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Inspiration, Kreation und Teilhabe

DOKUMENTARFILM: In "Varda par Agnès" blickt die große französische Regisseurin Agnès Varda zurück auf ihr Leben und Werk.  

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Agnès Varda  | Foto: Film Kino Text
Agnès Varda Foto: Film Kino Text
"Es ist Geschichte, wovon ich Ihnen erzähle", sagt Madame Agnès zum Publikum, "aber es geschah in meinem Leben." Ihr Tonfall klingt im ersten Teil des Satzes beinahe entschuldigend, aber der zweite genügt als Rechtfertigung vollauf. In "Varda par Agnès", ihrem letzten Film, der wenige Wochen vor ihrem Tod auf der Berlinale Premiere feierte, bestellt die große französische Regisseurin Agnès Varda (1928–2019) ihr Haus und wirft einen persönlichen Blick auf die eigene Legende.

Diese Perspektive birgt das Risiko der Koketterie. Aber für Agnès Varda ist die Familiarität zugleich Bedingung und Ziel des Erzählens. Sie will das Publikum zum Vertrauten werden lassen. Ihre Filme sind angewiesen auf dessen Zuspruch; nicht nur aus ökonomischen Gründen. Die analytische Zärtlichkeit, mit der sie die Welt erkunden, hofft auf Erwiderung. Zu Beginn ihres Dokumentarfilms legt sie die drei Phasen ihrer Arbeit dar, die zugleich Maximen ihres Schaffens sind: Inspiration, Kreation und Teilhabe.

"Varda par Agnès" ist strukturiert wie eine Master Class, in der die zierliche Dame mit der keck gefärbten Pilzkopffrisur Einblick in ihre Werkstatt gibt. Wiederbesichtigungen ihres Werks hat sie mehrere gedreht. Aber die Nostalgie blieb stets der Zukunft zugewandt. So auch diesmal. Wenn sie voll Staunen (und Stolz) sagt, sie habe einen Jahrhundertwechsel erlebt, geht dies einher mit einer Entdeckung. Zu Beginn des neuen Jahrtausends lernt sie ein neues Werkzeug kennen, die kleine Digitalkamera. Ohne sie hätte "Die Sammler und die Sammlerin" (2000) nicht entstehen können, denn mit einer traditionellen Kamera wäre sie den Menschen nicht so nahegekommen.

Ihre Laufbahn lässt sie nicht chronologisch Revue passieren, sondern in kluger Assoziation. Sie hebt gleich familiär an und schildert die Entstehung des Kurzfilms "Uncle Yanco", den sie 1967 in Angriff nimmt, als sie in Kalifornien von einem verwandten Maler erfährt. Das Private und die Gesellschaft sind unauflöslich in Vardas Filmen verbunden. Als die große kollektive Angst der 60er Jahre sieht sie die Furcht vor dem Krebs, die sie in "Cleo – Mittwoch zwischen fünf und sieben"(1961) bannen will. Sie berichtet von der prägenden Begegnung mit amerikanischen Hippies und den Black Panthers sowie von der Frauenbewegung, der "Die eine singt, die andere nicht" 1977 ein Denkmal setzt.

Das Kino soll die Zeit nicht anhalten, korrigiert sie einen Gesprächspartner, sondern sie begleiten. Gleichviel, ob Varda Spiel- oder Dokumentarfilme dreht, stets will die Kamera reales Leben einfangen. Welch unschätzbares Kinoglück, dass diese Filmemacherin die Welt so fantasievoll betrachtete.

"Varda par Agnès"(Regie: Agnès Varda) läuft in Freiburg. Ohne Alterslimit.

Ressort: Kino

  • Artikel im Layout der gedruckten BZ vom Do, 06. Februar 2020: PDF-Version herunterladen

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