Linke-Kandidaten wagen sich vor

Sören Pellmann und Martin Schirdewan wollen an die Parteispitze.  

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Sören Pellmann Foto: Christoph Hardt (imago)

. Nach sehr schlechten Wahlergebnissen und einer Menge Streit sucht die Linke den Neuanfang. Zwei ziemlich unbekannte Bewerber zieht es jetzt in die erste Reihe: den Leipziger Bundestagsabgeordneten Sören Pellmann und den Europapolitiker Martin Schirdewan.

Die Linke am Boden, ihre Promis zerstritten: Jetzt versuchen die Kandidaten aus der zweiten Reihe, die Partei wieder flott zu bekommen. Am Dienstag kamen gleich zwei Bewerber für den Parteivorsitz aus der Kulisse – Sören Pellmann und Martin Schirdewan. Beide Mitte 40, beide aus dem Osten, beide nach außen hin mit ganz ähnlichen Zielen. Das Wichtigste für beide: ein Ende des Streits.

Vermutlich werden Pellmann und Schirdewan beim Parteitag in Erfurt Ende Juni gegeneinander antreten. Denn das Wahrscheinlichste ist eine Doppelspitze Mann/Frau, Ost/West. Die jetzige Vorsitzende Janine Wissler aus dem Landesverband Hessen will wieder kandidieren, für die weibliche, westliche Hälfte der Spitze. Womöglich muss auch sie sich einer Kampfkandidatur stellen. Wie sich das alles zurecht rüttelt, ist offen.

Wer die Linke zuletzt von außen betrachtete, fand die einst stark zweistellige Partei in der Kategorie "Sonstige" wieder. Bei den Landtagswahlen im Saarland, in Schleswig-Holstein und in Nordrhein-Westfalen kam sie jeweils noch nicht einmal auf drei Prozent. Im Innern der Partei traf man auf tiefe Depression und Ratlosigkeit. "Alles ganz furchtbar", hieß es.

Öffentlich stritt man über zentrale Positionen – ob nun zum Klimaschutz, zur Migration, zum Ukraine-Krieg, zu Corona-Impfungen. Die einstigen Fraktionsvorsitzenden Sahra Wagenknecht und Gregor Gysi fetzten sich auf offener Bühne. Der frühere Parteichef Oskar Lafontaine trat im Protest aus. Dann noch die Vorwürfe sexueller Übergriffe in Wisslers Landesverband Hessen. Und der entnervte Rücktritt ihrer Co-Chefin Susanne Hennig-Wellsow.

Wird die Linke überhaupt noch gebraucht? Die Partei macht sich Mut mit einer neuen Umfrage im Auftrag der Rosa-Luxemburg-Stiftung. Demnach können 18 Prozent der Wahlberechtigten sich grundsätzlich vorstellen, sie zu wählen. Noch ist die Linke beteiligt an vier Landesregierungen, mit Bodo Ramelow stellt sie in Thüringen den Ministerpräsidenten. Und überhaupt: "Die Ampel braucht Druck von links", sagte Parteichefin Wissler am Dienstag im Deutschlandfunk.

Die 41-Jährige hat sich deshalb nach einigem Zögern und trotz der jüngsten Misserfolge entschlossen, noch nicht aufzugeben. Sie habe "was vor mit dieser Partei, ich möchte, dass diese Partei nach vorne geht", sagte sie. Aber wenn sie es schafft – wer passt an ihre Seite?

Martin Schirdewan wurde 1975 in Ost-Berlin geboren, studierte an der Freien Universität Politologie und arbeitete unter anderem als Journalist. Er ist seit 2017 Abgeordneter im Europaparlament und inzwischen Co-Fraktionschef der Linken dort.

Sören Pellmann, 1977 in Leipzig geboren, ist ausgebildeter Förderpädagoge und arbeitete als Grundschullehrer. Er errang 2017 in Leipzig ein Direktmandat für den Bundestag und verteidigte es 2021 – eines von drei Direktmandaten, die der Partei mit nur 4,9 Prozent der Stimmen Fraktionsstärke im Bundestag sicherten.

Beide sind außerhalb der Partei ziemlich unbekannt. Intern gilt Pellmann als Vertreter des Wagenknecht-Flügels, Schirdewann als eher konsensfähiger Reformer. Beide formulierten am Dienstag verblüffend ähnliche Ziele, darunter eine programmatische Erneuerung, eine einheitliche Botschaft, eine bessere Kommunikation, eine Rückbesinnung auf die Interessen der Armen und Geringverdiener, die "nicht wissen, ob sie ihre Kinder am Ende des Monats noch mit einem Käsebrötchen in die Schule schicken können", wie Schirdewan der ARD sagte.

"Dieser Parteitag muss ein Signal der Hoffnung, ein Signal des Aufbruchs, auch des Optimismus senden", meinte Schirdewan. "Und dafür stehe ich gern bereit, dass wir mit einem starken Team vertrauensvoll die Partei aus der Krise führen."

Pellmann sagte bei einem Auftritt vor der Volksbühne in Berlin, er wolle von einer "sich selbst bekämpfenden Linken" zurück zu einer "kämpferischen Linken". Besonderes Augenmerk lege er auf Ostdeutschland, wo die Linke die "Stimme des Unmuts" werden müsse.
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