschaft ASF, gleich doppelt so viele nachzubestellen. "Die kriegen schon Sammlerwert", sagte Michael Broglin. Der ASF-Chef weiß von Leuten, die fünf Cups zu Hause haben. Eigentlich sollen sie im Umlauf sein, ASF und Stadt wollen mit dem Mehrwegsystem den Wegwerfbecherberg abbauen – laut Broglin als erste deutsche Großstadt: Ähnliche Ansätze gibt’s in anderen Städten, Tübingen aber verkaufe Becher und habe kein Pfand, Hamburg habe sein System noch nicht gestartet.
Allein in Freiburg fallen zwölf Millionen Pappbecher im Jahr an, vor allem im Zentrum, wo der Versuch mit 16 Cafés und Bäckereien startete. Broglin und Umweltbürgermeisterin Gerda Stuchlik hatten gehofft, dass sich mehr finden, und sie den Versuch im Sommer über die Innenstadtgrenze ausdehnen können – wenn er funktioniert. Jetzt sind sie überrascht, wie viele sich anschließen wollen, auch solche, die anfangs nicht reagiert hatten. "Ich bin zuversichtlich, dass wir Ende des Monats 50 Betriebe haben, auch in anderen Stadtteilen", sagte Broglin. Er will den Rückenwind nutzen, zwei seiner Leute klappern gerade Cafés ab.
Die ASF überlegt, ob sie eine zweite Bechergröße anbietet. Die erste passt unter jede Maschine, ist aber zu klein für Latte Macchiato. Der Verband der Kunststoffindustrie ist bereits an die ASF herangetreten. "Die sehen auch einen Markt", sagt Broglin. Kaffeetrinker können weiterhin ihre eigene Thermotasse in Cafés füllen lassen oder einen Pappbecher nehmen. "Wir wollen To-go-Becher nicht verbieten, sondern eine Alternative anbieten, die sich hoffentlich durchsetzt."
Freiburgs Cup-Coup traf einen Nerv, die Resonanz in den Medien erstaunte im Rathaus. "Enorm", fand Sprecherin Martina Schickle. Zum Beispiel berichteten ZDF, Bild, Evangelischer Pressedienst, Deutschlandfunk, RTL, Wirtschaftswoche, Spiegel- und BBC-Online. Die Agentur AFP zitiert Bundesumweltministerin Barbara Hendricks: "Eine tolle Initiative, die noch viele Nachahmer finden wird."
"Eine Erfolgsgeschichte", sagte Bürgermeisterin Stuchlik. Durch die Berichte fragten verschiedener Städte wie Bielefeld und Rostock nach dem Konzept. Freiburger schreiben Mails ans Rathaus. Gerda Stuchlik freut’s. "Abfallvermeiden ist ja nicht so sexy." Dass das Thema mehr Dynamik bekommt, zeige auch die aktuelle Europäische Woche der Abfallvermeidung. Ausdehnen auf anderen Verpackungsmüll will Stuchlik das Konzept noch nicht. Erst soll der Pfandbecher ordentlich laufen. "Wir wollen ja nicht nur ’ne Schau machen, sondern das System etablieren, sonst bringt es ja nichts."
Hier trinken oder mitnehmen, das war bisher die Frage, jetzt stellt sich für Mitnehmer eine zweite: Freiburg-Cup oder Pappbecher? "Da hatte ich immer ein schlechtes Gewissen", sagte Norwegerin Hildegunn Aarbakke im Café Senkrecht in der Uni. Sie nimmt den Cup für ein Euro Pfand mit und kann ihn in allen teilnehmenden Cafés und Bäckereien zurückgeben – den Euro gibt’s wieder, der Becher wird gespült und neu verwendet. Studentin Claudia große Siemer steht für die Rückgabe gerne nochmal an. "Das nehme ich in Kauf." Ihre Freundin Greta Siegert stört, dass der Deckel nicht recyclebar ist. "Ökologisch inkonsequent", findet Student Christoph Matt vor dem Europacafé.
Auch Farbe und Design gefallen nicht allen Studenten. "Als ob er schlecht gespült worden wäre", meinte Sebastian Schütz. Sophia Widmer sieht kein hohes Trendpotenzial: "Da hätte man mehr Liebe reinstecken können. Man will ja mit so etwas gesehen werden." Julia Rieple hingegen mag das Design: "Der Hirsch im Höllental und das Münster zeichnen ein schönes Bild von der Region."
Die Resonanz in den Cafés fällt unterschiedlich aus. Laut Johanna Schroth vom Café Auszeit wird der Becher sehr gut angenommen: "Am ersten Tag gingen bestimmt 30 weg." In der Bäckerei Pfeifle waren’s am Mittwochvormittag erst drei, im Café Aspekt morgens von 20 "to go" zwei im Cup, abends dann 20 Cups. Das Café gibt Cup-Kunden, je nach Kaffee, 5 bis 30 Cent Rabatt. Das entscheidet jeder Laden selbst, sagte Broglin und erklärte: Der Einweg-Deckel habe hygienische Gründe. Und die Farbe sei gewählt worden, weil Café-Betreiber Weiß nicht wollten und der Hersteller Beige hatte, anderes schien zu dunkel.
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