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Julian Assange ist als freier Mann zurück in Australien

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  • Do, 27. Juni 2024
    Ausland

     

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Letzter Akt in der Saga um den Wikileaks-Gründer: Nach einem großen Finale auf einer Pazifikinsel ist der Wikileaks-Gründer in seiner Heimat gelandet. Aber die lange Haft hat Spuren hinterlassen.

Nach seiner Ankunft küsst Julian Assange seine Frau Stella Morris.  | Foto: Lukas Coch (dpa)
Nach seiner Ankunft küsst Julian Assange seine Frau Stella Morris. Foto: Lukas Coch (dpa)
Nach 14 Jahren juristischer Odyssee ist Wikileaks-Gründer Julian Assange als freier Mann nach Australien heimgekehrt. Der 52-Jährige landete mit einer Chartermaschine in der Hauptstadt Canberra. Zahlreiche Unterstützer jubelten, als Assange die Maschine verließ. Der Australier winkte den Menschen lächelnd zu und reckte mehrmals eine Siegerfaust in den Himmel. Dann gab es ein emotionales Wiedersehen mit seiner Familie. Auf Videos in sozialen Netzwerken war zu sehen, wie der 52-Jährige kurz nach der Ankunft seine Ehefrau Stella in den Arm nahm – zum ersten Mal in Freiheit. Die Beziehung der beiden begann, nachdem sich der Whistleblower seit 2012 sieben Jahre lang in der ecuadorianischen Botschaft in London verschanzt hatte. Gleich darauf konnte er seinen Vater John Shipton umarmen.

Ein US-Gericht auf der Marianen-Insel Saipan – einem US-Außengebiet im Westpazifik – hatte zuvor einen Deal zwischen dem Australier und der amerikanischen Justiz im Zusammenhang mit Spionagevorwürfen abgesegnet. "Es sieht so aus, als würde dieser Fall mit mir hier in Saipan enden", sagte Richterin Ramona Manglona bei der Urteilsverkündung.

Im Gegenzug für ein teilweises Schuldbekenntnis ist Assange wegen seiner bereits in Großbritannien verbüßten Haft ab sofort auf freiem Fuß. Besonders der australische Premierminister Anthony Albanese hatte sich immer wieder, auch auf höchster Ebene, für eine Lösung in dem juristischen Tauziehen starkgemacht. "Julian hat ihm und dem ganzen Team gedankt und dem Premierminister gesagt, dass er ihm das Leben gerettet hat", sagte die australische Menschenrechtsanwältin Jennifer Robinson, die mit Assange nach Canberra geflogen war, vor Journalisten. "Ich glaube nicht, dass das eine Übertreibung war", fügte sie hinzu.

Assange ist der Protagonist eines großen Spionageskandals. 2006 hatte er die Enthüllungsplattform Wikileaks gegründet – mit der Mission, Whistleblower zu unterstützen und verborgene Informationen ans Licht zu bringen. Von 2010 an veröffentlichte Wikileaks geheimes Material von US-Militäreinsätzen im Irak und in Afghanistan der Whistleblowerin Chelsea Manning. Die USA warfen Assange daraufhin vor, geheimes Material gestohlen, veröffentlicht und damit das Leben von US-Informanten in Gefahr gebracht zu haben. Für erneuten Ärger sorgte, dass Wikileaks wenige Wochen vor der US-Wahl im Jahr 2016 gehackte E-Mails aus dem Team der demokratischen Kandidatin Hillary Clinton veröffentlichte – die daraufhin die Wahl gegen Donald Trump verlor.

Der Kontrast zwischen der kleinen Gefängniszelle im Londoner Hochsicherheitsgefängnis Belmarsh, in dem der Whistleblower die letzten fünf Jahre verbracht hat, und der pazifischen Trauminsel Saipan – wo sich am Mittwoch der letzte Akt der Saga abspielte – hätte nicht größer sein können.

Von London-Stansted war er am Montag mit einer Chartermaschine zunächst nach Bangkok geflogen und von dort am Dienstagabend in das US-Außengebiet gestartet. Der Flug kostete laut Stella Assange umgerechnet fast eine halbe Million Euro. Einen Linienflug durfte ihr Mann demnach nicht nehmen. Das Geld für den Flug muss Assange der australischen Regierung zurückzahlen – Wikileaks sammelt hierfür bereits Spenden.

Ressort: Ausland

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Kommentare (3)

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Thomas Betz

7091 seit 5. Mai 2015

Dem Autor fällt auf, dass es seit dem Ausbruch des Ukraine-Krieges auffällig ruhig um die Plattform geworden ist. Die Plattform, die einst für äußerste Transparenz eintrat, wird immer undurchsichtiger. Eine Flut von Leaks erreichte die Plattform zwar, doch Wikileaks hat seit Kriegsbeginn seine Upload-Zugänge gesperrt. Russlandkritische Leaks scheinen konsequent ausgespart zu werden.

Es ist offensichtlich, dass sich Wikileaks ab einem bestimmten Zeitpunkt in den Dienst russischer Interessen gestellt hat oder sich für diese hat funktionalisieren lassen. Beides ist beschämend und hat womöglich mit dem von vornherein bestehenden Prinzip von Wikileaks zu tun: Wir kümmern uns einen feuchten Dreck um die Auswirkungen unserer Leaks, "Transparenz" steht über allem, egal wie viele Informanten in allen möglichen Ländern wir damit "ans Messer" liefern. Das geht gar nicht und hat mit verantwortungsvollem Journalismus nicht das Geringste zu tun.

Hope you can lead a good life, Julian, but please don't go on like this. Take a break to think.

Thomas Betz

7091 seit 5. Mai 2015

Ich habe jedoch wenig Hoffnung, das Assange diesen gut gemeinten Ratschlag zu hören gewillt ist. Von wem auch immer er sonst noch kommen mag.


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