Naturschutz
Kunstlicht verwirrt Fledermäuse
Durch den Siegeszug preisgünstiger LED-Beleuchtung stieg auch die Zahl der Lichtquellen in Europa. Das wird zum Problem für Fledermäuse.
Michael Saurer & dpa
Fr, 24. Aug 2018, 20:30 Uhr
Panorama
Wir benötigen Ihre Zustimmung um BotTalk anzuzeigen
Unter Umständen sammelt BotTalk personenbezogene Daten für eigene Zwecke und verarbeitet diese in einem Land mit nach EU-Standards nicht ausreichenden Datenschutzniveau.
Durch Klick auf "Akzeptieren" geben Sie Ihre Einwilligung für die Datenübermittlung, die Sie jederzeit über Cookie-Einstellungen widerrufen können.
AkzeptierenMehr Informationen
![Zwergfledermaus | Foto: Rudmer Zwerver Zwergfledermaus | Foto: Rudmer Zwerver](https://ais.badische-zeitung.de/piece/09/4c/ff/8d/156041101-w-640.jpg)
FREIBURG/FRANKFURT. Fledermäuse faszinieren und ängstigen zugleich. Einerseits sind die blitzschnellen Flugsäuger eine anmutige Erscheinung am Nachthimmel, andererseits sehen viele Menschen in ihnen noch die finsteren Blutsauger aus den Dracula-Filmen. Dabei ist es der Mensch, der den Tieren zusetzt. Durch die zunehmende Lichtverschmutzung etwa. Um auf das Problem aufmerksam zu machen, veranstaltet der Naturschutzbund Deutschland (Nabu) am Samstag an vielen Orten Deutschlands eine Fledermausnacht mit Exkursionen und Vorträgen.
Fledermäuse flächendeckend zu erfassen, sei äußerst schwierig, sagt sie. Weil sie so klein seien, sei es schwierig, sie mit GPS-Sendern auszustatten. Zudem gebe es inzwischen zu wenige ehrenamtliche Artenschützer, die Tiere beobachten, bestimmen oder gar beringen. Schwierigkeiten bei der Bestandsaufnahme bestätigt auch Norbert Barthel, der seit Jahrzehnten eines der bedeutendsten Winterquartiere für die größte in Deutschland vorkommende Fledermausart, das große Mausohr, in Frankfurt an der Oder betreut. Alljährlich Ende Januar macht er mit weiteren Naturschützern eine tierische Inventur in dem unterirdischen Labyrinth und zählt die dort kopfüber schlafenden Tiere.
Auch Barthel sieht keine allzu positive Entwicklung der Fledermaus-Populationen. "Die nach wie vor intensive Land- und Forstnutzung, der Einsatz von Chemie, die in Gewässer gelangt, der starke Verkehr – ob auf der Autobahn oder auch auf der Schiene – sind Gefahren, denen tausende Tiere zum Opfer fallen", sagt er. Positive Schutzmaßnahmen wie die EU-Wasserrahmenrichtlinie, die Renaturierung von einst trocken gelegten Gewässern, die Ausweisung weiterer Naturschutzgebiete oder die Schaffung neuer Winterquartiere hätten lediglich dazu geführt, dass der Bestand sich etwas stabilisiert habe. "Deswegen müssen Fledermäuse weiter streng geschützt werden." Das sieht auch Christian Voigt, Fledermaus-Experte des Leibniz-Institutes für Zoo- und Wildtierforschung Berlin, ähnlich: "Ein Bestandsmonitoring ist schwierig, Entwarnung kann aber längst nicht gegeben werden."
Neben Windrädern, der intensiven Land- und Forstwirtschaft und dem Insektensterben, sieht er vor allem die zunehmende Lichtverschmutzung als Hauptgefahren für Fledermäuse. Viele Fledermausarten würden durch die immer heller werden menschlichen Siedlungen sowie angestrahlte Gebäude vertrieben. Andere wiederum würden durch die hellen Lichtquellen geradezu angezogen. Nicht etwa, weil sich im Scheinwerferlicht besonders viele Insekten tummeln, sondern weil viele Fledermäuse selbst von den Lichtquellen angezogen würden. So untersuchten die Forscher um Voigt die Laute, die vom Echolot der Tiere ausgehen – mal mit, mal ohne Licht. Waren die Lichter an, nahm die Aktivität der Flugsäuger um bis zu 50 Prozent zu – obwohl es auf dem Areal keine erhöhte Zahl von Beuteinsekten gab.
Die Lichtempfindlichkeit der Tiere hat vor allem während der Wanderungen im Herbst negative Konsequenzen. Ähnlich wie Zugvögel ziehen viele Fledermausarten vor dem Winter in südliche Gefilde und die Zunahme der Lichtquellen verwirre die Tiere und bereite ihnen Schwierigkeiten bei der Orientierung.
"Durch die Umrüstung auf energiesparende LED-Beleuchtung wird im Schnitt mehr Licht erzeugt als je zuvor. Gerade in den osteuropäischen Ländern beobachten wir eine Zunahme der nächtlichen Beleuchtung," schreibt Voigt in einem Forschungsbericht. Langfristig, da ist er sicher, werden Arten wie das Graue oder das Braune Langohr wohl ganz verschwinden."