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Naher Osten

Israel fordert UN-Truppenabzug aus dem Süden des Libanon

  • So, 13. Oktober 2024, 17:56 Uhr
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Die Sorge um die Sicherheit der Blauhelmsoldaten, die im Südlibanon für Frieden sorgen sollen, wächst. Israels Regierungschef fordert ihren Abzug. Dann rollen seine Panzer in einen UN-Stützpunkt.

Aufgabe von Unifil ist es, die Einhalt... (Archivbild)<Bildquelle></Bildquelle>  | Foto: Taher Abu Hamdan (dpa)
Aufgabe von Unifil ist es, die Einhaltung der Waffenruhe nach dem Libanon-Krieg 2006 zu überwachen. Die Truppe mit mehr als 10.000 beteiligten UN-Soldaten ist bewaffnet, verfügt aber über kein robustes Mandat. (Archivbild) Foto: Taher Abu Hamdan (dpa)

Vor dem Hintergrund wachsender Sorgen um die Sicherheit von Blauhelmsoldaten im Libanon hat der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu den sofortigen Abzug der UN-Beobachtermission Unifil aus der Kampfzone im Süden des Nachbarlandes gefordert. "Es ist an der Zeit, Unifil aus den Hisbollah-Hochburgen und Kampfgebieten abzuziehen", sagte Netanjahu nach Angaben seines Büros direkt an UN-Generalsekretär António Guterres gewandt.

Unterdessen drangen israelische Panzer nach Angaben der Vereinten Nationen gewaltsam in einen Unifil-Stützpunkt ein. Zwei Panzer zerstörten demnach morgens das Haupttor des Postens in Ramja unweit der Grenze. Das israelische Militär forderte die UN-Soldaten demnach mehrmals auf, die Beleuchtung des Postens auszuschalten. Nach etwa 45 Minuten seien die Panzer wieder abgefahren - nachdem die UN-Soldaten bei der israelischen Militärführung gegen das Vorgehen protestiert hatten.

Aufgabe von Unifil ist es, die Einhaltung der Waffenruhe nach dem Libanon-Krieg 2006 zu überwachen. Die Truppe mit mehr als 10.000 beteiligten UN-Soldaten ist bewaffnet, verfügt aber über kein robustes Mandat. Auch die neue Eskalation konnte sie nicht verhindern.

Etwa zwei Stunden später sei es an dem gleichen Ort zu einem weiteren Vorfall gekommen, hieß es von der UN. Dort sei bei Schüssen "Rauch" ausgetreten. 15 Mitglieder der Friedenstruppen hätte deswegen Hautreizungen und Magen-Darm-Probleme erlitten. Parallel lieferten sich Kämpfer der islamistischen Hisbollah-Miliz und israelische Truppen weiter direkte Gefechte.

Israel und die proiranische Hisbollah-Miliz liefern sich seit Beginn des Gaza-Kriegs vor einem Jahr heftigen gegenseitigen Beschuss im Grenzgebiet. Die Zahl der Toten liegt im Libanon mittlerweile bei über 2.000, hinzu kommen mehr als 10.000 Verletzte. Die israelische Armee hat ihr militärisches Vorgehen gegen die mit der islamistischen Hamas verbündete Organisation im Libanon zuletzt deutlich ausgeweitet, Bodentruppen sind in das Nachbarland einmarschiert und die Luftwaffe greift Ziele auch tief im Land an. Die Leidtragenden sind die Zivilisten, Hunderttausende Menschen sind auf der Flucht.

Netanjahu: Soldaten sind "Geiseln der Hisbollah"

Netanjahu warf Guterres vor, sich gegen den Abzug der Unifil-Soldaten zu stellen und diese damit zu "Geiseln der Hisbollah" zu machen. Israel wirft der Miliz vor, Posten der UN-Soldaten als Schutzschilde zu missbrauchen.

In den vergangenen Tagen waren die Blauhelmsoldaten mehrmals unter Feuer geraten, am Donnerstag und Freitag wurden mindestens vier Soldaten verletzt. Von Unifil heißt es bislang, so lange wie möglich an dem Einsatz festhalten zu wollen. Beteiligte Länder verurteilten die Angriffe der vergangenen Tage am Samstag in einer gemeinsamen Stellungnahme. Die rund 40 Staaten, darunter Deutschland, appellierten an die Konfliktparteien, die Sicherheit der Einsatzkräfte zu gewährleisten.

Sorge und Kritik

US-Verteidigungsminister Lloyd Austin brachte seine Besorgnis über die Angriffe in einem Telefonat mit seinem israelischen Amtskollegen Joav Galant zum Ausdruck. Italiens Ministerpräsidentin Giorgia Meloni wandte sich telefonisch an Netanjahu und nannte Angriffe auf die UN-Soldaten durch die israelischen Streitkräfte inakzeptabel.

