Leserbrief: Recycling zur olympischen Disziplin gemacht
Manoj Thanathethu (Rheinfelden)
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Es ist soweit: Die Öffnungszeiten der Recyclinghöfe in Rheinfelden wurden endlich überarbeitet. Keine Sorge, die Änderungen sind natürlich ganz im Sinne der Bürger – zumindest, wenn man davon ausgeht, dass wir alle heimliche Fans von Puzzles sind, bei denen man versucht, Arbeitszeiten, Familie, Mülltrennung und Recyclingausflüge unter einen Hut zu bekommen. Ab sofort haben die Höfe in Rheinfelden und Herten geöffnet, irgendwann zwischen Kaffeezeit und Mittagessen – vorausgesetzt, wir haben einen Terminkalender, der sich anpassen lässt. Nach Feierabend noch Müll wegbringen? Nicht doch, das wäre ja zu bequem! Stattdessen bleibt es spannend: Die Höfe schließen rechtzeitig, damit niemand auf die verrückte Idee kommt, dort nach der Arbeit vorbeizuschauen.
Warum den Samstag nicht gleich mit einer kleinen Challenge beginnen? Wer es schafft, bis Mittag mit allen Flaschen, Kartons und Elektrogeräten vor Ort zu sein, bekommt immerhin das unschlagbare Gefühl, Teil eines exklusiven Clubs zu sein – dem Club derjenigen, die Recycling zur olympischen Disziplin gemacht haben. Papier in die Werderstraße, Elektrogeräte nach Herten und das zwischen 13 bis 17 Uhr oder doch montags und dienstags zwischen 13 und 18 Uhr Herten? Oder doch lieber freitags zwischen 13 und 16 Uhr nach Herten? Nein, am Samstag haben ja beide auf?
Warum diese Veränderungen? Die Antwort ist ganz einfach! Schließlich müssen wir irgendwo anfangen, unsere Gewohnheiten zu hinterfragen. Vielleicht lernen wir alle, dass Abfallentsorgung keine Selbstverständlichkeit ist, sondern ein Privileg, das nur denjenigen zusteht, die ihren Alltag komplett um die neuen Öffnungszeiten herumplanen können. Also, Glückwunsch, liebe Rheinfelder! Wir sind jetzt Teil eines Experiments, bei dem getestet wird, wie viel man der Geduld und dem Terminkalender eines Bürgers zumuten kann. Recycling war noch nie so... aufregend!
Das hat der Oberbürgermeister jetzt auch erkannt. Er schlägt Alarm. Er bittet, das Konzept der Öffnungszeiten nochmals zu überprüfen und weitere Angebote zu unterbreiten. Klingt fast so, als hätte er selbst keine Entscheidungsgewalt und müsste eine höhere Macht anflehen – vielleicht die Götter der Mülltrennung? Denn "bitten" klingt zwar höflich, bedeutet aber oft nur: "Wir denken mal drüber nach, aber bitte erwartet nicht zu viel." Wäre ja schade, wenn sich etwas tatsächlich an den Bedürfnissen der Bürger orientieren würde. Schließlich haben wir uns an leere Phrasen längst gewöhnt – die sind umweltfreundlich und zu 100 Prozent recycelbar. Und mal Hand aufs Herz: Mülltrennung ist schließlich eine der größten Errungenschaften unserer modernen Gesellschaft! Dass wir uns in Rheinfelden jetzt wie zu Pionieren einer besseren Welt fühlen dürfen, weil wir gelernt haben, Glas von Kunststoff und Elektroschrott von Metallschrott zu unterscheiden, ist fast schon preisverdächtig. Dass man dafür demnächst einen freien Vormittag einplanen muss? Ein kleiner Preis für die Rettung des Planeten.
Manoj Thanathethu, Rheinfelden