Mieze, Mops und das Klima

Nicht nur Flüge und Autos sind schlecht für die Umwelt – auch Haustiere tragen zum                                        Klimawandel bei.  

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Den größten Anteil an den Auswirkungen...stieren auf das Klima hat  das Futter.  | Foto: DoraZett  (stock.adobe.com)
Den größten Anteil an den Auswirkungen von Haustieren auf das Klima hat das Futter. Foto: DoraZett  (stock.adobe.com)

. Viele reden beim Klimaschutz von weniger Flügen, weniger Fleisch, weniger Autofahren. Oft verkannt wird, dass auch Hund und Katze in der Ökobilanz zu Buche schlagen. Ein größerer Hund kann wissenschaftlichen Modellrechnungen zufolge die Hälfte der CO2-Emissionen ausmachen, die jeder Mensch verursachen dürfte, um nicht zum weiteren Klimawandel beizutragen.

"Wenn jemand zur Demonstration für mehr Klimaschutz mit einer 50-Kilo-Dogge geht und dann den Stopp von Kurzstreckenflügen verlangt, ist das eine Doppelmoral", findet Matthias Finkbeiner, der Leiter des Instituts für technischen Umweltschutz der TU Berlin. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler dort haben 2020 die Ökobilanz für verschieden große Hunde berechnet. Sie haben die Herkunft und die Herstellung des Futters einbezogen sowie dessen Verpackung und Transport, aber auch die Umweltfolgen durch Urin und Kot sowie die damit verbundene Straßenreinigung.

Ein 30 Kilo schwerer Hund verursache demnach in 18 Jahren insgesamt 19 Tonnen Kohlendioxid (CO2). Das entspricht pro Jahr 1050 Kilogramm, also guteine Tonne CO2. In der Größenordnung liegen etwa eine kleinere Dobermann-Hündin oder ein kleiner Labrador-Rüde. Eine Tonne CO2 entspricht nach dem Flugrechner der Stiftung Myclimate einem Economy-Rückflug von Frankfurt nach Las Palmas auf den Kanarischen Inseln. Bei größeren Hunden wie Bernhardinern oder Doggen sei der Ausstoß größer, bei kleineren wie Mops oder Malteser kleiner.
Zu viele Haustiere,

zu viel Futter

Rechnerisch dürfte jeder Erdenbewohner für nur 2000 Kilogramm CO2 im Jahr verantwortlich sein, um das Klima nicht weiter zu belasten. Denn dies ist nach Angaben des Weltklimarats (IPCC) die Kapazität, die die Erde natürlich absorbieren könne. In Deutschland sind es zur Zeit deutlich mehr: Pro Person lag der Wert laut Bundesumweltministerium 2019 bei 8500 Kilogramm.

Das Ökobilanz-Institut ESU-Services in Schaffhausen in der Schweiz hat 2019 die Ökobilanz für Haustiere von Pferd bis Zierfisch berechnet. Die Methodik war anders, das Institut hat etwa Autofahrten in den Wald für Spaziergänge mit dem Hund oder den Wärmeverlust durch eine Katzenklappe einbezogen. Es kommt zu dem Schluss: Die Haltung eines 29-Kilo-Hundes – etwa eines Labradors – über ein Jahr entspricht etwa den CO2-Emissionen einer Autofahrdistanz über 2828 Kilometern. Die Haltung einer 4,2 Kilogramm schweren Katze entspreche etwa den Emissionen von 1164 Kilometern.

Das Thema sei lange vernachlässigt worden, sagt Michael Bilharz vom Umweltbundesamt. Es scheiterte unter anderem an fehlenden Daten über die Umweltbelastung durch Haustiere. Wer das Thema anpacke, müsse mit Anfeindungen rechnen, sagen alle. Bei vielen Menschen steige angesichts solcher Berechnungen der Blutdruck. "Geht’s noch? Sollen wir Pferde, Hunde und Katzen alle sofort einschläfern lassen?", so ein Kommentar unter einem Beitrag zum Thema.

Die Wissenschaftler betonen: Es gehe nicht darum, Tierhalterinnen und -halter an den Pranger zu stellen. "Wir müssen uns aber klar darüber sein: Jedes Hobby verursacht Umweltbelastung", sagt ESU-Services-Gründer Niels Jungbluth. Jeder müsse seine eigene Abwägung treffen: "Einen Hund haben, jeden Tag Fleisch essen, das dickste Auto fahren und viel fliegen – das ist vielleicht zu viel." Bilharz sagt: "Wer beispielsweise vegan lebt, kann seine Bilanz zwar um 800 bis 1000 Kilo CO2 im Jahr verbessern. Wenn man gleichzeitig aber einen Labrador hat, ist diese Einsparung wieder weg."

Die Zahl der Hunde hat sich in Deutschland innerhalb von 20 Jahren mehr als verdoppelt. "Bei den Haustieren ist es faktisch ein Mengenproblem", meint Bilharz. Ein Wachhund auf dem Bauernhof oder eine Katze, die im Stall Mäuse fängt, sei das eine. "Aber wenn ich in dichter Wohnbebauung mit 400 Wohnungen in jeder fünften eine Katze habe und die alle durch den Hinterhof streifen und auf Jagd gehen, dann haben wir nicht nur ein Klimaschutzproblem, sondern dort bald auch keine Vögel mehr."

Tierbesitzer führen oft an, dass Haustiere ihnen guttun, das müsse berücksichtigt werden. So seien Leute mit Hunden mehr an der frischen Luft, und sie flögen weniger. Kinder lernten, Verantwortung für Lebewesen zu übernehmen, Katzen könnten bei Depressionen helfen. "Wir stellen den Nutzen überhaupt nicht in Abrede", sagt Finkbeiner: "Aber in einer Ökobilanz hat so eine Abwägung nichts zu suchen."

Den größten Teil der Klimawirkung hat den Berechnungen zufolge das Futter. "Es ist theoretisch möglich, erwachsene und gesunde Hunde auf rein pflanzlicher Basis zu ernähren", sagt Volker Wilke von der Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover. Versuche mit veganer Ernährung hätten keine negativen Folgen gezeigt. Nötig sei bei einer Umstellung aber der Rat kundiger Fachleute. Mehr Trocken- statt Nassfutter mache auch schon einen Unterschied. Besser werde die Bilanz auch durch das Füttern von Fleisch und Nebenprodukten, die der Mensch nicht isst – oder Insekten als Proteinquelle.

Viele Tiere würden ohnehin überfüttert. "Eine Anpassung der Fütterung an den wirklichen Bedarf hätte im Sinne der Nachhaltigkeit auch ein enormes Potenzial", sagt Wilke. "Viele Haustiere leiden unter Übergewicht. Nicht nur im Sinne der Gesundheit, sondern auch vor dem Hintergrund der Nachhaltigkeit sollte man darauf achten, dass der Vierbeiner schlank bleibt."
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