Leserbrief: Die Entscheider müssen aufwachen
Tillmann Hesse (Vogtsburg-Oberrotweil)
Wir benötigen Ihre Zustimmung um BotTalk anzuzeigen
Unter Umständen sammelt BotTalk personenbezogene Daten für eigene Zwecke und verarbeitet diese in einem Land mit nach EU-Standards nicht ausreichenden Datenschutzniveau.
Durch Klick auf "Akzeptieren" geben Sie Ihre Einwilligung für die Datenübermittlung, die Sie jederzeit über Cookie-Einstellungen widerrufen können.
AkzeptierenMehr Informationen
Weinbauberater Tobias Burtsche hat vermutlich recht mit seiner Einschätzung. "Ein aktuell auskömmlicher Preis für die Winzer läge bei acht bis zehn Euro pro Liter." Jetzt die Rechenaufgabe: Die Winzergenossenschaft Oberrotweil erlöst drei Euro pro Liter Wein. Wie tief müssen die Produktionskosten mit Hilfe der Großflurbereinigung "Lerchenberg" sinken, um bei drei Euro Erlös pro Liter Wein, den von Herrn Burtsche angegebenen auskömmlichen Preis für die Winzer von acht bis zehn Euro zu erzielen? Auch Herr Burtsche wird hier kein plausibles Ergebnis errechnen können. Wann werden die Entscheider in der Gemeinde, in den Behörden und in der Winzergenossenschaft (WG) aufwachen und feststellen, dass der Markt gegen die aktuell größte Rebflurbereinigung "Lerchenberg" in Oberrotweil entschieden hat?
Auf dem Grundstücksmarkt ist der Wert von flurbereinigten Rebflächen abgestürzt. Der Pachtmarkt ist zusammengebrochen. Der Kapitalmarkt beleiht Rebgrundstücke nicht, weil der Boden keine
Sicherheit bietet. In zehn Jahren werden 20 bis 30 Prozent der Rebflächen stillgelegt sein, so prognostiziert es nicht nur der Weinexperte Gerold Zink in seiner Analyse vom 30. Oktober 2024 in der BZ.
In dieser Situation werden mit staatlichen Millionen noch mehr bereinigte Rebflächen an den Markt gebracht. Die klamme Stadt Vogtsburg finanziert 450.000 Euro, das Land 4,2 Millionen Euro und die Eigentümer zahlen 650.000 bis 900.000 Euro Umlage. Überall fehlt Geld und hier wird gutes Geld in ein Fass ohne Boden geworfen. Die Flächenstilllegungen werden mit und ohne Flurbereinigung kommen.
Herr Burtsche sagt: "Wissenschaftliche Studien haben gezeigt, dass die Artenvielfalt nach modernen Rebflurneuordnungen (…) zugenommen hat. Das erwarten wir auch am Lerchenberg." Stimmt das? Schon in der Planung waren es nur 4 Prozent ökologischer Mehrwert. Exemplarisch kann man hier am ersten Bauabschnitt "Bühl" besichtigen, dass alles, was mit Vielfalt zu tun hatte, wegplaniert wird. Der Bühl war eine kleinteilige Terrassenlandschaft mit mehreren Ebenen, Graswegen, Hohlgasse, Lösskeller, Standlösswand und kleinen Böschungen. Die einzige höhere Böschung strukturierte ein begehbarer Zwischenboden mit einem Feigenbaum und einem großen alten Mandelbaum. Das alles ist verschwunden. Auch offiziell geschützte Bereiche sind verschwunden. Jetzt ist der Bühl eine tote Ebene mit einer 45-Grad-Großböschung. Das Landschaftsbild gleicht den Flurbereinigungen der 70er-Jahre. Wie hier Artenvielfalt entstehen soll, ist mir ein Rätsel. Wo ist hier die Bauleitung? Und wo ist die ökologische Baubegleitung? Wo ist der Vorstand der Flurbereinigung? Wo sind Bürgermeister und Ortsvorsteher? Und wer profitiert? Eine aufgeblähte Behörde, die Baufirma, die Gutachter und der Winzer ohne Land. Hoffentlich ist der Lerchenberg die letzte Flurbereinigung im Kaiserstuhl.
Tillmann Hesse, Vogtsburg-Oberrotweil