Meloni erinnerte ihren Amtskollegen daran, dass die Blauhelmsoldaten im Rahmen eines Mandates des UN-Sicherheitsrats handeln, um zur regionalen Stabilität beizutragen. Nach Indonesien ist Italien mit mehr als 1.000 Soldaten der zweitgrößte Truppensteller der UN-Beobachtermission.

Neue Evakuierungsaufrufe für Einwohner im Südlibanon

Israels Armee rief am Sonntag die Einwohner weiterer Orte im Süden des Libanons dazu auf, diese zu ihrer eigenen Sicherheit zu verlassen, und in Richtung Norden zu fliehen. Der israelische Armeesprecher veröffentlichte in arabischer Sprache auf der Plattform X einen entsprechenden Aufruf. Dort wurden Orte in der Nähe der israelischen Grenze genannt, aber auch etwas weiter nördlich im Libanon.

Im Libanon geraten auch immer wieder Helfer zwischen die Fronten. Bei einem Luftangriff wurden nach Darstellung des Roten Kreuzes im Libanon erneut Sanitäter verletzt. Seit der neuen Eskalation zwischen Israel und der Hisbollah-Miliz wurden nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO) mindestens 94 Arbeiter im Gesundheitswesen bei Einsätzen getötet. In diesem Zeitraum habe es etwa 40 Angriffe auf Gesundheitseinrichtungen gegeben. Auch in den Reihen des Zivilschutzes gab es bereits Todesopfer.

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Kommentare (16)

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Volker O'Barden

3823 seit 10. Mai 2021

Ich werde meinem Vorsatz der politischen Enthaltsamkeit untreu und wende ein, man könne doch den Terror der Hamas nicht einfach ausblenden. Benjamin scheint auf eine solche Antwort nur gewartet zu haben: „Das Erste, was euch Deutschen einfällt, wenn man als Jude auf Verbrechen Israels hinweist, ist die Frage, ob man auch den Terror der Hamas verurteile.“ Natürlich verurteile er den. „Aber wer fünfzig Jahre lang zwei Schachteln Zigaretten am Tag raucht, sollte sich nicht über eine Krebsdiagnose beklagen. Es geht hier auch um Ursachen und Symptome.“
In Deutschland werde angesichts des blutigen Terrors der Hamas viel zu oft der Rahmen ausgeblendet, in dem sich dieser Terror vollziehe, behauptet Benjamin. Der Rahmen, das seien die seit Jahrzehnten andauernden israelischen Verbrechen an den Palästinensern und die planvolle Vertreibung Hunderttausender Araber aus dem heutigen Israel.
„Die Verteidiger dieser Politik erinnern mich an Intellektuelle wie Jean-Paul Sartre, der noch für die übelsten Verbrechen des Stalinismus eine ideologische Rechtfertigung fand. Aber wer solche Untaten nicht ablehnt, ganz egal von und an wem sie begangen werden, dessen Gerede von ‚Nie wiederʻ ist nichts wert.“

Franz Bischoff

2867 seit 25. Jul 2011

Herr Buhl,

Die Realität ist doch, da wurde 2006 vereinbart zur Einhaltung der Waffenruhe eine UN Mission im Süden des Libanon zu stationieren.
Man hört, daß dort gegenwärtig bis zu 10.000 Blauhelme vor Ort sein sollen.
Ich frage mich, was haben die dort gemacht ?
Ziel war zu verhindern daß sich die Hisbollah Milizen südlich des Litaniflusses aufhalten.
Und, konnte das verhindert werden ?
Nein die Realität ist, die Hisbollah MIlizen haben ihre Stellungen teilweise direkt neben den Blauhelmen, konnten seit Jahren ungehindert Tunnel graben und ihre Rakenten auf den Norden von Israel schiessen.
Hat man seitens der UN das nicht gesehen oder einfach nicht sehen wollen ?
Auf jeden Fall kann ich mich an keine Reaktion des Weltsicherheitsrates erinnen indem man die Anwesenheit und die Aktivitäten der Hisbollah kritisiert hätte.
Wenn aber 10.000 Blauhelmsoldaten weder verhindert haben daß sich die Hisbollah im Süden des Libanon entgegen der Abmachungen von 2006 einnisten konnte, noch verhindert haben daß diese seit einem Jahr täglich Hunderte Raketen über ihre Köpfe weg nach Israel abfeuern, dann können diese auch abziehen. Das war und ist nur rausgeschmissenes Geld und die gesamte Mission ist kläglich gescheitert.


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