Zischup-Interview
"Menschen aus verschiedenen Blickwinkeln betrachten"
Joachim Diensberg leitet seit 2011 die Albert-Schweitzer-Schule II, eine Werkrealschule in Freiburg-Landwasser. Nour Zattoun und Mohamed Kawssarani aus der Klasse 8b der ASS II trafen den 50-Jährigen zum Interview.
Nour Zattoun, Mohamed Kawssarani, Klasse 8b, Albert-Schweitzer-Schule II & Freiburg
Mo, 18. Nov 2013, 10:19 Uhr
Schülertexte
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Zischup: Warum haben Sie sich für den Beruf des Lehrers entschieden?
Diensberg: Nach meiner Ausbildung zum Dreher habe ich das Fachabitur für Technik abgelegt und anschließend physikalische Technik studiert. Als Diplomingenieur habe ich anschließend einige Jahre in der Qualitätssicherung eines großen Reifenherstellers gearbeitet. Da es aber immer mein Traum war, mit Musik mein Geld zu verdienen, bin ich nach Freiburg gezogen und habe an der Pädagogischen Hochschule ein Lehramtsstudium für Hauptschule mit den Fächern Mathematik, Musik und Technik absolviert. Einen Entschluss, den ich nicht bereue.
Zischup: Und dann sind Sie sogar irgendwann Schulleiter geworden ...
Diensberg: Ja. Ursprünglich hatte ich das nicht vor. Nach drei Jahren im Schuldienst stand die Frage im Raum, ob ich Leiter der Kooperationsklassen in Freiburg oder Konrektor an der ASS II werden wolle. Dann habe ich mich für das Amt des Konrektors entschieden. Zusammen mit Evelin Wollny-Ullrich, der damaligen Schulleiterin, habe ich dann von 2005 bis 2011 die ASS II als Konrektor geleitet, bis ich mich nach ihrem Abschied in den Ruhestand dazu entschied, mich als Schulleiter zu bewerben. Denn in meiner Funktion als Konrektor hatte ich festgestellt, dass es mir Freude macht, Prozesse zu beeinflussen und zu gestalten.
Zischup: Was sind die größten Herausforderungen in Ihrem Berufsalltag?
Diensberg: Zum einen ist das, mit der Vielseitigkeit des Alltags umzugehen, mit den wahnsinnig vielen kleinen Dingen, die jeden Tag passieren, zurechtzukommen und dabei jedem gerecht werden zu können. Zum Anderen ist es, die der Schule zugestandenen Sachmittel und Personalressourcen so einzusetzen, dass ein qualitativ guter Unterricht möglich ist. Bei Krankheitsfällen im Kollegium oder – wie gerade aktuell – bei langfristigen Ausfällen von Kollegen, ist dies besonders schwierig.
Zischup: Welche neuen Lebenserfahrungen haben Sie in Ihrer bisherigen Amtszeit als Schulleiter gesammelt?
Diensberg: Was heute für Lehrer oder Schulleiter eine größere Bedeutung gewonnen hat, ist Menschen aus verschiedenen Blickwinkeln zu betrachten. Je nachdem, welchen Blickwinkel man wählt, zeigt sich ein Mensch anders. So findet man eigentlich immer eine Möglichkeit, Beziehungen zu Schülern, Eltern und dem Kollegium aufzubauen.
Zischup: Warum haben Sie sich für die Haupt- beziehungsweise Werkrealschule und nicht für die Realschule oder das Gymnasium entschieden?
Diensberg: Nachdem ich nach Freiburg gezogen war, hatte ich mich auch für das Berufsschullehramt interessiert. Da an Berufsschulen das Fach Musik aber nicht unterrichtet wird, habe ich mich für die Hauptschule entschieden. Sicher hat auch der Umstand eine Rolle gespielt, dass ich selbst einmal Hauptschüler war – da war es für mich naheliegend, Hauptschullehrer zu werden.
Zischup: Was gefällt Ihnen besonders gut an Ihrem Beruf?
Diensberg: Besonders schön finde ich, mit vielen unterschiedlichen Menschen zusammen zu sein, das macht die Arbeit sehr abwechslungsreich. Es steht dauernd etwas Neues an. Man kann sehr viel gestalten und Ideen umsetzen. Hier wird es nie langweilig.
Zischup: Welche "Baustellen" bereiten Ihnen an der ASS II momentan die größten Sorgen?
Diensberg: Die größte Baustelle ist sicherlich die Lehrerversorgung. Diese war früher besser. Dadurch konnten wir neben einem guten Unterricht auch vielseitige Projekte anbieten. Heute sind die Kernfächer wie Deutsch, Mathe, Englisch und die Fächerverbünde abgedeckt. Darüber hinausgehende Projekte müssen nun in diese Fächer integriert werden. Das scheitert dann schon mal an den Zeitfenstern der Kooperationspartner oder an fehlenden Räumen. Dann haben wir Krankheitsfälle bei Lehrern, die länger ausfallen in Klassen, die eine ganz enge Beziehung zu den Lehrkräften bräuchten. Ich denke da zum Beispiel an die Kooperations- und die Vorbereitungsklassen. Die Ausfälle machen es schwierig, Stundenpläne auf- und umzustellen, die für jeden erträglich sind, für Lehrer und Schüler.
Zischup: Zum Schluss noch ein Blick in die Zukunft: Verraten Sie uns einige konkrete Pläne für unsere Schule?
Diensberg: Die Schullandschaft ist gerade im Wandel. Die Zweigliedrigkeit wird kommen. Schulen werden geschlossen. Wir haben uns schon seit einigen Jahren auf den Weg gemacht, uns dieser Entwicklung zu stellen. An erster Stelle steht dabei für uns die Inklusion, also der gemeinsame Unterricht von behinderten und nichtbehinderten Schülern, die wir sehr erfolgreich mit der Förderschule ASS III und der Mooswaldschule als Schule für Erziehungshilfe betreiben. Ebenso wichtig sind uns die Einführung einer neuen Lernkultur sowie die Weiterentwicklung des individuellen und kooperativen Lernens. Daneben setzen wir uns weiterhin dafür ein, die Vorbereitungsklassen und die Kooperationsklassen mit der Berufsschule zu erhalten. Zusätzlich denken wir darüber nach, Ganztagsschule für alle Klassen zu werden. Die dafür notwendigen Ressourcen werden wir im kommenden Jahr erarbeiten müssen. Ich glaube, wir sind insgesamt auf einem sehr guten Weg.
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