Lasst die Spatzen pfeifen
Der Naturschutzbund hat den Haussperling zum "Vogel des Jahres" ernannt.
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Der Naturschutzbund meint: ja. Und er will damit nicht warten, bis der Haussperling, wie er korrekt heißt, vom Aussterben bedroht ist. Deshalb hat er ihn zum "Vogel des Jahres" erklärt. Bald sollen es die Spatzen von den Dächern pfeifen, dass es sogar diesem Allerweltsvogel (er ist tatsächlich in der ganzen Welt zu Hause) allmählich an den Kragen geht. Seine Nähe zu den Menschen droht ihm zum Verhängnis zu werden.
Am Bodensee sind innerhalb von zehn Jahren ein Viertel der Spatzen verschwunden. "In den Neubaugebieten rund um Freiburg", weiß Felix Bergmann, Geschäftsführer des Naturschutzbunds Südbaden, "fehlt er komplett." Das ist nicht weiter verwunderlich: Wo sollen Spatzen an den modernen Gebäuden noch Ritzen und Spalten im Mauerwerk oder unterm Dach finden, wo sie ihre - zugegeben: ziemlich schlampig hingefummelten - Nester bauen können? Und in den sauber geputzten Gärten mit den exotischen Pflanzen gehen nicht nur den Spatzen nach und nach die Früchte und Insekten aus, mit denen sie sich und ihre Jungen durchs Leben bringen.
Ordnung muss sein, aber man kann es damit schließlich auch übertreiben. Das weiß jedes Kind. Vielleicht können Kinder, die einen eigenen Garten haben, die Eltern davon überzeugen, dass sie dort lieber einheimische Blumen und Sträucher pflanzen als solche aus fernen Weltgegenden: Akelei, Königskerze oder einfache Wiesenmargeriten. Vielleicht können sie sich auch mit Vater und Mutter oder mit dem Biologielehrer mal genau in seiner Umgebung umschauen: Gibt es den unscheinbaren knapp 15 Zentimeter kleinen Singvogel überhaupt noch?
Die Männchen sind an ihrer schwarzen Kehle und kastanienbraunen Streifen an den Kopfseiten zu erkennen, die Weibchen sind einfach nur mattbraun. Gibt es Plätze, wo sie nisten können? Manchmal hilft ihnen schon eine mit Efeu oder wildem Wein bewachsene Fassade. Wenn aber alles "sufer isch und glatt", würden sie sich über einen Nistkasten sehr freuen.
Doch leider hat der Spatz keinen guten Ruf: Weil er früher in ganzen Schwärmen über die Getreidefelder hergefallen ist und den Bauern die Ernte geklaut hat, wurde er bis vor 50 Jahren sogar regelrecht verfolgt. Bei den modernen Erntemethoden heute bleibt ihm allerdings kaum noch was zu beißen. Wer den Haussperling als "Dreckspatz" beschimpft, tut ihm Unrecht: Seine "Staubbäder" sind für ihn wie Wasserbäder für die Menschen. Doch auch der Staub geht ihm allmählich aus, weil alles zugepflastert wird.
Anita Rüffer
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