Klempner statt Kurzurlaub
Das Handwerk könnte nicht überleben, wenn jeder alles selbst reparieren könnte. Praktisch wäre es trotzdem – dann wäre nämlich auch der Urlaub nicht so schnell dahin.
Mein Versuch, einen Klempner aus der Region zu kontaktieren, gestaltete sich schwierig. Am Ende landete ich bei einer bundesweiten Hotline. Jemand in Hannover verbreitete Zuversicht. Zu meinem Entzücken sollte wenige Tage später, an einem Montag zwischen 14 und 16 Uhr, jemand vorbeikommen. Wer Hilfe braucht, muss sich Zeit nehmen. So saß ich ab 14 Uhr da, erledigte Zeugs und wartete. Gegen halb fünf rief ich bei der Hotline an. Gegen 19 Uhr musste ich ein paar Dinge umorganisieren, gegen 20 Uhr hieß es, jetzt würde bald einer kommen. Um 21 Uhr kam er. Leuchtete kurz unter meine Spüle, "verrostet". Er könne mir das notdürftig reparieren für 250 Euro, aber es müsse nochmal jemand kommen. So ging er wieder; nachdem ich 89 Euro Anfahrtspauschale gezahlt hatte. Wieso nicht 69 Euro, wie es am Telefon hieß? "Ab 16 Uhr kostet es mehr, weil wir dann im Notfalldienst sind."
Ich besorgte einen neuen Wasserhahn und kontaktierte eine andere Hotline. Wie sich herausstellte, stecken die alle unter einer Decke. "Einer unserer Leute war doch schon mal bei Ihnen?!" Zu dem Zeitpunkt fühlte ich mich bereits etwas ermattet und willigte ein, dass nochmal jemand kommen würde. An einem Montag zwischen 10 und 12 Uhr. An besagtem Vormittag rief ich gegen halb zehn die Hotline an, weil ich wissen wollte, ob der Kollege am Ende gar pünktlich sein würde, in dem Fall würde ich das Warten beim Arzt unverzüglich einstellen und in 15 Minuten zu Hause sein. "Mal sehen, ob das überhaupt klappt, wenn Sie so viele Termine gleichzeitig ausmachen müssen", meinte die Frau am Telefon. "Äh... Müssen Sie nie kurzfristig mal zum Arzt?", stammelte ich. "Ist Ihr Arztbesuch denn wirklich notwendig?", lautete die Gegenfrage. Ich versuchte zu atmen, statt zu antworten.
Selbstredend schaffte ich es, pünktlich zuhause zu sein, und keine halbe Stunde später waren zwei Männer da, die in den folgenden Stunden heroisch mit zu kurzen Schläuchen, festsitzenden Schrauben, einer möglicherweise auszubauenden Küchenschrankwand und meinem Filterkaffee kämpften. Einer fuhr extra zum Bauhaus wegen eines fehlenden Teils, der andere erzählte mir viel über Barcelona und das Leben an sich.
Irgendwann waren Hahn, Schläuche und Schrauben dort, wo sie hingehörten – und es hatte sich ausgetropft. Einer der Männer setzte sich zu mir an den Tisch, guckte wichtig und begann auf einem Taschenrechner zu tippen. Es erschien eine Summe, die mich an meinen Sommerurlaub erinnerte und erblassen ließ. Der Mann guckte wieder wichtig und begann erneut zu tippen. Die nächste Summe erinnerte mich immerhin noch an meinen Kurzurlaub über Pfingsten. Na ja, jedenfalls war’s das erstmal mit Urlaub. Hab’ ja jetzt einen Wasserhahn, der nicht tropft.
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