Jugend und Beruf
Mit dem Smartphone auf die Baustelle
Verlagsthema Sandra Hunke wechselt im Alltag zwischen Baustelle und Laufsteg: Sie ist Handwerkerin, Influencerin und Model. Mit ihrer Reichweite möchte sie junge Menschen für das Handwerk begeistern.
Ann-Marie Utz
Di, 2. Mai 2023, 12:06 Uhr
Verlagsthema
Thema: Jugend und Beruf
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Das Handwerk sucht Nachwuchs
Hunke möchte das Handwerk nach eigenen Angaben für junge Menschen attraktiv machen und es transparent zeigen. Aktuell fehlt der Branche der Nachwuchs, vor allem fehlen Frauen. Laut Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB) ist die Zahl der unbesetzten Ausbildungsstellen 2022 nun im dritten Jahr in Folge gestiegen und erreichte mit 68.900 erneut einen Höchststand.
Gründe liegen laut dem Institut neben der "generellen Attraktivität" der Berufsausbildung in der demografischen Entwicklung. Verwiesen wird auch auf sinkende Schulabgängerzahlen. Probleme, junge Leute zu finden, hatten auch im vergangenen Jahr vor allem Unternehmen im Handwerk und im Baugewerbe, während Bewerber für kaufmännische oder Medienberufe auf der anderen Seite auch erfolglos blieben.
Hunke möchte mit Vorurteilen aufräumen
Der Vater arbeitet als Fliesenleger, deshalb ist Hunke mit dem Handwerksberuf aufgewachsen. "Eines Tages, als ich mir die Haare gemacht habe, dachte ich mir: Wie geil wäre es, wenn du so ein Bad bauen könntest." Mit Social Media sei es bereits während der Ausbildung vor elf Jahren losgegangen, "da ich immer belächelt worden bin, dass eine Frau gar nicht auf dem Bau arbeiten kann". Mit den Vorurteilen möchte sie jetzt aufräumen. "Ich kann Werbung fürs Handwerk machen, ich kann mich aber auch im Bikini zeigen." Heute arbeitet die 30-Jährige neben der Baustelle auch in ihrer eigenen Werkstatt direkt angrenzend an ihr Haus, das sie mit ihrem Mann bewohnt und selbst renoviert hat. Ihre Eltern winken vom Garten nebenan, ein Traktor fährt vorbei – Blitzlichtgewitter und schicke Abendgalas bleiben für die Influencerin im Alltag aus. "Ich möchte den Frauen da draußen zeigen, dass sie mit anpacken können, Handwerkerin, aber trotzdem Frau sein können. Du darfst rosa lieben, aber trotzdem darfst du auf der Baustelle ernst genommen werden."
Einige Bauberufe noch männlich dominiert
Bis 1994 war es aufgrund des Beschäftigungsverbots für Frauen im Bauhauptgewerbe in Deutschland noch verboten, auf der Baustelle mitzuarbeiten. Deshalb sind laut Hans-Jörg Hennecke, Handwerk-NRW-Geschäftsführer, einige Berufe auch noch von männlichen Arbeitswelten dominiert. Frauen seien eher in frauentypischen Ausbildungsberufen wie im Friseurhandwerk, in Gesundheitsberufen oder als Fachverkäuferinnen zu finden. Einer Erhebung des BIBB zufolge lag 2021 der Anteil der mit Frauen geschlossenen Verträge laut Berufsbildungsbericht bei nur 18 Prozent.
Soziale Medien haben Signalwirkung
Doch neben Hunke gibt es immer mehr Influencerinnen, die ihren Handwerksalltag auf Social Media teilen: Julia Schäfer etwa. Sie ist Maurermeisterin aus Baden-Württemberg und hat knapp eine halbe Million Follower auf Instagram. Oder Karolin Röhring aus Nordrhein-Westfalen, die ihre Arbeit als Metallbauerin auf Instagram teilt: "Social Media hat enorm an Einfluss gewonnen, gerade im Bereich der Nachwuchsförderung." Denn Social Media sei für junge Leute die erste Anlaufstelle, wenn sie anfingen, sich beispielsweise für einen Beruf zu interessieren.
Nahbarkeit und schnelle Kontaktaufnahme sprächen für das Medium. Dies bestätigt auch Hunke: "Das Handwerk muss digitaler werden, es müssen sich viel mehr Firmen trauen, einen Instagram- oder TikTok-Account zu machen. Es ist Arbeit, aber nur so erreichen wir die jungen Menschen." Auch Hennecke findet: "Am erfolgreichsten sind solche Maßnahmen dann, wenn authentische Persönlichkeiten ihre Berufe und die damit verbundene Sinnstiftung vermitteln – witzig, kurz, direkt." So wie Sandra Hunke.