Bildung
Sprachpaket kommt gut an - Kretschmann besucht Grundschule
Bessere Sprachfähigkeiten, eine verbindlichere Empfehlung nach der vierten Klasse: Die geplanten Bildungsreformen betreffen auch die Grundschulen. Wie sie ankommen, wollte die Politik vor Ort wissen.
David Nau
Fr, 17. Jan 2025, 16:54 Uhr
Baden-Württemberg
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Quelle: Deutsche Presse-Agentur (dpa).
Die BZ-Redaktion hat diese Meldung nicht redaktionell bearbeitet.
Stuttgart (dpa/lsw) - Der Empfang an der Pragschule fällt für Ministerpräsident Winfried Kretschmann und seine Kultusministerin Theresa Schopper wohl freundlicher aus als bei den meisten anderen Terminen. Schülerinnen und Schüler stehen Spalier auf der Treppe zur Eingangstür, singen den Schulsong und winken den beiden freundlich zu.
Die Grünen-Politiker sind an die Grundschule im Stuttgarter Norden gekommen, um nachzuhorchen, wie die geplanten Bildungsreformen, die Grün-Schwarz Ende Januar im Landtag endgültig beschließen will, an der Basis so ankommen.
Ein Schwerpunkt der Reformen ist ein millionenschweres Paket zur Sprachförderung. Kinder, die bei der Schuleingangsuntersuchung noch sprachliche Probleme haben, sollen vor der Einschulung ein intensives Sprachtraining mit vier Stunden pro Woche bekommen. Sprechen die Kinder danach noch immer nicht ausreichend Deutsch, um eine Grundschule besuchen zu können, sollen sie ab dem Schuljahr 2026/2027 in sogenannten Juniorklassen gefördert werden.
Lehrerin: Sprache ist das Wichtigste
An der Pragschule legt man schon jetzt großen Wert auf Sprachförderung und kooperiert mit drei Kitas im Umfeld. Damit könne man dafür sorgen, dass Kinder ganz anders in den ersten Klassen ankämen, berichtet Lehrerin Claudia Bieg. Die Spanne zwischen Kindern, die sehr gut sprechen könnten, und denen, die sprachlos seien, werde so immer kleiner.
Die flächendeckende Sprachförderung, die das Land schaffen will, sieht sie positiv. "Sprache ist das Medium, um mich mitzuteilen. Wenn ich den Wortschatz ausbaue, kann ich mitmachen und teilhaben. Da ist Sprache das Wichtigste", sagte Bieg.
Mit den Maßnahmen zur Sprachförderung reagiert die Regierung auch auf deutliche Leistungseinbrüche bei Grundschülern. Bildungsstudien hatten in den vergangenen Jahren gezeigt, dass es mit den Leistungen in vielen Kernfächern bergab geht. Im Jahr 2022 zeigten das etwa schlechte Testergebnisse bei Viertklässlern in Mathematik und Deutsch: Fast jedes fünfte Kind schaffte die Mindeststandards in den zwei Fächern nicht. Und auch der Anteil der starken Schülerinnen und Schüler sank, die den Regelstandard in Deutsch und Mathematik schaffen oder übertreffen.
Grundschulempfehlung macht an Pragschule wenig Probleme
Thema bei dem Besuch war auch der Umgang der Lehrkräfte mit der verbindlicheren Grundschulempfehlung für die Viertklässler, die in diesem Schuljahr zum ersten Mal greifen soll. Sie ist Teil des neuen Schulgesetzes, das der Landtag Ende Januar verabschieden will, und soll künftig aus drei Komponenten bestehen: Lehrerempfehlung, Leistungstest und Elternwunsch. Zwei aus drei Komponenten sollen künftig entscheiden, auf welche weiterführende Schule Kinder nach dem Ende der Grundschulzeit gehen sollen. Bislang konnten allein die Eltern entscheiden.
An dem Ende des Jahres erstmals verpflichtend durchgeführten Leistungstest "Kompass 4" gibt es allerdings massive Kritik mit Blick auf die Fragen im Bereich Mathematik. Diese seien zu schwierig gewesen, kritisierte etwa die Lehrergewerkschaft GEW. Kultusministerin Schopper und Ministerpräsident Kretschmann hatten dieser Einschätzung zugestimmt und eine Überarbeitung der Fragen für das kommende Schuljahr angekündigt.
Auch an der Pragschule empfand man den Matheteil des Tests als zu schwierig. Es habe eine Aufgabe gegeben, die in ihrem Umfeld niemand hinbekommen habe, berichtet etwa eine Viertklässlerin. In den Beratungsgesprächen mit den Eltern habe es aber keine größeren Probleme gegeben, sagte Lehrer Matze Krebs. "Ich habe keinen großen Aufschrei erlebt."
Kretschmann rät zu Vertrauen in die Lehrerempfehlung
Kretschmann appellierte an die Eltern der Viertklässler, der Empfehlung der Lehrkräfte zu vertrauen. "Wenn man der Empfehlung der Lehrerschaft folgt, dann macht man nichts falsch", sagte der Ministerpräsident.
Man könne davon ausgehen, dass die Lehrkräfte, so gut das eben möglich sei, ein objektives Urteil fällen würden, was der richtige Weg für das Kind sei. "Es müssen schon sehr belastbare Dinge vorliegen, um von dieser Empfehlung abzuweichen", sagte der Grünen-Politiker.
Zudem gebe es kein geschlossenes Schulsystem im Südwesten. "Man kann immer wieder wechseln." Erreiche ein Kind nicht den direkten Weg zum Abitur, dann könne es diesen Abschluss auch später etwa über ein berufliches Gymnasium erreichen. "Deswegen muss man nicht davon ausgehen, dass solch eine Entscheidung über den ganzen Lebensweg des Kindes entscheidet."
© dpa-infocom, dpa:250117-930-347378/3