"König des Jazz"

Klavier üben - oder YouTube schauen? Pianist Hancock wird 85

Der Jazz war Herbie Hancock nie genug. Auch Rock, Rap und viele andere Musikrichtungen hat der vielfach preisgekrönte US-Pianist im Repertoire. Jetzt wird Hancock 85 - und tourt weiter um die Welt.  

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Der "König des Jazz", Herbie Hancock, wird 85 Jahre alt. (Archivbild)  | Foto: Yui Mok/PA Wire/dpa
Der "König des Jazz", Herbie Hancock, wird 85 Jahre alt. (Archivbild) Foto: Yui Mok/PA Wire/dpa

Quelle: Deutsche Presse-Agentur (dpa).
Die BZ-Redaktion hat diese Meldung nicht redaktionell bearbeitet.

New York (dpa) - Herbie Hancock gilt seit Jahrzehnten als einer der einflussreichsten, erfolgreichsten und besten Pianisten der Musikgeschichte - aber Klavier üben mag selbst er nicht. "Ich sehe das so: Es ist etwas, das ich nicht machen will, aber ich muss es machen. Und wenn ich dann so richtig reinkomme, dann fühle ich mich so, als hätte ich ein Hindernis in meinem Leben überwunden", sagte Hancock, der am heutigen Samstag (12.4.) 85 wird, jüngst der BBC. "Diesen Kampf gewinne ich nicht immer, aber ich habe es bis hierhin geschafft. Also habe ich nicht so viele Kämpfe verloren, schätze ich."

Wenn es richtig gut laufe beim Üben oder Komponieren, dann liefen ihm sogar Tränen übers Gesicht, weil ihn das Klavierspiel dann so bewege, sagt Hancock. Manchmal aber komme er nicht zum Üben, weil er bei etwas anderem hängen bleibe: "Ich tauche tief in verschiedene Themen bei YouTube ab - neue Musik-Software und Sachen über Gesundheit und Tech." Unter anderem deswegen habe er auch schon seit rund 15 Jahren kein neues Album mehr herausgebracht. "Aber so ist das Leben." Auf Tour geht Hancock aber nach wie vor. Bis zum Herbst sind schon wieder Konzerte angekündigt, darunter auch einige in Deutschland. 

Hancock gilt als der "König des Jazz"

Der Pianist gilt seit Jahrzehnten als einer der erfolgreichsten Komponisten und Interpreten des Jazz, viele bezeichnen ihn sogar als "König des Jazz". Gleichzeitig macht er auf seinen mehr als 200 Alben und unzähligen Konzerten immer wieder Ausflüge in Klassik, Folklore, Rhythm and Blues, Rock, Pop und Rap. Kritik von Puristen ignoriert er. "Ich entdecke immer wieder gerne neue Regeln, um sie dann zu brechen. Ich schaue mich um und sehe, was in der Musik zur Konvention geworden ist. Und dann überlege ich mir, wie ich das brechen kann. So entsteht Innovation, das hält mich am Laufen."

Schon als kleines Kind sei er neugierig gewesen und das sei auch heute noch Teil seines Wesens. "Ich schaue immer nach einem Weg, mich weiterzuentwickeln, Dinge auseinanderzunehmen und neu zusammenzusetzen, und nicht einfach nur immer wieder dasselbe zu machen." Unzählige Preise - darunter zahlreiche Grammys, einen Oscar und in diesem Jahr gerade erst den Polar Music Prize - hat ihm das schon eingebracht. "Ich muss meinen eigenen Überzeugungen treu sein, das ist der einzige Weg, sich selbst zu respektieren."

Schaffte Durchbruch schon mit Debütalbum

Geboren wurde Herbert Jeffrey Hancock 1940 in eine afroamerikanische Mittelstandsfamilie in Chicago als Sohn eines Lebensmittelhändlers und einer Sekretärin. Er nahm schon als kleiner Junge Klavierunterricht. Bald darauf gab er Konzerte und schaffte schon mit seinem Debütalbum "Takin' Off" 1962 den Durchbruch. Der darauf veröffentlichte Song "Watermelon Man" gilt bis heute als eines der einflussreichsten und bedeutendsten Jazz-Stücke überhaupt.

1963 stieg er in das Quintett des legendären Miles Davis ein. Damals sei er selbst noch "ein richtiger Jazz-Snob", ein Purist, gewesen, erinnert sich Hancock. Doch weil Davis alles hörte - Jimi Hendrix, Manitas de Plata, Cream und die Rolling Stones - öffnete sich auch Hancock anderen Einflüssen, "weil ich so hip und cool wie Miles sein wollte". Der neugierige Jazztrompeter Davis ist für Hancock der "King of Cool".

Musik mit Miles Davis machte "Leben lebenswert"

Mit Davis zu spielen sei für ihn immer "einschüchternd" gewesen, sagt Hancock. "Ich wollte immer mein Bestes geben, weil ich ihn so bewundert habe. Er hat so eine große Rolle in meiner eigenen Entwicklung als Musiker gespielt." Wenn alles gut lief - "das hat das Leben lebenswert gemacht".

Auch vor der Vertonung von Werbespots, Filmen und TV-Serien schreckte Hancock nicht zurück. Er komponierte die Musik für den Action-Streifen "Ein Mann sieht rot" (1974) mit Charles Bronson und bekam einen Oscar für den Soundtrack von Bertrand Taverniers Jazz-Film "Round Midnight" (1986). Mitte der 80er Jahre dockte er mit "Future Shock" erfolgreich an den Hip-Hop an. Zuletzt veröffentlichte er 2010 das Album "The Imagine Project", mit dem er an John Lennon anknüpfte und Stars wie Seal, Pink, Anoushka Shankar, die Dave Matthews Band und Juanes zusammenbrachte.

Aber nicht immer hat seine Neugier ihm nur Gutes eingebracht. In den 90er Jahren führte sie ihn auch zu einer Crack-Sucht, wie der praktizierende Buddhist in seinen Memoiren zugab. "Ich wollte sehen, wovon da alle redeten. Also habe ich es probiert. Als ich es zum ersten Mal inhaliert habe, wusste ich, dass ich einen großen Fehler gemacht hatte", sagte er dem Radiosender NPR.

Deutsche Ehefrau half ihm aus der Drogensucht

Hancock versucht, seine Sucht zu verstecken, und rutscht doch immer tiefer ab. Geholfen hätten ihm schließlich seine deutsche Frau Gudrun Meixner, mit der er seit 1968 verheiratet ist, und seine Tochter.

Die Zukunft sieht Hancock optimistisch - unter anderem dank Künstlicher Intelligenz. Er glaube fest daran, dass die der Menschheit helfen werde. "Wenn ich ChatGPT oder Siri auf meinem iPhone nutze, dann sage ich immer "Danke" und sie sagen meistens "Gern geschehen". Ich versuche die KI so zu behandeln, als wäre sie menschlich und das manifestiert sich auf extrem positive Weise und führt dazu, dass ich mich besser fühle."

© dpa‍-infocom, dpa:250412‍-930‍-434229/1

Schlagworte: Herbie Hancock, Miles Davis, Gudrun Meixner

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